Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
es nicht übertreiben«, werfe ich hastig ein.
»… einen Friseur, ein Nagelstudio.« Ihre Augen funkeln bei dem Gedanken, wie man meinen unvollkommenen Körper in etwas verwandeln könnte, das dem Kleid angemessen ist. Doch plötzlich schaut sie besorgt. »Möglicherweise sind aber alle schon ausgebucht. Ich mache kurz ein paar Anrufe für Sie. Ich bin sicher, dass ich ein paar Fäden ziehen kann.«
Bevor ich sie aufhalten kann, ist sie schon zur Verkaufstheke geeilt und hat sich ein Telefon geschnappt. Ich signalisiere ihr, dass ich keine Schönheitsanwendungen will, aber sie winkt ab und bucht eine Gesichtsbehandlung. »Sie werden begeistert sein«, versichert sie mir, während sie schon die nächste Nummer wählt. »Ihre Haut ist zwar fabelhaft, aber sie wirkt doch ein wenig trocken. Verwenden Sie eine Nachtcreme? Das sollten Sie.« Bevor ich etwas sagen kann, ist sie schon mit dem Friseursalon verbunden und vereinbart einen Termin zum Schneiden und Föhnen. Ihr Blick wandert über meine Haare, und sie sagt: »Ich glaube, ein paar Highlights würden Wunder wirken, Tessa, falls du dafür Zeit hast.«
Als sie mit Telefonieren fertig ist, hat sie mehrere Termine für mich vereinbart, den ersten schon in wenigen Minuten.
Meine Verkäuferin ist eindeutig in ihrem Element und amüsiert sich großartig. Sie organisiert jemanden, der für sie einspringt, während sie mich ins Erdgeschoss zu den Behandlungsräumen bringt. Sie ist so enthusiastisch, dass ich mich von ihrer Welle der Begeisterung mitreißen lasse, und als ich Rhoda im Schönheitssalon übergeben werde, habe ich längst die Kontrolle über meinen Tag abgegeben. Gleich darauf befinde ich mich auf einer Liege, und Rhoda massiert mein Gesicht und verteilt eine Lehmmischung darauf. Sie legt kalte Wattebäusche auf meine Augen und lässt dann alles eine Weile einwirken. Es ist eine herrlich entspannende Erfahrung, aber auch sehr verführerisch, ein Genuss, der alle Sinne anspricht. Einen Moment flackert Erregung in mir auf, ein geradezu erotisches Wohlgefühl. Ich bin über mich selbst überrascht. Darf ich so empfinden? Jedenfalls erlebe ich jetzt die Art von Genuss, von dem ich früher immer dachte, er sei anderen Menschen vorbehalten, nicht mir. Aber als mir die Finger sanft die Maske vom Gesicht reiben und Salben und Cremes in meine Haut einmassieren, denke ich: Warum nicht ich? Warum sollte mir das nicht zuteil werden?
»Fertig«, sagt Rhoda und reicht mir eine Tüte mit Gratisproben verschiedener Produkte. »Sie sehen großartig aus.«
Ich erhasche einen Blick auf mein Spiegelbild, während ich zahle – es geht nicht gerade aufs Haus, auch wenn für mich einige Fäden gezogen wurden –, und ich scheine förmlich zu strahlen. Oder ist das nur Einbildung? Wen kümmert’s. Diese Erfahrung war einfach unglaublich.
»Man erwartet Sie jetzt im obersten Stockwerk«, teilt Rhoda mir mit. »Wegen Ihrer Haare.«
Eine kurze Fahrt im Aufzug und bevor ich mich versehe, sitze ich auf einem Frisierstuhl, mit einem schwarzen Nyloncape um den Schultern und einem Stapel der neuesten Hochglanzmagazine auf meinem Schoß. Ein dünner, junger Mann in einem schwarzen T-Shirt und mit einer unglaublichen blonden Tolle über der Stirn erklärt mir, was man mit meinem Haar alles machen könnte. Ich habe schon früher mit Farben und Schnitten experimentiert, aber in den letzten Monaten war mir alles egal. Auf wen wollte ich denn schon anziehend wirken? Infolgedessen findet man jetzt das gesamte Farbspektrum auf meinem Kopf, von strohigem Blond an den Spitzen bis hin zu dunklem Mausbraun an den Wurzeln, und jeder Versuch, meine Haare nett zu frisieren, scheiterte mit der zunehmenden Zotteligkeit.
Cedric nimmt die Sache in die Hand. Mit geübter Leichtigkeit streicht er den Inhalt diverser Plastikschälchen auf meine Haare, wickelt einzelne Strähnen in Alufolie und überlässt mich dann einem der Magazine, während ich unter drehenden Neonlamellen warte. Nach einer halben Stunde reicht er mich an eine junge Frau mit herrlichen, weichen Händen weiter, die meine Haare ausspült, mir sämtliche Chemikalien vom Kopf massiert und sie durch etwas ersetzt, das meine Haare glättet und sie nach Orangenblüten duften lässt.
Da taucht Cedric wieder auf, eine Schere in der Hand. Er kämmt und schneidet und plaudert, nimmt einzelne, dunkle Haarsträhnen und fährt mit den schmalen Scherblättern hinein. Ich betrachte mich im Spiegel und frage mich, was mich am Ende dieser
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