Fiese Finsterlinge
kommen.«
»Ihr habt ein Boot?« Nates Augen strahlten.
»Nicht für den persönlichen Gebrauch. Und wir haben es nicht hier. Es kommt einmal im Monat. Niemand erfährt, an welchem Tag. Aber da ich für die Vorräte zuständig bin, kann ich mir denken, wann es das nächste Mal kommt.«
Doktor McNeil goss sich Tee ein, nahm gegenüber von Nate Platz und musterte ihn erneut. »Plastik«, sagte er nach einer Weile, und alle starrten Nate an, als ob er bereits wissen müsste, worum es ging.
»Wie bitte?«, fragte Nate.
»Der Ozean ist voller Plastik«, fuhr McNeil fort. »Einige der Partikel sind mehr als fünfzig Jahre alt, also viel älter als du.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen.«
»Ein riesiger wogender Koloss unter der Wasseroberfläche. Ein Seemonster mitten im Westpazifischen Strom!« Er erhob sich und starrte zum Meer. »Es ist mein weißer Wal, und Menschen auf der ganzen Welt füttern ihn.«
Nate starrte ihn verständnislos an.
Carma versuchte es ihm zu erklären. »Die meisten Abfälle lösen sich einfach auf, wohingegen Plastik sich allmählich zu kleinen Partikeln zersetzt, die hier draußen eine riesige, kontinentgroße Suppe bilden. Einiges davon treibt seit mehr als fünfzig Jahren im Wasser.«
»Wahnsinn«, sagte Nate.
»Ganz genau. Wahnsinn«, wiederholte McNeil. »Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn! Und was sagen die Regierungen dazu?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Nate.
»›Wahnsinn.‹ Nichts weiter. Die Konzerne? ›Wahnsinn.‹ Punkt. Aber tun sie etwas dagegen? Nein! Und weißt du, was sie gesagt haben, als ich ihnen die Beweise vorgelegt habe?«
»Wahnsinn?«, riet Nate schulterzuckend.
»Genau!« Der Doktor hatte sich in Rage geredet. Er ging auf und ab und fuchtelte mit den Armen. »Jetzt weißt du, warum ich hier bin.«
»Eigentlich nicht«, sagte Nate.
McNeil fuhr herum und starrte ihn direkt an. Seine Augen verengten sich. »Verrate mir, warum bist du hier?«
»Mein Leben wurde zerstört und mein Boot auch«, sagte Nate wahrheitsgemäß.
»Wodurch?«
»Durch Dämonen.«
»Verstehe. Hmm. Meines auch. Durch die Gier der Konzerne. Durch bürokratische Apparate. Sie haben versucht mich zu vernichten. Aber wir sind hier, quicklebendig, und bekämpfen sie. Was mich zu der Frage führt: Auf wessen Seite stehst du?«
»Hören Sie, ich verstehe ja, dass Sie sich wie Käpt’n Ahab fühlen und so, aber ich möchte nur einen Weg finden, um…«
Carma rutschte dichter heran und stieß Nate gegen den Arm, um ihm zu signalisieren, dass seine Antwort nicht nur falsch, sondern tödlich falsch war. »Möchtest du, dass sie dich wie eine zu kleine Krabbe zurück ins Meer werfen? «, flüsterte sie.
Nate stammelte. »… einen Weg finden, um, äh, dem Ozean das zu geben, was er verdient, weil er so eine prägende Wirkung auf mein Leben hatte.«
»Ja, das tun wir alle.« Doktor McNeil nickte. »Wir diskutieren jetzt, was mit dir werden soll, und danach folgt eine Abstimmung.«
Nate schaute in die unbekannten Gesichter und lächelte gezwungen, in der Hoffnung, einige der Leute für sich zu gewinnen. Nacheinander trugen sie ihre Meinung über ihn vor, redeten über ihn, als wäre er gar nicht da.
»Wir können keinen zusätzlichen Esser durchfüttern«, sagte eine Frau, die ein rotes Stirnband trug. »Die Vorräte sind ohnehin knapp.«
»Vielleicht sollte er sich uns anschließen«, sagte ein anderer. »Wir könnten einen Helfer auf den Feldern gebrauchen. « Einige nickte, andere grummelten.
Die Debatte ging hin und her.
Als Franco an der Reihe war, erwartete Nate keine große Fürsprache, und er erhielt sie auch nicht.
»Er ist ein Angespülter«, sagte der große Europäer. Wir lassen nur wenige der Freiwilligen, die sich uns anschließen wollen, an diesen Ort kommen, und er hat nicht mal
versucht, uns zu finden. Er wurde einfach angeschwemmt. Ich finde, wir sollten ihn wieder dem Wind und den Wellen preisgeben.«
Carma sprach als Letzte. »Freunde des Ozeans, hört mich an. Die See hat uns das Geschenk eines zusätzlichen Helfers für unsere Mission geschickt. Wer sind wir, dieses Geschenk abzulehnen? Wir sind doch nicht hierhergekommen, um anderen Menschen Schaden zuzufügen, oder? Ich sage, wir nehmen Nate auf. Ihn zurück ins Wasser zu schicken, wäre ein Affront gegenüber der See, die ihn uns geschenkt hat.«
Sie setzte sich zu Nate zurück.
»Wow«, sagte Nate, »das war elegant.«
»Ja, hoffentlich lassen sich ein paar Leute davon beeindrucken. « Ihre Stirn
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