Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)

Weg durch die Wachen hindurch, die Augen weit aufgerissen und in der Hand ein geborgtes Schwert. Jair kam ebenfalls auf sie zu, er hielt immer noch die Fackel in der Hand. Esme rannte auf den Stuhl zu, in dem Tris saß. Am anderen Ende des Raums kniete Carina neben Harrtuck.
    »Wie schwer seid Ihr verletzt?«, fragte Esme.
    »Da ist nichts außer diesem verdammten Knöchel. Ich glaube nicht, dass ich blute.«
    Als Esme Tris den Stiefel auszog, ging Jonmarc hinüber zu Carina. Harrtuck lag in einer Pfütze von Blut, mit vier tiefen Wunden, die durch seine Schulter und seinen oberen Rücken gingen. Unter den blutigen Rissen sah Jonmarc das Weiße der Knochen.
    »Ich kann das nicht allein. Ich verliere ihn. Ich brauche deine Hilfe.« Ihre Hände waren bedeckt von Harrtucks Blut; er war blass und atmete schwer.
    »Ich war immer nur der Patient – ich weiß nicht, wie man das macht.«
    »Vertraust du mir?« Carina sah Jonmarc in die Augen.
    »Mit meinem Leben.«
    »Lass deine Schilde fallen und leih mir deine Kraft.«
    Jonmarc zögerte, er wusste nicht, was er tun sollte. Wenn sie meine Gedanken lesen kann, wenn sie mir Kraft entzieht, was will sie sehen? So viele Dinge gibt es in meiner Vergangenheit, auf die ich nicht stolz bin, so viel Blut klebt an meinen Händen. Wenn sie sehen kann, wo ich überall war, was ich getan habe, wird sie es sich überlegen? Er sah auf Harrtuck. »Nimm dir, was du brauchst«, sagte er schließlich und schloss die Augen. Tris und Gabriel sagten ihm, dass er stärkere Schilde gegen Magie besaß als die meisten Sterblichen. Das war gegen Magier und Vayash Moru nützlich, die seine Gedanken hatten lesen wollen. Jetzt kämpfte er darum, diese Schilde zu senken. Er konzentrierte sich auf die bekannte Wärme von Carinas Macht, die Berührung, die er von so vielen Heilungen kannte.
    Er keuchte auf und schwankte, als sie sich an seiner Kraft bediente, und versuchte, die Geräusche der Gespräche um ihn herum auszuschließen, die Rufe der Wachen und seine eigenen geschärften Sinne, die immer noch von der Energie des Kampfes vibrierten. Harrtuck muss es schlechter gehen, als ich dachte . Er erinnerte sich, wie Tris und Cam und Carroway Carina ihre Kraft geliehen hatten, als sie in der Karawane Menschen geheilt hatte. Carina hatte ihm erzählt, wie viele Kerzenabschnitte Tris und Sakwi sie unterstützt hatten, als er dem Nargi-Camp mehr tot als lebendig entkommen war. Er spürte jetzt den konstanten Abfluss zum ersten Mal und wusste ihre Ausdauer umso mehr zu schätzen, und war von der Tatsache gedemütigt, wie viel es kostete, ihn so oft zu heilen.
    Er sah zu, während Carinas Berührung dafür sorgte, dass die Sehnen und die Haut auf Harrtucks Rücken sich wieder zusammenfügten, schneller, als jeder Schlachtenheiler es gekonnt hätte. Die tiefen Wunden schlossen sich, bis nur noch Narben zu sehen waren. Er war eins mit Carinas Gedanken und er konnte die Wärme ihrer Heilmagie spüren, während sie Harrtucks Lebensenergie stärkte und dessen Lebensfaden zurückbrachte, bis sein Glühen wieder kräftig war. Harrtuck war nicht mehr in Gefahr, auch wenn er den Schmerz der Verletzungen noch tagelang spüren würde.
    Jonmarc war nicht darauf vorbereitet, als Carina sich ihm zuwandte und seine Hand in ihre blutverschmierte nahm. Danke . Ihre Stimme klang in seinem Geist, näher, als er gedacht hatte. Er fühlte ihre Gegenwart stärker, als Worte sagen konnten, sie strich dichter über ihn als Haut an Haut, als wären ihre Seelen für einen Moment miteinander verbunden. So schnell, wie es begonnen hatte, war es auch schon wieder vorbei und Carina wich seinem fragenden Blick aus. Die Sensation dieses Gefühls ließ ihn verwirrt zurück. Als er wieder Worte fand, war Carina bereits davongehuscht und wischte mit ihren Händen über ihr ruiniertes Ballkleid. Mehrere Diener sahen sich um, ob jemand ihre Hilfe benötigte.
    Harrtuck rollte sich herum und stöhnte. »Vorsichtig«, meinte Jonmarc und versuchte, so fröhlich wie möglich zu klingen. »Du bist haarscharf daran vorbeigerutscht, das Flüstern der Lady zu hören.«
    »Aye«, antwortete Harrtuck und zog eine Grimasse, als er sein Gewicht verlagerte, um seinen frisch verheilten Rücken zu entlasten. »Ich dachte, ich hätte sie gehört, wie sie in der Ferne für mich sang.«
    »Danke, Carina.«
    »Tris – ist er in Ordnung?«
    »Ein bisschen durchgeschüttelt, aber nicht schlecht. Nächstes Mal, wenn du so ein Ding angreifst, nimm eine Armee