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First Night - Der Vertrag (German Edition)

First Night - Der Vertrag (German Edition)

Titel: First Night - Der Vertrag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clannon Miller
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heraus. Der Bursche war ein Schlauberger und die Jungfrau des Chefs war vielleicht doch noch nicht entjungfert.
     
    ***
     
    Am Montagmorgen um acht Uhr meldete sich Julia bei Expiron, zum ersten Tag ihres Praktikums. Alleine bis sie die Pförtnerin am Haupteingang passieren durfte, dauerte es fünf Telefonate und brachte ihr hundert kritische Blicke auf ihr Kostüm und ihre Hochsteckfrisur ein. Sie merkte schon, während sie unten am Haupteingang wartete und all die Expiron-Mitarbeiter an ihr vorbeieilten, dass sie hoffnungslos schäbig angezogen war.
    Nachdem sie endlich nach oben gerufen worden war, ins 12. Stockwerk, ging der ganze Papierkram los. Sie erhielt eine Zutrittskarte und musste sich per Unterschrift zur Verschwiegenheit verpflichten. Die Rechtsabteilung war klein gemessen an dem gigantischen Unternehmen, das sie betreute. Es waren drei junge J uristinnen angestellt, eine schöner und schicker als die andere, und ein älterer grauhaariger Abteilungsleiter, der ehemals Richter am Bundesgerichtshof gewesen war. Er war Mitte 50 und sah recht attraktiv aus, war aber auch sehr arrogant. Es gab zwei Sekretärinnen und jetzt noch sie, Julia Dietrich, die Praktikantin mit dem schäbigen C&C-Kostüm.
    Die drei Juristinnen zickten sich auf dramatische Weise an, gerade so, als gäbe es den Preis „größte Zicke der Welt“ zu gewinnen und schon nach einer Stunde in der Abteilung wusste Julia, dass eine der dreien, die Blonde mit den kalten, schmalen Augen, mit dem Chef geschlafen hatte. Eine Stunde später wusste sie, dass es nicht der Chef war, sondern DER Chef.
    Julia durfte sich nicht anmerken lassen, dass sie nicht einmal wusste, wie DER Chef eigentlich hieß. Die beiden Frauen, die gerade bei einer Tasse Kaffee über die dritte abwesende Kollegin lästerten, gingen davon aus, dass jeder Mensch den Konzernchef kannte und alles über ihn aus der Presse wusste, einschließlich seine Kleidergröße und die seiner Ehefrau.
    „Na, diese Schlampe von Ehefrau, die ihn betrogen hat!“, bot die Schwar zhaarige als Info-Happen an.
    „Ines Mahler-Werth!“, fügte die andere, eine makellos gestylte, aber in sgesamt sehr fade Blondine, hinzu. Als ob Julia dieser Name etwas sagen würde. Sie nickte nur und tat so, als wüsste sie genau, wer gemeint sei und was der Konzernschef für ein Schwerenöter war. Eigentlich hätten die beiden auch über irgendeinen Stammesfürsten aus Zentralafrika reden können, das wäre für Julia genauso nichtssagend und belanglos gewesen.
    „Und jetzt ist er solo!“, erläuterte die schwarzhaarige Bohnenstange wi eder. Sie war die Frau mit einem umständlichen Doppelnamen, den Julia sich nicht hatte merken können.
    „Und die Becker hat sich ihm quasi mit gespreizten Beinen in den Weg gelegt“, kam es von der faden Blondine, die sich als „Verena, nur Verena, hihihi!“ vorgestellt ha tte. Julia folgerte daraus, dass die andere blonde Juristin Becker hieß und dass in dieser Abteilung eindeutig ein Haremsproblem herrschte.
    Obwohl sie nicht körperlich arbeiten musste, sondern die ganzen acht Stunden bequem an einem Schreibtisch sitzen konnte und nur irgendwelche alten Akten und Vo rgänge sortieren musste, war sie wie gerädert, als sie um fünf zu Hause eintraf.
    Benni war das genaue Gegenteil, er war aufgedreht wie eine Spieluhr. Er wollte von der Schule erzählen, denn heute war sein erster Tag in der zwe iten Klasse gewesen und die Lehrerin war viel netter und Herr Kühn war zweimal bei ihm gewesen und hatte ihn gefragt, wie es ihm gefallen würde und er soll auch einen Gruß von Herrn Kühn bestellen. Benni fand Herrn Kühn sehr nett und die zweite Klasse war nicht ganz so bescheuert wie die erste und er musste bestimmt gar nicht auf so ein blödes Internat gehen, wenn er einfach nur so tat, als ob er genauso wenig Ahnung von Mathe hätte wie die anderen Kinder in der Klasse.
    Als Benni nach dem Abendessen in der Badewanne saß, rief Julia zum hu ndertsten Mal die Entbindungsstation in Hamburg an. Jedes Mal sagte man ihr etwas anderes. Am Morgen hieß es, Schwester Ingrid hätte erst am Nachmittag Dienst, am Nachmittag hieß es, sie habe Nachtschicht, beim nächsten Anruf hieß es, sie habe Urlaub und als Julia sie jetzt endlich am Apparat hatte, war sie unfreundlich und abweisend. Sie ließ Julia ihre Geschichte noch nicht einmal zu Ende erzählen: Die Frau, die im Juni 2005 aus dem Fenster gesprungen war, der Fremde, der sie zuvor besucht habe. Schwester Ingrid konnte sich

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