finde-mich-sofort.de (German Edition)
multiplizierte sie mit meinen Wünschen und Hoffnungen, subtrahierte alles, was vollkommen ausgeschlossen schien, addierte Illusionen, dividierte das Ganze durch meinen damaligen mentalen Zustand und kam auf zwei wichtige, auf die wichtigsten Anforderungen:
1. Beziehungsfähigkeit , die ich an der Dauer vorangegangener Beziehungen maß und
2. Leidenschaft , vor allem körperliche – sprich: Spaß am Sex !
In meinem Postfach fand ich eine Mail.
Hallo, liebe Unbekannte! Hättest du Lust, mich kennenzulernen, obwohl ich verheiratet bin? Liebe Grüße PETER
Ein Gebundener interessierte sich für mich. Beziehungsfähigkeit und sexuelles, weil trainiertes Interesse dürften vorhanden sein, dachte ich mir und las zögerlich in seinem Profil.
Was bedeutet für Sie Erfolg?
Erfolg definiert man selbst. Es ist wichtig, das Gefühl zu haben, dass man erfolgreich ist – worin, ist dann schon nicht mehr die Hauptsache. Der Erfolg vermittelt Gelassenheit der Seele und Souveränität – materiell und emotional. Wer den Erfolg im Wesentlichen materiell definiert, geht das Risiko ein, den Blick für viele langfristig entscheidende Dinge zu verlieren.
Was macht Ihre/n Traumfrau/mann aus?
Karten auf den Tisch: Ich suche niemanden für ein gemeinsames Leben. Werde ich mein Abenteuer unter Kontrolle haben? Ich bin zuversichtlich. Ein Restrisiko bleibt.
Ich suche eine Frau, begabt und vielseitig interessiert, die mich fordert und herausfordert. Ich möchte wissen, worum deine Gedanken kreisen und was dein Herz bewegt. Nicht wissen muss ich, woher du kommst und wer deine Freunde sind. Das ist es auch nicht, was ich dir als erstes über mich sagen will. Betrachte es als unser persönliches Abenteuer: Können wir uns fallenlassen, miteinander lachen, tanzen, schlafen, einander schätzen und einschätzen, ohne über unsere äußeren Umstände alles zu wissen? Den neugierigen Intellekt einer Frau finde ich unendlich viel spannender als »Männerspielzeuge«. Habe gelesen: »he fell in love with her sexiest organ: her brain«. Ein unaufgeregtes Selbstwertgefühl, Ideale, ein harmonisches Verhältnis zum eigenen Äußeren, Großzügigkeit, Genussfähigkeit, all das kommt dem irdischen Ideal sehr nahe.
Was ich las, sprach mich nicht nur an, sondern mir aus dem Herzen. Er meinte mich, besser: so eine wie mich. Er schlussfolgerte nach dem Lesen meines Profils, dass ich intelligent sein könnte. Das schmeichelte mir. Ich konnte es nicht genau analysieren, aber ich war angekickt, wollte mehr über diesen Mann wissen und antwortete kurz und knapp.
Nach einem kurzen E-Mail-Austausch verabredeten wir uns ziemlich schnell. Sein Foto im Internet zeigte ihn als Sportler, vermutlich Läufer, aber er hielt die Hände vor das Gesicht. Kurz vor dem ersten Treffen sandte er mir auf meine dringende Bitte doch noch ein Foto. Wieder ein Lauffoto, diesmal von einem Marathon. Meinte er, dass Sportler bei Frauen gut ankommen? Er sah sehr schlank, fast drahtig darauf aus, seine Haare matschblond und ein wenig länger. Auf den ersten Blick hätte ich einen unscheinbaren Mann wie Peter rein optisch im Netz nicht wahrgenommen.
Wir hatten uns vor einem Restaurant verabredet. Allerdings regnete es in Strömen, und ich wartete im Gastraum. Als er acht Minuten später immer noch nicht erschien, sah ich vor die Tür. Da stand ein großer schlanker Mann unter einem noch größeren schwarzen Regenschirm. Ich stand erhöht auf der Eingangstreppe des Restaurants »Die Waage« auf dem neuen Markt in Potsdam und schaute auf ihn herab. Sein breiter Mund mit den vollen Lippen gefiel mir. Aber sonst? Alles grau, das Wetter und der Mann! Grauer Geschäftsmann-Anzug, graue kurze Haare und graue Augen, die mich überrascht und verunsichert durch eine nicht besonders moderne, grau gerahmte Brille anschauten. *mhm* Eigentlich nicht mein Beuteschema, dachte ich, nichts Jungenhaftes, nichts Extravagantes. Vor ein paar Jahren hätte ich mit so einem typischen Geschäftsmann, noch dazu aus dem Westteil Berlins, kein Wort gewechselt, sondern meine schon fast pathologische Phobie gegen alle, die Geld und Macht hatten, gepflegt. Vor allem mochte ich die Westberliner Yuppies nicht, die mit Papas Brieftasche bewaffnet nach Potsdam strömten. Mit der Wiedervereinigung fürchtete ich um mein emanzipiertes Leben als Frau und Mutter. Ich wusste, dass die Mehrzahl der Frauen in den alten Ländern durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt, Steuergesetze, viel weniger Kindereinrichtungen und
Weitere Kostenlose Bücher