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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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ehrlich gesagt, nicht so wahnsinnig auf Überraschungen.«
    »Ah, okay. Also, ich kann auch wieder gehen, wenn es dir lieber ist.« Das ist mein voller Ernst, und irgendwie reicht’s mir wirklich fast. Hör zu, Süße, um zu verschwinden, brauche ich gerade mal eine Sekunde. Ich habe zweitausend Euro in der Tasche, und wenn’s mich juckt, laufe ich vor zur Hauptstraße, schnappe mir zwei Nutten, verlange das volle Programm und überlasse dich deinen wichtigen Verpflichtungen, soweit klar?
    Aber dann geht die Tür auf, und Tiziana steht vor mir in einem lila T-Shirt der Talking Heads. Es sitzt wie eine zweite Haut und geht ihr bis knapp zur Taille, und ich bereue augenblicklich, was ich gerade gedacht habe, und auch, dass ich immer in übelster Weise über die Talking Heads gelästert habe.
    Trotzdem komisch, wie sie es trägt. Es ist auf der einen Seite hochgerutscht, man sieht die nackte Hüfte, und da liegt auch ihre Hand, in einen Verband gewickelt.
    Ich zeige darauf. »Ich glaub’s nicht, du hast es wirklich gemacht!«
    Sie lächelt. »Ist doch der Tag der Phantomhand, oder nicht?«
    »Ja, klar, aber ich hätte nicht … Und wie kommst du damit zurecht?«
    »Schlecht. Ich krieg überhaupt nichts geregelt. Um mir dieses T-Shirt anzuziehen, hab ich zehn Minuten gebraucht. Ach ja, kannst du mir mal eben helfen?«
    Tiziana hebt den Arm und nähert sich mir mit ihrer nackten Hüfte. Ich strecke die Hand aus, mit zwei Fingern versuche ich den Stoff runterzuziehen. Mein Zeigefinger streift ihre Haut, sie fühlt sich glatt und warm an, und ein Gefühl, das ich nicht benennen kann, schießt mir direkt ins Gehirn.
    »Hübsch, dein T-Shirt«, sage ich.
    »Wirklich? Danke, magst du die Talking Heads?«
    »Nein, aber das T-Shirt gefällt mir.«
    »Da bin ich aber froh. Schon weil es so verdammt schwierig war, es anzuziehen. Bei dem Gedanken, mir was zu essen machen zu müssen, wird mir ganz schlecht.«
    Wieder fällt ihr diese Strähne ins Gesicht, und sie hebt schon die Rechte, um sie aus der Stirn zu streifen, doch dann hält sie inne und nimmt die andere Hand.
    »Ich komme ja auch nicht ohne Grund vorbei«, sage ich. »Tut mir leid, wenn ich dich so überfallen habe, aber ich bin hier, um dein Problem zu lösen. Lass uns zusammen essen gehen.«
    »…«
    »Dann brauchst du nicht zu kochen.«
    »Ja, aber so kann ich doch nicht …«
    »Keine Angst, ich bring dich schon nicht ins Fagiano. Such dir ein gutes Restaurant aus. Ruhig auch außerhalb von Muglione. Na ja, wenn es ein gutes sein soll, muss es ja außerhalb von Muglione liegen.«
    »Danke, Fiorenzo, aber ich hab mich wirklich schon drauf eingestellt, heute zu Hause zu bleiben und …«
    »Komm, ich lad dich ein, heute Abend bin ich reich, das musst du ausnutzen.«
    »Ach ja?«
    »Ja, ich hab mit meiner Band geprobt und zweitausend Euro gekriegt.«
    »Die Metal-Band? Ihr kriegt Geld?«
    »Ja, manchmal, bei Konzerten.« Dabei schaue ich ihr fest in die Augen, denn es ist ja nicht wirklich eine Lüge. Es gibt Dinge, die klingen einfach zu gut, und es wäre schade, sie nicht auszusprechen. Ob sie stimmen oder nicht, ist nicht so wichtig.
    »Freut mich für dich, Fiorenzo. Aber heute Abend, wirklich …«
    »Ich will dich nicht bedrängen, Tiziana, aber ich fänd’s wirklich super, ehrlich. Lass uns essen gehen, und du erzählst mir, wie dein Tag mit der Phantomhand gelaufen ist, ja?«
    Stimmt, ich will nicht lockerlassen, dabei kann ich Leute nicht ausstehen, die andere bedrängen. Aber je länger ich bohre, dass sie mitkommen soll, desto mehr habe ich das Gefühl, dass Tiziana gleich zusagt, also mache ich weiter. Allerdings tut sie’s dann doch nicht.
    Vielleicht gehört sie ja zu den Leuten, die sich sonntags am liebsten zu Hause einigeln und gar nichts unternehmen. Sie rackern sich die ganze Woche ab und halten nur durch, weil sie an den Sonntag denken, und wenn dieser Sonntag dann endlich da ist, machen sie – nichts. Ganz schön deprimierend.
    Sollte sich zwischen uns was ergeben, gerate ich womöglich auch in diese Spirale der Tristesse: Sonntags bleiben wir zu Hause und ziehen uns die Nachmittagsshow »Buona Domenica« rein, halten den Showmaster Fiorello für einen großen Künstler und schalten anschließend um zur Formel 1, bis ich im Lärm der im Kreis fahrenden Autos wegdöse. Am Abend wache ich wieder auf und hol uns schnell eine Pizza Margherita, die wir wortlos verspeisen.
    Ja, das ist die Gefahr, der absolute Horror. Ich muss also höllisch

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