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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mir, als wäre ich erst zehn, wobei er über meinen Kopf hinweg Molly anlächelte. Er steckte voller Geschichten über Rote Korsaren und gefährliche Stürme. Eins seiner Ohrläppchen zierte ein roter Stein, und sein Kinn war von einem flaumigen Bart umgeben. Bis er endlich ging, ließ er sich ausgiebig Zeit, um Kerzen und eine neue Messinglampe auszuwählen.

    »Schließ den Laden für eine Stunde zu«, drängte ich Molly. »Lass uns hinunter zum Strand gehen. Die Luft draußen ist herrlich.«
    Sie schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich bin mit der Arbeit im Rückstand. Ich sollte den ganzen Nachmittag Kerzen ziehen, wenn keine Kunden da sind. Und wenn Kunden da sind, muss ich im Laden sein.«
    Ich war enttäuscht. Vorsichtig forschte ich in ihrem Bewusstsein und stellte fest, dass sie eigentlich gern mitgekommen wäre. »Es wird schon bald dunkel«, versuchte ich sie zu überreden. »Du kannst heute Abend noch Kerzen ziehen. Und deine Kunden werden morgen wiederkommen, wenn sie sehen, dass heute geschlossen ist.«
    Sie kräuselte nachdenklich die Stirn, dann legte sie kurz entschlossen das Knäuel Dochtschnur aus der Hand. »Du hast Recht. Die frische Luft wird mir guttun.« Ihre Lebhaftigkeit, mit der sie nach dem Umhang griff, entzückte Fäustel und überraschte mich. Wir schlossen die Tür zu und gingen.
    Molly schritt wie immer kräftig voraus, und Fäustel umtanzte sie voller Unternehmungslust. Wir plauderten über Belanglosigkeiten. Der Wind zauberte einen Hauch von Rosen auf Mollys Wangen, und die Kälte verlieh ihren Augen einen hellen Glanz. Ich hatte den Eindruck, dass sie mich häufiger und ernster anschaute als sonst.
    Die Stadt war ruhig, auf dem Markt packten die Händler ihre Waren zusammen. Wir gingen zum Strand und wanderten in der Art von Erwachsenen Arm in Arm dort entlang, wo wir noch vor wenigen Jahren wild herumgetobt waren. Sie fragte mich, ob ich denn nicht gelernt hätte, eine Laterne anzuzünden, bevor ich nachts in der Burg herumgeisterte: Ich wusste erst
nicht, was sie meinte, bis mir einfiel, dass ich ihr ja erzählt hatte, ich wäre im Dunkeln eine Treppe hinuntergefallen und daher kämen die blauen Flecken. Dann wollte sie wissen, ob zwischen dem Schulmeister und dem Stallmeister immer noch Kriegszustand herrschte, und so erfuhr ich, dass sich Burrichs und Galens Zweikampf bei den Zeugensteinen bereits herumgesprochen hatte. Ich versicherte ihr, der Zwist sei beigelegt. Wir vertrieben uns die Zeit damit, eine bestimmte Art Seetang zu sammeln, den sie als Zutat für ihr Abendessen haben wollte. Dann suchten wir uns wegen dem starken Wind einen Platz im Schutz einiger Felsen und schauten zu, wie Fäustel zahlreiche Versuche unternahm, die Möwen vom Strand zu jagen.
    »So wie ich gehört habe, hat Prinz Veritas die Absicht, sich zu vermählen«, meinte sie beiläufig.
    »Wie?« Ich glaubte, nicht recht gehört zu haben.
    Sie lachte herzlich. »Neuer, ich kenne niemanden, der so taub für Gerüchte ist wie du es scheinbar bist. Wie kannst du da oben in der Burg wohnen und nicht wissen, was die Spatzen von den Dächern pfeifen? Veritas hat sich bereiterklärt, sich eine Gemahlin zu nehmen, um die Thronfolge zu sichern. Doch es heißt, weil er zu beschäftigt ist, selbst auf Brautschau zu gehen, wird Edel für ihn werben.«
    »O nein!« Meine Verzweiflung war echt. Ich stellte mir Veritas vor, vierschrötig, gutmütig, und an seiner Seite eins von Edels Zuckerpüppchen. Wann immer in der Burg zu einem Fest gerichtet wurde, ob zur Begrüßung des Frühlings, zum winterlichen Lichtfest oder zum Erntetag, strömten sie von Chalced und Farrow und Bearns alle in Kutschen, auf reichgeschmückten Zeltern oder in Sänften herbei. Sie trugen Roben wie Schmetterlingsflügel, pickten im Essen wie Sperlinge
und umschwirrten Edel wie Kolibris. Er saß in der Mitte des Schwarms, herausgeputzt in Samt und Seide, und sonnte sich in der Aufmerksamkeit seiner Verehrerinnen, während sie zwitscherten und mit den Fächern wedelten. »Prinzenhascher«, nannte man sie spöttisch, die hochgeborenen Fräuleins, die sich selbst auf dem Hochzeitsmarkt feilboten, in der Hoffnung, von einem der Prinzen auserwählt zu werden. Ihr Benehmen war nicht wirklich unschicklich, aber, nun ja, vielleicht nur einen kleinen Schritt davon entfernt. Auf mich wirkten sie alle recht verzweifelt, und Edel fand ich wiederum grausam, wenn er jene eine anlächelte und dann die ganze Nacht mit jener anderen tanzte, um nach einem späten

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