Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
sagte.
Leana
mutmaßte, dass sie sich eigentlich darüber hätte freuen sollen, wie sie ihre
Anwesenheit – oder ihre Abwesenheit – getroffen hatte, aber sie
vermochte es nicht. Stattdessen fühlte sich ein Teil von ihr schuldig, weil sie
so spät gekommen war.
Draußen
waren die Paparazzi ganz außer sich, als Michael Archer aus seiner Limousine
stieg und in den Eingang trat. Blitzlichter überall. Die Zaungäste jubelten.
Leana erkannte ihn sofort. „Ich wusste nicht, dass Mutter ihm eine Einladung
geschickt hat,” sagte sie zu Celina. „Ich habe vor ein paar Monaten eins seiner
Bücher gelesen.”
Celina
war verdutzt. „Mutter hat ihm keine Einladung geschickt. Ich bin mit ihr die
Gästeliste zweimal durchgegangen. Michael Archers Name war nirgendwo zu sehen.”
Sie schaute ihre Schwester nur an. „Und wo bist du gewesen?”
„Zahnreinigung.”
Leana
blickte auf Elizabeth, die beobachtete, wie Michael Archer mit George Hände
schüttelte. Sie wusste, dass ihre Mutter uneingeladene Partygäste nicht
tolerierte – besonders, wenn es sich um ihre eigene handelte. Sie war
neugierig zu erfahren, wie sie das handhaben würde.
„Es
tut mir sehr leid,” sagte Elizabeth höflich, als Michael herantrat. „Aber ich
muss Sie bitten zu gehen.” Ihre Stimme war fest. Sie ignorierte seine
ausgestreckte Hand. „Das hier ist eine Privatparty.”
In
der nun folgenden Stille drehten George und Celina sich um und lauschten. Leana
beobachtete Michael. „Es tut mir leid, hier so einfach einzudringen,” sagte er.
„Aber wie ich gehört habe, versuchen Sie, heute abend Geld für AIDS-kranke Kinder
zu sammeln, und da wollte ich gerne helfen.” Er griff in die Brusttasche seines
Jacketts und zog ein Stück Papier hervor. Er reichte es Elizabeth. „Ich hoffe,
das hier wird dazu beitragen.”
Elizabeth
warf einen Blick auf den Scheck und schaute daraufhin Michael ungerührt an.
„$100.000 sind sehr großzügig,” sagte sie.
„Ich
arbeite in der Unterhaltungsindustrie,” sagte er. „AIDS ist dort nichts
Seltenes. Das ist das mindeste, was ich tun kann. Es ist ein Anliegen, das mir
sehr viel bedeutet.”
Obwohl
Leana bezweifelte, dass er es wusste, hatte Michael Archer ihrer Mutter gerade
fünf Millionen Dollar überreicht. Vielleicht sogar sechs. Sobald sich die
Nachricht verbreitet haben würde, dass er ihr einen Scheck über $100.000
gegeben hatte, würden die anderen Gäste sich genötigt sehen, nun ihrerseits die
Scheckhefte zu zücken, damit sie ihm in nichts nachstehen mussten. Elizabeth
wusste das, aber sie ließ es sich nicht anmerken.
„Ich
möchte mich bei Ihnen entschuldigen,” sagte sie zu ihm. „Das ist sehr liebenswürdig
von Ihnen. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie bleiben könnten. Können Sie?”
Die
Erleichterung in Michael Archers Gesicht war unmissverständlich. Leana hob das
Kinn in genau dem Moment, als er sich umdrehte und sie anschaute. Sie sahen
sich in die Augen, und Michael lächelte. „Mrs. Redman,” sagte er, „mit dem
größten Vergnügen.”
KAPITEL 6
Der
alte Buick spuckte, ächzte und schüttelte sich einige Augenblicke lang, bevor
er abrupt stoppte und im Herzen von Manhattan einfach ausging.
Jack
Douglas saß da wie betäubt, während der Dampf aus dem Motorraum aufstieg und
die Scheinwerfer in der Dunkelheit langsam verglommen. Er wusste, was mit dem
Auto nicht in Ordnung war, ohne dass er die Motorhaube aufmachen musste. Schon
seit Wochen hatte er vorgehabt, einen neuen Kühler und eine neue Lichtmaschine
einbauen zu lassen, aber er hatte einfach zu viel Arbeit, als dass er Zeit
dafür gefunden hätte. Natürlich gaben beide in der Nacht von George Redmans
Party ihren Geist auf.
Er
würde sich wohl ein Taxi nehmen müssen.
Er
öffnete das Handschuhfach, fischte die Einladung zwischen einer Unzahl zerknitterter
Papiere und zerbrochener Bleistifte heraus und suchte seine Brieftasche. Sie
war nicht da. Er schaute auf dem Beifahrersitz nach, auf dem Boden, in den Taschen
seines schwarzen Smokings, und dann fiel ihm ein, dass er sie in seinem
Apartment für alle und jeden sichtbar auf dem Küchentisch hatte liegen lassen,
auf dass er sie nicht vergessen würde.
Er
konnte nur darüber lachen. Jetzt musste er zu Fuß gehen.
Er
ließ das Auto da stehen, wo es zusammengebrochen war – an der Ecke der
Fünften und Fünfundsiebzigsten Straße – und machte sich auf den Weg zum
Redman International-Gebäude, das über eine Meile südlich
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