Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
dem Brett in Gefahr!«
Schweigen, weil man keine Antwort weiß, ist nicht das Schweigen der Einsicht oder der Kapitulation. Ich starrte Chade finster an, doch er stand unbeeindruckt vor mir und schaute auf mich herab. Unter dem ruhigen Blick seiner grünen Augen verrauchte mein Zorn, und zurück blieb nur Verbitterung. Meine unterschwellige Furcht kam wieder an die Oberfläche, plötzlich erschien mir mein Entschluss als Wahnsinn. Ich hatte nicht die Kraft, mich gegen sie beide zu wenden. Nach einer Weile hörte ich mich verdrossen sagen: »Also gut. In Ordnung. Du und Burrich, ihr habt Recht, wie immer. Ich verspreche, ich werde aufhören zu denken und nur noch gehorchen. Was soll ich tun?«
»Nein.« Im Ton äußerster Entschiedenheit.
»Nein, was?«
Chade schüttelte langsam den Kopf. »Was mir heute überdeutlich klarwurde, ist die Tatsache, dass es verhängnisvoll wäre, weiter auf dich zu bauen. Du wirst keinen Auftrag mehr von mir bekommen. Ich werde dich nie wieder ins Vertrauen ziehen. Diese Zeiten sind vorüber.« Ich konnte die Endgültigkeit in seiner Stimme nicht fassen. Er wandte sich von mir ab und sein Blick schweifte in die Ferne. Als er mit seinen Worten fortfuhr, sprach er nur noch als Chade, nicht mehr als mein Lehrer. »Ich liebe dich, Junge, und daran wird sich nichts ändern. Aber du bist gefährlich! Und was wir versuchen müssen zu tun, ist schon gefährlich genug - auch ohne jemanden, der uns durch seine Eskapaden möglicherweise ins Verderben stürzt.«
»Was habt ihr vor?«, konnte ich mich trotz allem nicht enthalten zu fragen.
Chade sah mir in die Augen, während er langsam den Kopf schüttelte. Fast glaubte ich zu hören, wie das Band zwischen uns zerriss. Plötzlich fühlte ich mich hilflos, ausgesetzt und verlassen. Betäubt verfolgte ich, wie er seinen Packen und Mantel aufhob.
»Es ist dunkel.« Ich wollte nicht, dass wir uns im Bösen trennten. »Und der Weg nach Bocksburg ist lang und beschwerlich, selbst bei Tageslicht. Warte bis zum Morgen.«
»Nein. Du würdest keine Ruhe geben und am Schorf über der Wunde kratzen, bis sie wieder anfängt zu bluten. Es sind schon genug harte Worte gefallen. Es ist besser, wenn ich jetzt gehe.«
Und er ging.
Allein saß ich da und schaute zu, wie das Feuer allmählich niederbrannte. Burrich und Chade, bei beiden war ich zu weit gegangen. Ich hatte mich von ihnen lösen wollen, nicht jedoch ihre Erinnerung an mich und unsere gemeinsame Zeit vergiften. Doch das Geschehene war nicht zu ändern. Dieser Bruch würde sich niemals wieder kitten lassen. Ich stand auf und fing an, meine Habseligkeiten zusammenzusuchen. Es war schnell getan. Ich schnürte alles mit meinem Winterumhang zu einem handlichen Bündel. Dabei versuchte ich mir darüber klarzuwerden, ob ich aus kindischer Gekränktheit handelte oder einem echten Entschluss folgte. Doch machte das überhaupt einen Unterschied? Eine Zeitlang saß ich vor dem Feuer, mein Bündel auf den Knien und wartete. Burrich sollte kommen, damit er meine Zerknirschung sah, damit er wusste, dass ich nicht leichten Herzens fortging. Ich zwang mich, über meine Beweggründe nachzudenken, dann schnürte ich meinen Packen wieder auf, legte die Decke vor den Kamin und streckte mich darauf aus. Seit Burrich mich von den Toten auferweckt hatte, hatte er zwischen mir und der Tür geschlafen, wahrscheinlich, um zu verhindern, dass ich mich heimlich davonstahl. In manchen Nächten hatte ich mich gefühlt, als wäre er das einzige Bollwerk zwischen mir und der Dunkelheit. Jetzt, ohne ihn, war mir selbst in den vier Wänden der Hütte zumute, als läge ich allein auf dem kahlen, wilden Angesicht der Welt.
Du hast immer noch mich.
Ich weiß. Und du hast mich. Ich gab mir Mühe, aber die Botschaft meiner Gedanken war von keinem echten Empfinden begleitet. Ich hatte meine Gefühle verausgabt, und nun war ich leer... und so müde. Und doch gab es noch viel zu tun.
Der graue Mann spricht mit Rudelherz. Soll ich sie belauschen?
Nein. Ihre Worte gehören ihnen. Es machte mich eifersüchtig zu erfahren, dass sie zusammen waren, und ich war allein. Gleichzeitig schöpfte ich neue Hoffnung. Vielleicht konnte Burrich Chade überreden, zurückzukommen und bis zum Morgen zu bleiben. Vielleicht konnte Chade das Gift verdünnen, das ich gegen Burrich verspritzt hatte. Ich starrte in die Flammen. Auch mein ärgster Feind konnte keine schlechtere Meinung von mir haben als ich selbst.
In jeder Nacht gibt es eine tote Stunde,
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