Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
all die anderen Tonklumpen sowie die gerahmten Fotos an der Wand und warf sie in den Flur hinaus. Glas schepperte, Ton zerbarst, und B. stöhnte. Ganz zum Schluss warf ich mein Weihnachtsgeschenk, die Augencreme für die Haut ab vierzig, auf den Steinboden.
Sonst noch was?, fragte ich.
B. machte einen Schritt rückwärts in den Scherbenhaufen hinein. Ich werde mir einen Anwalt nehmen, sagte er. Wir sehen uns vor Gericht.
11
»Ich kann nicht einschlafen«, flüsterte Rebecca. Das Wasser der/des Warnow klatschte mit Getöse gegen die Bordwand, der Regen trommelte auf das Deck, und das Boot schaukelte beständig hin und her. Es war saugemütlich.
»Stell dir einfach vor, du seist auf einem Boot«, flüsterte ich zurück und schloss die Augen.
»Das ist es nicht«, flüsterte Rebecca. »Mir ist es zu hell!«
Ich öffnete die Augen wieder. In der Kabine war es stockdunkel. Lediglich das trübe Licht der Laterne am Ufer zauberte einige graue Konturen in den winzigen Raum.
»Du spinnst ja«, sagte ich.
Rebecca schälte sich aus ihrem Schlafsack und knipste das Licht an. »Ich muss was vor die Fenster hängen, sonst werde ich wahnsinnig!«
Fenster! Das war wirklich gut. Wir hatten eine winzige Luke, die in den Niedergang hinausschaute, und ein mikroskopisch kleines Bullauge auf der gegenüberliegenden Seite. Beide waren schon lange nicht mehr geputzt worden. Aber Rebecca schien es ernst zu meinen. Sie zog sich bereits die Schuhe an. »Hilfst du mir?«
»Draußen regnet es«, sagte ich, aber weil Rebecca sonst keine Ruhe geben würde, erhob ich mich grummelnd. Vor das Fenster im Niedergang stellten wir die Holzplatte, die im Salon als Verlängerung der Sitzbank gedacht war. Man konnte nur hoffen, dass sie wetterfest war. Vor das Bullauge an der Bordwand hängten wir ein riesiges Badetuch, das wir mit Wäscheklammern an der Reling befestigten. Der Regen hatte es im Nu so durchnässt, dass es zu schwer war, um vom Wind beiseitegepustet zu werden.
In der Kabine war es jetzt dunkler als in einem Sarg.
»Zufrieden?«, fragte ich. Anstelle einer Antwort verkroch sich Rebecca in ihren Schlafsack und war eine Minute später eingeschlafen.
»Steeeeeeh auf, steh endlich auf.« Das war Marius Müller-Westernhagen. In meinem Traum stand er mit seiner Gitarre in der offenen Kabinentür und lächelte mich aufmunternd an.
Rebecca stieß mich in die Seite. »Das ist unser Weckruf«, sagte sie. »Originell, oder?«
Ich machte die Augen auf. Durch unsere Verdunklungen drang so gut wie kein Tageslicht in die Kabine.
»Wie spät ist es?«
»Steeeeeeh auf«, sang Marius Müller-Westernhagen. »Steh endlich auf!« Die Lautsprecher schienen direkt neben unserer Kabinentür angebracht zu sein.
Stefan steckte den Kopf zu uns herein. »Wach? Rebecca ist heute morgen dran, den Wetterbericht zu hören.«
»Ich?«
»Ja, du bist heute der Navigator und zuständig für Wetterbericht und Logbuch. In einer Minute kommt die Durchsage. Also raus aus den Federn!«
Ich rollte mich erleichtert noch einmal zur Seite, während Rebecca fluchend in den Salon stolperte. Aber an Schlaf war nicht mehr zu denken. Der Gesang war zwar verstummt, aber dafür erscholl nebenan eine näselnde Stimme.
»Skagerrak, West, fünf bis sechs, Schauerböen, gute Sicht; Kattegat, West, fünf, Schauerböen, gute Sicht; Belte und Sund, West, vier bis fünf, Schauerböen, gute Sicht; westliche Ooostsee, West, Südwest, vier abnehmend drei, gute Sicht, südliche Ooostsee …«
»Nicht so schnell«, jammerte meine Schwester dazwischen. »Ich weiß gar nicht, wo wir hier sind. Südliche Ostsee? Südöstliche Ostsee? Belte und Sund?«
Der Sprecher fuhr unbeirrt fort. »Nun die Stationsmeldungen: List, West, vier, sieben Grad, eintausendelf Hektopascal; Holtenau …«
»Nicht so schnell!«, rief Rebecca erneut verzweifelt.
»Der Wetterbericht ist lebenswichtig für einen Segler«, dozierte Stefan. »Himmel Herrschaftszeiten, du sollst Hektopascal doch nicht ausschreiben! Man kürzt es hPa ab!«
Ich kicherte schadenfroh in meinen Schlafsack hinein.
Nach dem Frühstück wollte Stefan, dass ich in meiner Tagesfunktion als Maschinist den Ölstand prüfte.
»Aber gern«, sagte ich fügsam. »Wo ist der Motor?«
Das Ding befand sich hinter einem Türchen neben dem Niedergang und sah genauso aus, wie ich es mir vorgestellt hatte: eine undurchsichtige Ansammlung von all diesen auf so wunderbare Weise miteinander verbundenen Gegenständen wie Keilriemen, Luftfilter,
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