First Night - Der Vertrag (German Edition)
Morosow nichts wusste. Sie warteten bereits bis an die Zähne bewaffnet vor der Tür und Silvio kletterte gerade über das Dachfenster in eines der Kinderzimmer.
Warten zu müssen, wenn es um Leben und Tod ging, das war das beschi ssenste Gefühl, das Thomas je empfunden hatte. Sein Magen war ein Eisklumpen, während in seinem Kopf heiße Mordgedanken tosten.
Warum machte Julia nur solche Dummheiten? Aus Liebe? Zu ihm? War sie denn des Wahnsinns? Wusste sie denn nicht, dass sein Leben nichts mehr wert war ohne sie? Er hätte es ihr sagen sollen, heute beim Mittagessen. Er hätte ihr sagen sollen, dass er sie liebte, liebte wie verrückt, anstatt di eses Gefühl voller Scham zu verbergen.
Dieser Drecksack von Silvio hatte ihre emotionale Verwundbarkeit scha mlos ausgenutzt und ihr erzählt, sie müsse an seinem verdammten, scheißdummen Plan mitwirken, wenn sie Thomas nicht verlieren wolle. Falls der Arsch das heute Abend überleben würde, konnte er trotzdem sein Testament machen. Brockmann legte das Nachtsichtgerät zur Seite und entsicherte seine Waffe nun ebenfalls.
„Silvio ist jetzt drin. Wir warten noch auf sein Signal.“
Silvio kannte das Haus als Einziger von innen und sobald klar war, wie viele Leute Morosow bei sich hatte, wie sie bewaffnet waren und wo er sie positioniert hatte, würden sie zugreifen.
Thomas holte tief Luft. Warten! Schon wieder warten.
Er hatte jahrelang gewartet, auf eine Frau wie Julia, auf eine Frau, die ihn und nicht sein Geld liebte. Aber musste sie es denn gleich so übertreiben und sich vor lauter Liebe selbst opfern?
„Eric?“ Thomas griff nach dem Arm seines Bodyguards. Der drehte den Kopf in Mahlers Richtung, sah aber nur die dunklen Umrisse. Sie hockten im Schatten eines Geräteschuppens, der am Nachbargrundstück auf die Grenze gebaut war und nicht nur Sichtschutz, sondern im Falle eines Schusswec hsels, auch Deckung bot.
„Wenn mir was passiert, kümmere dich um Julia und mein Kind! Bitte.“
„Das ist ein verdammter Scheißmoment, um mir das Du anzubieten. Wenn dir was passiert, dann bin ich schon vor dir tot. Du bleibst gefälligst in meinem Windschatten und siehst zu, dass du das hier überlebst und dich selbst um dein Kind kümmern kannst“, knurrte Brockmann und hasste es, dass seine Stimme schwächelte.
Er hasste solche Momente. Kurz vor dem Einsatz, wenn man nicht wusste, ob man lebend wieder nach Hause kam, da wurden selbst die abgebrühte sten Kerle noch sentimental. Dann dachte man an seine Familie, falls man eine hatte, an seine Mutter oder an den Sinn seines bisherigen Lebens. Manchmal dachte man auch nur an den Sex, den man neulich gehabt hatte, und dann nahm man sich vor, wenn man das hier wirklich überleben würde, dann würde man künftig alles besser machen.
Wenn das hier alles gut ging, heute Abend, dann würde er ins Taxi steigen und zu Isabel fahren und sie fragen, ob sie ihn heiraten würde, und falls sie sich erdreistete, nein zu sagen, dann würde er sie übers Knie legen.
Silvio meldete sich mit einem Flüstern in Erics Headset: „Es sind nur die drei. Im Wohnzimmer. Südseite. Julia ist auch im Wohnzimmer.“
„Okay!“, antwortete Eric. Es hätte deutlich schlimmer aussehen können. „Deine oberste Priorität ist es, Julia zu schützen. Und wenn dir dabei dein verdammter Arsch weggeschossen wird, ist das dein Problem. Versta nden?“
„Ja!“
„Wir lenken Morosow ab. Der Boss wird auf Julias Handy anrufen und Morosow zutexten. Das ist dein Signal, dass es losgeht. Wenn Julias Handy bimmelt. Verstanden?“
„Ja!“
Damit war das Gespräch beendet und Eric nickte Thomas zu. „Los geht’s!“
Thomas klopfte Eric kurz auf die Schulter.
„Bleib am Leben, ich brauche einen Patenonkel für mein Kind.“
Dann stand er auf und tastete nach seinem Handy, das er in seinem Frust ins Gras g eworfen hatte. Eric nickte, war mit einem Sprung auf den Beinen und lief mit der Pistole im Anschlag und in geduckter Haltung zum Küchenfenster.
Eine ältere Dame spazierte mit einem Pinscher an der Leine am Gartenzaun vorbei und warf einen skeptischen Blick auf die beiden Männer, doch als sie deren Waffen sah, legte sie einen Zahn zu und zerrte den kleinen Hund he ktisch hinter sich her. Falls sie vorhatte, die Polizei zu rufen, sollte sie sich besser beeilen, denn in fünf Minuten war hier entweder alles in Ordnung oder alle waren tot.
***
Julia fühlte überall nur noch Schmerzen. Sie hatte glühende Schmerzen im Magen und
Weitere Kostenlose Bücher