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Fiese Finsterlinge

Fiese Finsterlinge

Titel: Fiese Finsterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce; Stefanidis Buckingham
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Puget-Sund, floss hinter Whidbey Island nach rechts weiter und hielt auf Seattle zu. Es waren die Gewässer seiner Kindheit – die trügerischen, sturmgepeitschten Strömungen im Deception Pass. Nachdem er aus bloßem Brackwasser und einigen Schaumkronen zu einem Strudel angewachsen war, der groß genug war, um sich nach den wilderen Gewässern des offenen Meeres zu sehnen, hatte er den Puget-Sund vor vielen Jahren verlassen und sich mit überwältigendem Erfolg in eine weltweite Bedrohung verwandelt.
    Nun flutete er in die Elliot Bay zurück wie die flüssige Pest, während über ihm Seattles Fähren hin und her fuhren, mit Passagieren gefüllt, die fluchtartig die Stadt verließen. Er witterte ihre köstliche Angst und Verwirrung wegen der chaotischen Zustände in der Innenstadt. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, die Menschen vollends in Panik zu versetzen, aber das hob er sich für später auf.

    Gleich nach seiner Ankunft in heimischen Gefilden breitete der Dämon sich aus und entsandte seine tastenden Wassertentakel an die Ufer und Hafenanlagen der Stadt, wo sie heranschwappten wie hundert flüssige Zungen. Er spürte das Chaos an Land, und wäre er ein hungriger Wolf gewesen, er hätte sich nicht gieriger über die Fänge lecken können.
    Mehrere Schleusen trennten das Salzwasser des Puget-Sund von den beiden Seen mitten in Seattle. Neugierig geworden, zog der Wasserdämon sich zusammen, und als eine der Schleusen sich öffnete, um einer Fähre die Durchfahrt zu ermöglichen, schlüpfte er unbemerkt hindurch. Sein Salzwasser-Körper flutete ins klare frische Süßwasser, und die Fische nahmen Reißaus vor ihm.
    Der Lake Union lag am Nordrand der Innenstadt am Fuße des Queen-Anne-Hügels. Es war der kleinere der beiden Seen, und der Wasserdämon benötigte nur wenige Augenblicke, um die Ufer und den Boden zu erkunden. Er fühlte sich sofort wie in einem Gefängnis. Es gab nicht genug Platz, um richtig Fahrt aufzunehmen. In dieser Enge wäre es ihm unmöglich, seine Wellen auf zerstörerische Größe aufzutürmen. Der Dämon quetschte seinen riesigen Leib durch den Kanal, der weiter landeinwärts führte und in den deutlich größeren Lake Washington mündete.

    Dort fand der Dämon ausreichend Platz, um ungehindert hin und her zu fließen und zum tiefen Grund des Sees hinabzutauchen und dort entlangzugleiten. Trotzdem empfand er Unbehagen. Von Land umschlossen zu sein war ein Gefängnis, ganz gleich wie groß der See war. Aber solange er durch die Schleusen wieder ins Meer gelangen konnte,
konnte er den See mit seinem Salzwasser ja ruhig ein bisschen verunreinigen.
    Er floss über die Seeoberfläche und entdeckte zwei große Hängebrücken. Törichterweise hatten die Menschen sie direkt über das Wasser gebaut. Er konnte nicht wissen, dass jeden Tag hundertfünfzehntausend Fahrzeuge über die nähere Brücke fuhren und eine weitere signifikante Anzahl über die zweite Brücke im Süden. Der Wasserdämon dachte nicht in Zahlen. Sie kümmerten ihn nicht. Ihn kümmerte das mechanische Rauschen des Verkehrs, das an seinen Nerven zerrte und ihm Schauer durch den wogenden Körper jagte. Nirgendwo war er einer so strengen Ordnung begegnet wie hier. Die schiere Regelmäßigkeit, mit der der Verkehr über ihm vorbeibrauste, tat ihm, einem Geschöpf des Chaos, weh. Andererseits, an einem so geordneten Ort wie diesem gab es auch überwältigende Möglichkeiten, um Angst und Schrecken zu verbreiten.
    Später, dachte der Wasserdämon auf seine primitive Art.
    Am Ende seiner Erkundungsrunde wurde es dem Wasserdämon auch im Lake Washington zu eng. Er zog sich durch den Kanal und die Schleusen zurück in die Elliot Bay, wo er sich auf den Meeresgrund legte und seine nächsten Schritte vorbereitete.

10. Kapitel
Im Tempel der Leseratten
    L illi fuhr den pinkfarbenen Abschleppwagen bergauf, während ihre angeschlagenen Passagiere sich von den Blessuren erholten, die sie sich bei der Jagd auf den Hämmernden Mann geholt hatten. Sandy schimpfte über die fehlenden Airbags im Wagen, und Richie schwor, dass er die dämonische Skulptur eingefangen hätte, wenn Sandy nicht über den mit Trümmern übersäten Gehsteig gefahren wäre.
    Lilli schüttelte nur den Kopf. »Zwei lebensgefährliche Begegnungen, und wir haben noch nicht mal die Bibliothek erreicht. Was für eine blöde Idee. Ich hätte auf mein Bauchgefühl hören und zu Hause bleiben sollen.«
    »Wir sind fast da«, murmelte Sandy, die immer noch erschöpft auf dem

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