Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
Apartment.
„Setzen
Sie sich,” sagte Cain. „Wie unterhalten uns sofort.”
Während
Cain ans Fenster trat, um sich zu vergewissern, dass das Taxi weg war, blickte
sich Michael in dem kleinen Zimmer um, schaute auf das ungemachte Bett und ging
hinüber. Seine Beine zitterten, als er sich setzte – sowohl vor
Erschöpfung als auch wegen einer plötzlich aufkommenden Hoffnung.
Unter
der Matratze war der geladene Revolver, den er vor einer Woche gekauft hatte,
um sein Leben zu schützen. Er konnte fast spüren, wie seine stählerne Härte
gegen seinen Schenkel presste. Er hatte keine Zeit gehabt, die Waffe
mitzunehmen, als er aus der Wohnung
geflüchtet war. Wenn er seine Hand jetzt irgendwie unter die Matratze schieben
konnte, ohne dass man es bemerkte, konnte er diese Männer erschießen und
verschwinden, bevor der dritte zurückkehrte.
Er
sah zu dem Mann hinüber, der den Ausgang blockierte, sah die harten und
aufmerksamen Augen, die ihn von oben bis unten genauestens musterten, und
blickte zur Seite, da er fürchtete, sein Gesicht könne sein Geheimnis verraten.
Es konnte keinen Zweifel geben, dass der Mann ihn töten würde, wenn er nach der
Waffe griff.
Wenn ich nicht schneller bin
als er.
Er
warf einen Blick auf Cain, der sich zum Fenster hinauslehnte; seine Jacke
stand leicht offen. Zwischen den
glänzenden Falten von schwarzem Leder konnte Michael das Schulterhalfter und
die Waffe des Mannes sehen.
Ich kann auf keinen Fall beide
erschießen, dachte er. Egal, wie schnell ich bin – das werde
ich nie schaffen.
Dennoch
wusste er, dass er die Gelegenheit ergreifen würde, wenn sie sich ihm böte.
„Wissen
Sie eigentlich,” sagte Cain, während er sich vom Fenster abkehrte und sich
gegen das Fensterbrett lehnte, „dass ich ein großer Fan von Ihnen bin? Ich habe
Ihre Filme gesehen, Ihre Bücher gelesen. Sie sind in Europa sehr bekannt.”
Michael
musste sich etwas drehen, um ihn anschauen zu können. Er nutzte diese Bewegung,
um sich etwas aufzurichten und seine Hand näher an den Revolver bringen zu
können.
„Ich
muss gestehen, dass ich von Ihnen enttäuscht war, als ich den Anruf von
Santiago gestern erhalten hatte. Nicht, weil man mir angeboten hatte, Sie zu
töten – das war eine unerwartete Herausforderung für mich –,
sondern weil jemand, den ich so sehr respektierte, sich in eine solch dumme
Sache verstrickt hat. Wie können Sie – mit all Ihren Romanen und Filmen,
mit Ihrem ganzen finanziellen Erfolg – plötzlich ohne Geld dastehen? Es
sei denn, Sie waren so unvorsichtig und haben alles verschwendet – was
der Fan in mir ernsthaft bezweifeln möchte –: Wo ist das alles hin?”
Obgleich
dieselbe Frage Michael schon seit Wochen beschäftigt hatte, antwortete er nicht
darauf, blieb wachsam und frage sich, was Cain damit bezweckte.
Cain
zuckte mit den Schultern. Er ging vom Fenster weg und durchquerte den Raum.
„Ich weiß nicht,” sagte er. „Vielleicht haben Sie tatsächlich alles ausgegeben.
Vielleicht haben Sie so sehr auf Ihren Erfolg vertraut, dass Sie all die Bücher
und all die Filme und all das Geld als eine Selbstverständlichkeit angesehen
haben. In diesem Fall, Mr. Archer, sollte Ihnen jemand eine Lektion darin erteilen,
wie man mit Geld umgeht.”
Stille
machte sich breit. Cain unterbrach seine Wanderung durch das Zimmer und entnahm
seiner Jacke eine kleine Packung Streichhölzer und eine Schachtel Gitanes. Er
entfachte ein Streichholz, zündete sich eine Zigarette an und schüttelte die
Flamme aus. Erst als er sich nach einem Behälter für das Streichholz umschaute,
fiel sein Blick auf den Schreibtisch neben Michaels Bett. Darauf standen
etliche leere Dosen von Diät-Cola, unzählige Zeitschriften- und
Zeitungsausschnitte, eine Schreibmaschine sowie ein kleiner Stapel von
feinsäuberlich getippten Seiten, die einem Manuskript ähnelten.
Cain
warf das Steichholz auf den Fußboden und trat darauf. Er nahm den Stapel
Papiere in die Hand, blätterte ihn durch und schaute Michael von der Seite her
an. „Ist das Ihr neues Buch?”
Michael
gab keine Antwort. Sobald er erfahren hatte, welche Gegenleistung sein Vater
dafür wollte, dass er seine Schulden bei Santiago bezahlte, begann er mit dem
Buch, denn er wusste, wenn er seiner Verlegerin einige Kapitel sowie einen Plan
vorlegen könnte, dann würde sie in der Lage sein, es zu verkaufen – und
er könnte sich bei Santiago selbst auslösen.
Neunzig
Seiten hatte er bereits verfasst. Vor den heutigen
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