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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Dann rannte er los, um den Auftrag auszuführen.
    Abner Marsh hatte während der nächsten beiden Stunden einen etwas seltsamen Gang mit dem langen Küchenmesser, das in seinem hohen Lederstiefel steckte. Als jedoch die Dunkelheit hereinbrach, fühlte das Messer sich verdammt angenehm an, und er vergaß beinahe, daß es sich überhaupt an seinem Platz befand.
    Das Gewitter entlud sich kurz vor Sonnenuntergang. Die meisten flußaufwärts fahrenden Dampfer waren um diese Zeit schon lange verschwunden, obgleich mittlerweile andere Schiffe eingetroffen waren und ihren Platz am Kai einnahmen. Das Gewitter brach mit furchtbarem Gebrüll los, so als explodierten die Kessel eines Dampfers, und Blitze zuckten auf, und der Regen rauschte herunter, so heftig wie eine Springflut. Marsh stand unter der Abdeckung der Kesseldeckpromenade, lauschte den Wassermassen, die auf seinen Dampfer herabprasselten, und beobachtete Leute auf der Anlegestelle, die nach einer Gelegenheit suchten, um sich unterzustellen. Er hatte lange dort gestanden, an die Reling gelehnt und grübelnd, als plötzlich Joshua York neben ihm auftauchte. »Es regnet, Joshua«, sagte Marsh und wies mit seinem Gehstock hinaus in den Regen. »Vielleicht kommt Julian heute abend gar nicht her. Ist doch möglich, daß er nicht naß werden will.«
    Joshua York hatte einen ungewöhnlich ernsten Ausdruck im Gesicht. »Er wird kommen«, sagte er. Mehr nicht. Nur: »Er wird kommen.«
    Und er kam schließlich.
    Das Gewitter hatte mittlerweile nachgelassen. Es regnete noch immer, aber sanfter, weicher, es war kaum mehr als ein feines Nieseln. Abner Marsh stand noch immer auf dem Kesseldeck, und er sah sie kommen, wie sie über den verlassenen regenglatten Kai schritten. Selbst bei dieser Entfernung wußte er, daß sie es waren. Es lag an der Art und Weise ihres Gehens, graziös und raubtierhaft, von furchtbarer Schönheit. Einer von ihnen bewegte sich anders, schwankend und rutschend, so als versuche er, einer von ihnen zu sein, doch es gelang ihm nicht, und als sie näher herangekommen waren, erkannte Marsh, daß dieser andere Sour Billy Tipton war. Unbeholfen mühte er sich mit einer Last ab, die er im Arm trug.
    Abner begab sich in den großen Salon. Die anderen saßen bereits am Tisch: Simon und Katherine, Smith und Brown, Raymond und Jean und Valerie und alle anderen, die Joshua entlang des Flusses aufgesammelt hatte. Sie unterhielten sich leise, verstummten schließlich, als Marsh eintrat. »Sie sind da«, sagte Marsh. Joshua York erhob sich von seinem Platz am Kopfende der Tafel und ging ihnen entgegen, um sie zu begrüßen. Abner Marsh schlenderte an die Bar und schenkte sich einen Whiskey ein. Er leerte das Glas in einem Zug, genehmigte sich ein zweites und begab sich dann zum Tisch. Joshua hatte darauf bestanden, daß Marsh ebenfalls am Kopfende saß, und zwar zu seiner Linken. Der Sessel zu seiner Rechten war für Damon Julian vorgesehen.
    Marsh ließ sich schwer auf seinen Platz fallen und betrachtete mit finsterer Miene den leeren Sessel ihm gegenüber.
    Und dann kamen sie herein.
    Wie Marsh feststellte, traten nur die vier Vertreter des Nachtvolks ein. Sour Billy waren irgendwo abgeblieben, was ihm nur recht war. Es waren zwei Frauen und ein großer blaßgesichtiger Mann, der düster dreinblickte und die Nässe aus seinem Mantel schüttelte. Und den anderen, ihn, erkannte Marsh sofort. Er hatte ein glattes altersloses Gesicht, das von schwarzen Locken eingerahmt wurde, und er sah wie ein Lord aus in seinem dunkelroten Anzug und einem Seidenhemd mit weichem Kragen und Rüschen. An einem Finger trug er einen goldenen Ring mit einem Saphir von der Größe eines Zuckerwürfels, und an seiner schwarzen Weste schien eine Lampe zu hängen, ein polierter Klotz von einem schwarzen Diamanten in einem weich schimmernden Netz aus gelben Goldfäden. Er ging durch den Raum, und dann - nachdem er den Tisch umrundet hatte - verharrte er, stand an Joshuas Platz, hinter dem Sessel am Kopf der Tafel. Er legte die glatten weißen Hände auf die Sessellehne, und er schaute sie an, einen nach dem anderen, die da am Tisch saßen.
    Und sie erhoben sich.
    Die drei, die als erste zu ihm gekommen waren, und dann Raymond Ortega, dann Cara und dann der Rest, einzeln und zu zweit, Valerie als letzte. Jeder im Raum stand am Ende, jeder außer Abner Marsh. Damon Julian blickte mit einem freundlichen warmen Lächeln in die Runde. »Es tut gut, wieder mit euch allen zusammen zu sein«, sagte

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