Finale auf Föhr
Polizei kam nicht besonders gut weg, die beiden vom Festland herübergekommenen Kripobeamten hätten bisher nichts Relevantes ermitteln können. Der Journalist forderte die Leser sogar auf, sich bei der Zeitung zu melden, falls sie etwas über die Verschwundenen oder das Boot der Siewerings zu berichten hätten. Eine Kontakttelefonnummer war groß eingedruckt.
Das fanden Carl und Renata nun nicht besonders gut. Die Presse konnte doch nicht so einfach Aufgaben der Polizei übernehmen, als ob das ein Rätselspiel für Hobbydetektive wäre! Sie diskutierten eine Weile über die Medienlandschaft, über Notwendigkeiten und Grenzüberschreitungen des Fernsehens und der Printmedien. Carl kam relativ schnell auf sein derzeitiges Lieblingsthema: Die Medien mischten sich inzwischen massiv in die Tätigkeit der sozialen Organisationen ein. Sie gruben diesen teilweise sogar das Wasser ab, indem sie eigene Organisationen gründeten und Spendenaktionen starteten. Dank ihrer Macht konnten sie das in der Regel auch erfolgreich durchziehen. Die Transparenz blieb bei aller Berichterstattung über Beispiele erfolgreich geleisteter humanitärer Arbeit häufig auf der Strecke. Wo die Millionen blieben – Fragezeichen. Rechenschaftsberichte im Internet? Fehlanzeige. Bei dem angeblichen Skandal, der vor Kurzem eine große internationale Hilfsorganisation durcheinandergewirbelt und massive Spendeneinbrüche zulasten der Notleidenden verursacht hatte, hatten Medienvertreter natürlich ständig vehement Transparenz eingefordert.
Renata wusste, warum er sich so echauffierte. In ihrer Heimatstadt war er im Vorstand einer kleinen Organisation, die in Stadt und Landkreis soziale Einzelfallhilfe leistete. Die Aktionen der Medien sogen das finanzielle Engagement vieler potentieller Spender auf. Seine Organisation kam nun leider nicht in den Genuss der Gelder, die von der örtlichen Zeitung und den einschlägigen Dudelfunksendern eingesammelt wurden. Die flossen woanders hin. Pressemitteilungen über die Arbeit ihres kleinen Vereins brauchten sie gar nicht erst rauszuschicken, jedenfalls nicht in der Zeit, wo die Medien ihre eigenen Kampagnen fuhren – das heißt in der besten Spendenzeit.
Carl raffte sich auf. Er brauchte jetzt Bewegung. »Ich geh dann mal ans Wasser!«, teilte er Renata mit.
»Gut, ich bleibe hier!« Sie war vertieft in ihr Magazin mit Ausblicken auf die kommende Herbst-und Wintermode.
Jetzt, gegen halb elf Uhr morgens, war Niedrigwasser. Auf der weiten, inzwischen trockenen Sandfläche bis zum Wasser spielten zahlreiche Kinder, einige mit ihren Vätern oder Müttern. Andere, Jugendliche und Erwachsene, waren ein Stück hinausgeschwommen und tummelten sich nun auf den Sandbänken. Carl blieb am Ufer stehen und atmete die frische Seeluft tief ein. In diesem Moment patschte etwas Nasses unten an seinen Rücken. Er fuhr zusammen – ein kleiner Scherz von Renata? Die wollte doch am Strandkorb bleiben und ihre Sachen bewachen – und drehte sich um.
Die kleine Catherine war unbemerkt herangekommen und kicherte fröhlich. »Jetzt hab ich dich aber erschreckt, Matsche-Platsche-Mann!«, freute sie sich.
Carl ging auf ihr Spiel ein, bückte sich und nahm eine Handvoll nassen Sandes auf. »Warte mal, wie ich dich jetzt erschrecke, Matsche-Platsche-Kind!« Er täuschte vor, den Schlamm nach der Kleinen werfen zu wollen. Sie quietschte entzückt und rannte weg, auf ihre Mutter zu, die nur einige Meter entfernt am Ufer stand und lächelte. Verlegen ließ Carl den feuchten Sand fallen und wischte sich die Hände so gut es ging an den Oberschenkeln ab. Männer sind Kinder. Wieder erwischt!
Sie begrüßten sich und tauschten einige Floskeln über das schöne Wetter, das Meer, die Kinder aus, die hier am Strand so schön spielen konnten. Das Mädchen sah hinaus auf die Boote, die rechts vor ihnen an einem kleinen Holzsteg dümpelten, und fragte: »Mami, wann kann ich denn mit Grandpa Schiff fahren?«
»Darling, ich weiß es nicht genau. Grandpa hat leider wenig Zeit.«
»Aber er hat es gesagt!«, trotzte die Kleine.
»Ich frage ihn, wenn er wieder da ist.«
»Aber er ist doch jetzt da, und ich will mit ihm Schiff fahren!«, beharrte Catherine.
»Ich kann es dir einfach nicht sagen, Darling. Er ist wieder weggefahren und ich weiß nicht, wann er wiederkommt. Bestimmt bald, und dann kannst du mit ihm segeln.«
»Immer bald, immer bald, bald ist nie. Ich will nicht bald, ich will jetzt!«, setzte Catherine noch eins drauf.
»Weißt
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