Finns Welt - 02 - Finn reloaded
riesigen Seesack dabei, dessen Inhalt wir nicht kennen. Wir erzählen ihm von unserem Konzept der Quest und von Querfeldein. Die Quest Werde tauglich für Sophia Hertl verschweigen wir, denn das ist er ja längst, obwohl er den Wettbewerb niemals mitmachen musste. Nach einer halben Stunde Fahrt parkt er den Pick-up auf einem Wanderparkplatz vor dem dichten, dunklen Forst und lässt den Motor ausgurgeln. Seine Sitzfedern quietschen, als er sich zu uns umdreht.
»Glaubt mir, Jungs. Alles ist eine Quest.« Er sieht uns an, einen nach dem anderen, seine Augen wie Weltenscheinwerfer. Lukas schluckt. Der langsam abkühlende Motor macht knisternde Geräusche unter dem Blech.
Heiner klatscht in die Hände. »Die erste Quest unseres Männerausflugs lautet: Finde einen Platz für das Lager. Darauf folgt: Sammle Äste und Stämme für das Baumhaus. Falls ihr eine Zahl braucht: zweihundert. Größe habe ich hier notiert. Also, fangen wir an!«
Unsere Basis schlagen wir auf einer Lichtung auf, die genug Platz für das Armeezelt und ein Lagerfeuer am Abend lässt. Es macht Spaß, die schwere braune Plane zu spannen und die breiten Heringe in den Waldboden zu treiben. Nur ein bisschen Stoff zwischen »außen« und »innen« und schon entsteht ein Zuhause. Als das Zelt steht, bereitet Heiner mit uns schon mal den Platz für das Feuer vor, das wir heute Abend brauchen.
»Das muss man immer in Ruhe und überlegt machen, denn Eile führt zu Waldbrand«, sagt er und nickt ein paar Mal schweigend, als wolle er diese Warnung als Schild mit dem Kinn in den weichen Boden stampfen.
Er erklärt uns, was zu tun ist. Wir prüfen nach, ob die Lichtung breit genug ist, damit unser Feuer zu allen Seiten zwei Meter Abstand zu Bäumen und Büschen hat. Wir graben eine flache Kuhle und schichten die ausgehobene Erde um sie herum als Erdwall auf. Wie beim Teichbau, nur ohne Wasser. Alle trockenen Blätter oder Zweige, die noch um diesen Rand herumliegen, räumen wir zur Seite, sodass sich das Feuer aus der Kuhle nicht ausbreiten kann.
Während Flo und ich die Äste und Stämme für das Baumhaus sammeln sollen, soll Lukas Material für das Feuer suchen. Zunder, Anbrennstoff und Brennholz. Als Brennholz soll er alles sammeln, was nicht zu feucht und nicht zu groß ist. Als Anbrennstoff muss er kleine, trockene Zweige finden und die abschälen. Darauf kommt später der Zunder. Heiner erzählt, dass man als Zunder sogar Vogeldaunen nutzen kann. Holzmehl aus Bohrlöchern von Insekten geht auch oder die Samenfedern von Disteln. Wenn man sie denn findet. Am einfachsten sind trockene Nadeln von Kiefernzweigen und Tannenzapfen, die Lukas zerstampfen und zerbröseln soll. Der Wald gibt alles zum Leben her. Auf dem Weg hierher hat Heiner mich ausgefragt, welche essbaren Pflanzen ich erkenne außer der Vogelmiere, die wir bei Querfeldein gefuttert haben. Lukas und Flo erzählten ihm, ich wüsste so viel, aber Heiner zeigt mir jeden Tag, was ich alles noch nicht weiß. Für ihn ist der Wald nicht nur ein Lieferant von Heizmaterial, sondern auch eine lebendige Speisekarte. Pflanzen, Kräuter, Pilze, Würmer. Er redet sogar von der Jagd. Dass man die Beute gegen den Wind verfolgt und sofort erstarren muss, wenn sie in die eigene Richtung guckt. Dass man im Sommer bergab jagt, da die Wärme Gerüche bergauf trägt und das Tier einen sonst zu schnell wittern würde. Dass man seinen Eigengeruch übertünchen kann, indem man durch den Rauch eines Feuers geht oder sich die Galle eines anderen toten Tieres an den Körper schmiert. Ob Sophia weiß, dass er das alles kann? Ich finde das männlich, aber Sophia ist Tierschützerin, da gäbe es fürchterliche Minuspunkte in der speziellen S-MASCULINITY. Und will er etwa mit uns jagen? Eine Sache deutet klar darauf hin: Zu allem, was wir sowieso schon zu tun haben, gibt Heiner uns eine »Bonusmission« auf. Er möchte, dass wir ihm ein Stück weiches Holz mitbringen, Kiefer, Lärche, Birke oder Haselnuss, breit genug, um daraus ein Brettchen zu machen. Von einem Hartholzbaum bestellt er einen fingerdicken Zweig. Ahorn, Buche oder Eiche. Und dann will er noch einen Ast in der Form eines Bogens, um ihn mit Seil zu bespannen. Kann man mit einem selbst gebauten Bogen jagen? Und will ich das überhaupt? Bin ich ein Jäger? Ich weiß nicht. Aber ein Sammler, das bin ich auf jeden Fall! Und sammeln gehen wir jetzt.
Die Suche nach Ästen und Stämmen für das Baumhaus versetzt mich in eine seltsame Stimmung. Ich versinke in
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