Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
schmerzhaften Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken, an dem kein einziges Wort vorbeikommt.
»Geht’s dir gut?«, fragt Catherine.
»Klar doch, warum auch nicht? Eigentlich ist er gar nicht mein Typ.«
Ein Blick über die Schulter zeigt mir, wie Will auf seinem Stuhl zwischen seinen Cousins kauert. Beide unterhalten sich, doch Will schweigt. Er starrt konzentriert aus dem Fenster, auf irgendwas dort draußen. Seine Miene erinnert mich an Mum und Tamra. Als wir noch beim Rudel lebten, haben sie oft so ausgesehen – eingesperrt, immer auf der Suche nach einem Ausweg.
Mir schnürt sich die Brust zusammen, es fühlt sich an, als säße ein zentnerschwerer Stein darin. Diese Bestrafung hat Will nicht verdient.
»Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«, keift Tamra mich an, als ich mich zu ihr auf den Parkplatz stelle. Mums Auto ist in der langen Wagenschlange noch ein Stück weit entfernt und nähert sich nur im Schneckentempo.
»Dabei solltest du das am besten verstehen – diese Turnhalle, die vielen Menschen …« Schon beim Gedanken daran fange ich trotz der heißen Wüstensonne wieder an zu zittern. Eine Brise wie aus dem Backofen weht mir das Haar von den Schultern, das so trocken ist, dass es wie Stroh knistert.
Tamras Augen funkeln mich zornig an. Mir wird klar, dass sie schon den ganzen Tag darauf gewartet haben muss, mir die Leviten zu lesen und ihrem Frust freien Lauf zu lassen.
Wut kocht in mir hoch. Tamra als meine Schwester sollte wissen, wie schlecht es mir bei dieser Veranstaltung ging. Auch wenn sie selbst keine Draki ist, weiß sie doch, wie ich bin. Wir haben dieselbe Herkunft, wir stammen von Drachen ab – Drachen, die die Erde und den Himmel vor Äonen von Jahren beherrschten. Wir ertragen es nicht, eingesperrt zu sein. Noch dazu in einer Turnhalle voll Menschen und lauter Geräusche …
»Ich weiß nur, dass du völlig spinnst – vor allem, wenn Will Rutledge in der Nähe ist. Ich hab gedacht, du wolltest dich von ihm fernhalten!«
Das versuche ich, auch wenn es mich umbringt. Ich versuche es! Aber das sage ich ihr nicht.
Stattdessen lasse ich all die Momente in meinem Kopf Revue passieren, die ich bisher mit Will verbracht habe, von denen sie nicht weiß, und fühle einen Anflug seltsamer Genugtuung dabei. »Wenn du dir so große Sorgen machst, warum erzählst du es dann nicht Mum?«, werfe ich ihr an den Kopf. Ich lasse es darauf ankommen, weil mir klar ist, dass sie es eh nicht tut.
»Damit sie schon wieder mit uns umzieht?« Und genau das ist nämlich die Krux für sie. Ich antworte mit einem lässigen Schulterzucken. Tamra presst die Lippen aufeinander und schüttelt ihr perfekt frisiertes Haar. »Wohl kaum.«
Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder der Autoschlange zu. Mums Wagen kommt näher. Die Sonne brennt mir auf den Kopf und versengt mir das Hirn, während ich ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trete.
Ich kralle die Finger um die Träger meines Rucksacks und platze heraus: »Ist dir eigentlich völlig egal, wie es mir hier geht?«
Tamras Kopf fliegt herum und sie starrt mich an. »So wie ich dir egal war, meinst du wohl, als wir noch mit dem Rudel gelebt haben!«
Natürlich war mir wichtig, wie es ihr geht – andernfalls hätte ich Cassian nicht halb so heftig abgewimmelt. Er und ich sind Freunde gewesen. Zugegeben, Tamra hat sich zuerst mit ihm angefreundet, aber ich bin zusammen mit ihm aufgewachsen. Immer war er da, zuverlässig und solide wie die Berge unserer Heimat. Ich hätte zulassen können, dass ich mich in ihn verliebe, aber das habe ich nicht, weil ich Tamra das nie angetan hätte.
»Was hätte ich deiner Meinung nach denn tun sollen? Das Rudel war unser Zuhause«, erinnere ich sie.
Ihre Nasenflügel beben, als ein verletzter Ausdruck in ihren Augen brennt. »Dein Zuhause, nicht meins! Ich war immer nur ein Eindringling und konnte nichts anderes tun, als zusehen, wie Cassian dir schöne Augen macht. Alle haben sie dich auf Händen getragen – wollten mit dir befreundet sein, mit dir gehen, wollten –«
»Ich habe nie darum gebeten. Ich wollte nie, dass Cassian mich …«
»Nein, aber du hast alles bekommen – hast ihn bekommen! Und das nicht mal deinetwegen, nicht weil er dich geliebt hat! Weißt du, ich hätte damit leben können, wenn ihr zwei ein Paar geworden wärt … wenn er dich wirklich geliebt hätte.«
Das sagt sie, als sei es ein Ding der Unmöglichkeit, ein Witz. Ich hebe meinen Kopf, als gäbe es weiter oben eine milde
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