Finger weg Herr Doktor!
mit sich fort. »Ich muß fort von hier. Ich muß diesen Ort sofort verlassen. Ich weiß nicht genau, was man hier mit mir macht, aber ich werde in sehr tiefe und trübe Wasser geworfen, in denen ich nicht zu schwimmen gewohnt bin.«
»Es ist ganz harmlos, Sir Lancelot!«
»Um das geht es nicht. Es ist einleuchtend, daß ich meine neugefundenen Energien in geeignete Bahnen lenken muß. Ich muß die Oberschwester so schnell wie möglich heiraten. Ich erinnere mich, daß sie den Freitag nächster Woche erwähnte. Ich werde meine Zustimmung geben, oder womöglich noch für diesen Freitag! Vielleicht wird sie dafür mit dem Standesamt einverstanden sein, anstatt die Zeremonie zur größten Musical-Komödie seit My Fair Lady ausarten zu lassen. Ich gehe. Sofort. Ich kehre zurück nach London und werde beim Dean wohnen.«
»Ich fürchte, de Hoot wird es nicht gerne sehen, wenn Sie sich selbst entlassen, Sir.«
»Ich gebe keinen alten Hut für de Hoot! Unter uns, ich habe den Verdacht, er ist ein bißchen ein Scharlatan. Er muß es sein, wenn er ein solches Unternehmen führt. Ich hätte mir etwas Besseres einfallen lassen sollen, als einen übergeschnappten Sexbesessenen wie Sie um Rat zu fragen.«
»Wirklich, Sir! Ich wollte nur helfen.«
»Ich habe schon vor langem bemerkt, daß es immer Unheil bedeutet, Ihren Rat über irgend etwas einzuholen.« Er wischte sich mit seinem rot-weißen Taschentuch die Stirn. »Es tut mir leid, Grimsdyke, ich nehme das zurück. Ich bin wirklich nicht bei Sinnen. Es würde mich nicht überraschen, wenn diese Injektionen eine garstige Nebenwirkung hätten.«
»Mich würde es überraschen, Sir«, sagte Grimsdyke mitfühlend, »mich würde es sehr überraschen!«
17
Grimsdyke war von Godfris Atelier enttäuscht. Er hatte etwas Ähnliches wie Dr. de Hoots Klinik erwartet und fand statt dessen eine umgebaute baufällige Garage in einer Seitengasse von King's Road vor. Er betrat mit Eric Cavendish ein kleines Büro, das noch immer nach Motoröl roch, wo eine Frau mittleren Alters in einer Art weißem Spitalsmantel an einer Schreibmaschine saß.
»Miss Fowler ist schon im Atelier«, sagte sie. »Da Mr. Godfri Sie erwartet, werden Sie eintreten können. Aber bitte klopfen und warten Sie!« wies sie sie streng an. »Unter gar keinen Umständen darf Mr. Godfri unterbrochen werden, wenn er gerade denkt, was Stunden um Stunden dauern kann.«
»Großartig«, meinte Eric zweifelnd.
»Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich hier warten«, sagte Grimsdyke. »Ich - hm - leide sehr unter Photophobie.«
Als sie allein waren, wandte er sich der Empfangsdame zu. »Übrigens - ein merkwürdiger Zufall -glaube ich, jemand, den ich kenne, arbeitet jetzt in Ihrem Atelier, eine Miss Gray.«
»Ach, die.«
»Wir sind einander im Spital über den Weg gelaufen - ich bin nämlich Arzt. Könnte ich die junge Dame vielleicht einen Augenblick sprechen?«
Sie machte eine Kopfbewegung. »Sie finden sie da hinten draußen. In der Dunkelkammer. Die Tür darf nicht geöffnet werden, wenn das rote Licht brennt.« Grimsdyke schritt durch einen engen, notdürftig verputzten Gang mit roter Lampe, die, wie er befriedigt feststellte, nicht brannte. Er klopfte an und erkannte Stellas Stimme. Er glättete seinen Rockaufschlag und betrat einen kleinen feuchten Raum, in dem es nach verschiedenen Chemikalien roch. Stella drehte sich um und schrie auf. Er hob die Hand.
»Nein, liebes Mädchen, sagen Sie nichts. Kein Wort. Bitte! Ich flehe Sie an! Lassen Sie mich zuerst meine Rede halten. Ich habe sie wirklich stundenlang geprobt, und jede Unterbrechung könnte meine Vorstellung verderben.«
»Na schön«, sagte sie zögernd.
»Werfen Sie mich nicht hinaus! Gaston Grimsdyke kommt heute mit keinem anderen Vorhaben als dem völlig reinen, Ihre Vergebung zu erlangen. Als wir uns das letzte Mal sahen, war ich ganz schrecklich grob. Ich bedachte Sie mit Schimpfworten. Das sollte man Frauen gegenüber nie tun, besonders, wenn sie so charmant und süß wie -«
»Oh, Gaston!« Sie begann zu weinen. »Ich bin ja so unglücklich!«
»Nun, nun!« Grimsdyke schloß sie flink in seine Arme und begann ihr blondes Haar zu streicheln. »Nun, nun, nun! Was ist los? Erzählen Sie mir Ihre Sorgen! Jede einzelne. Lassen Sie sich Zeit!«
»Ich hasse es.«
»Was, dieses Atelier?«
Sie nickte und schneuzte sich.
»Es ist eine Bruchbude, das muß ich schon sagen.«
»Ich bin erst zwei Tage hier, und alle sind so ekelhaft zu
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