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Finale auf Föhr

Finale auf Föhr

Titel: Finale auf Föhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin dodenhoeft
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mehr noch der lädierte Oberarm. Unwillkürlich strich er mit der Hand durch den Sand und bedeckte seine Füße damit. In diesem Moment spürte er an der rechten Hand einen spitzen Gegenstand. Er begann, vorsichtig zu graben – und das Wunder war geschehen. »Was bekomme ich, wenn ich den Ohrring gefunden habe?« fragte er scherzend.
    Sie kam heran, kniete sich neben ihn und nahm den Ohrring. »Sie wissen gar nicht, wie froh ich bin«, sagte sie, nahm seinen Kopf in beide Hände und küsste ihn dann auf die Wangen. Carl spürte, wie ihm blitzschnell erst kalt, dann heiß wurde und der Atem stockte. »Was möchten Sie denn?«, fragte sie.
    »Das war Belohnung genug«, sagte er heiser. Sie blickte ihn für einen zeitlosen Moment an, stand dann aber auf.
    Er hätte sie in die Arme reißen und küssen mögen – oder in Ohnmacht fallen. Im selben Moment war er entsetzt über den Abgrund an Verrat und Treulosigkeit, der sich vor ihm auftat. Sie rettete die Situation, indem sie sich ihm gegenüber in den Sand setzte und von den Schwierigkeiten erzählte, noch einen Strandkorb zu bekommen.
    Carl berichtete von ihren eigenen Anstrengungen. Jedes Jahr die gleiche Herausforderung! Renatas und sein Korb stand nah am Haus des Gastes. »Für wie lange haben Sie denn diesen Korb gemietet?«, fragte er sie.
    »Nur für drei Tage, wir probieren dann eben verschiedene Strände aus. Mein Mann ist nicht so wirklich motiviert, auszuspannen. Er sitzt stattdessen über seinen Büchern. Sogar jetzt.« Sie blickte auf das Wasser und das Watt hinaus. Entsagungsvoll, enttäuscht?
    Carl betrachtete die schöne junge Frau. »Im Urlaub ist das ja wirklich nicht so schön. Ich muss allerdings gestehen, dass ich das nachvollziehen kann. Als ich damals promoviert habe, das ist natürlich schon eine Weile her, genauer gesagt vor vierzehn Jahren, da war es ähnlich. Ich hatte einfach keine Freizeit mehr. Immer wenn ich mal für kurze Zeit nichts getan habe, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Habe ich was gemacht, hatte ich auch ein schlechtes Gewissen. Wir hatten schon zwei Kinder, meine Frau hat auch an ihrer Doktorarbeit geschrieben, das Geld war immer knapp. Da hing der Haussegen manchmal schon schief. Manchmal denke ich, das war die Prüfung für unsere Beziehung. Alles andere später war nichts dagegen.«
    Caroline Schweiger nickte. Genauso war es wohl bei ihr auch gerade.
    Carl fuhr fort: »Wir waren weiß Gott froh, als das vorbei war. Das Schönste ist, dass wir beide den Doktortitel nicht mal beruflich einsetzen konnten! Der ganze Stress quasi umsonst! Nein, vergeblich, denn gekostet hat es auch, ganz schön sogar.«
    Die junge Frau fragte nach, warum er denn nicht in der Wissenschaft geblieben sei. »Na ja, die Habilitandenstelle, die ich gern gehabt hätte und für mich sicher glaubte, hat der Professor jemand anderem gegeben. Ich weiß bis jetzt noch nicht, warum. Heute denke ich, das war sowieso besser. Kennen Sie den Roman Der Campus von dem verstorbenen Schwanitz, dem Universitätsprofessor? Mitte der 90er Jahre erschienen. Falls nicht, dann empfehle ich Ihnen den zum Lesen. Dann wissen Sie, was mich am meisten gestört hat. Ihr Mann wird das vielleicht auch noch feststellen, auch wenn er jetzt noch so begeistert ist. Ich habe mich damals ne Weile durch einige befristete Uni-Projekte gehangelt und das eine oder andere mitgekriegt. Als ich die Chance bekam, in einem großen Hamburger Verlag anzufangen, war ich im Grunde froh.«
    Carl überlegte, wie er von dem in voller Fahrt befindlichen Zug der eitlen Selbstdarstellung abspringen könnte. Aber die Frau interessierte sich offenbar wirklich für ihn. Sie fragte weiter nach! »Da habe ich erst alles Mögliche gemacht, Trainee, Pressereferent, Assistent der Geschäftsleitung. Zum Schluss hatte ich mich zum Leiter der Marketingabteilung hochgedient. Erst da habe ich erkannt, dass das Leben an der Universität mit ihren vielen verbeamteten Kleingeistern auf Dauer nichts für mich gewesen wäre. Oder ich wäre genauso geworden wie einige der in Routine und Selbstgefälligkeit erstarrten Professoren. Meine Frau war länger an der Uni, aber irgendwann gab es keine Zeitstellen mehr für sie. Schließlich sollte sie kostenlos Seminare geben. Da hat sie dann dankend abgewinkt. Wie das Schicksal wollte, es ist genau zu diesem Zeitpunkt ihr Vater gestorben und hat ihr den Verlag vererbt. Das war vor acht Jahren.«
    Sie fragte nach, was denn das für ein Verlag sei.
    »Edition Fabricius, in Kassel,

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