Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
Finger.« Er zog die Knie an und schlang die Arme darum. »Ich bin durchgefroren bis ins Mark. Durchgefroren und müde. Aber ich halte das durch.«
Als ich den Blick hob, sah ich das wissende Lächeln auf Merles Gesicht. Und wie mich das ärgerte! »Ich habe Elfenrinde in meinem Packen«, sagte ich zu dem Narren. »Sie spendet sowohl Wärme als auch Kraft.«
»Elfenrinde.« Kettricken verzog angewidert das Gesicht, doch nach kurzem Überlegen meinte sie mit plötzlicher Lebhaftigkeit: »Genaugenommen ist das gar kein schlechter Einfall. Ja. Elfenrindentee.«
Als ich das Päckchen mit der Droge aus meinem Bündel nahm, riss Krähe es mir aus der Hand, als könnte ich mich daran schneiden. Vor sich hinmurmelnd, gab sie kleine Mengen in die für uns bestimmten Becher. »Ich habe gesehen, wie verschwenderisch du damit umgehst«, sagte sie tadelnd zu mir und goss eigenhändig das kochende Wasser auf. In den Tee, den sie für Kettricken, Merle und sich selbst aufbrühte, tat sie dagegen nichts von der Rinde.
Ich nippte an dem dampfenden Gebräu, spürte erst den bitteren Geschmack auf der Zunge und dann die Wärme in meinem Bauch, die sich von dort langsam und befreiend in meinem ganzen Körper ausbreitete. Ich beobachtete den Narren und sah, wie seine verkrampfte Haltung sich löste und ein Funkeln in seine Augen trat.
Kettricken hatte die Karte auf den Knien liegen und studierte sie mit gerunzelter Stirn. »FitzChivalric, ich möchte, dass du dir etwas ansiehst«, sagte sie plötzlich. Ich schob mich um das Glutbecken herum und auf den Platz neben ihr.
Sie tippte mit dem Finger auf die erste Gabelung der Straße. »Veritas sagte, er wolle zu allen drei Punkten gehen, die auf der Karte verzeichnet sind. Ich glaube, als diese Karte angefertigt wurde, existierte die Straße noch, der du heute Abend beinahe gefolgt wärst. Jetzt gibt es sie nicht mehr, schon seit geraumer Zeit nicht.« Ihre blauen Augen forschten in meinem Gesicht. »Was denkst du, hat Veritas getan, als er hier ankam und sah, was sich ereignet hatte?«
Ich überlegte einen Augenblick. »Er ist ein nüchtern denkender Mann. Dieser andere, zweite Punkt scheint nicht mehr als drei oder vier Tage von hier entfernt zu sein. Wie ich ihn kenne, wird er sein Glück zuerst dort versuchen. Und der dritte Punkt ist, hm, vielleicht weitere sieben Tagesmärsche entfernt. Er dürfte sich überlegt haben, dass es klüger wäre, erst an diesen beiden Orten zu suchen. Dann, falls dort keine Spur der Uralten zu finden ist, kann er immer noch umkehren und versuchen, von hier einen Weg ins Tal zu finden, hinunter zu... was immer dort sein mag.«
Kettricken runzelte die Stirn. Ich musste erneut daran denken, wie glatt und weiß diese Stirn gewesen war, als sie damals als junge Braut in Bocksburg eingezogen war. Nun hatten Kummer und Sorgen Spuren in ihr Gesicht gegraben. »Er ist seit langem fort, mein Gemahl, doch wir haben nicht sehr lange gebraucht, um bis hierherzukommen. Vielleicht ist er noch nicht wieder zurückgekehrt, weil er dort unten ist. Weil er so lange gebraucht hat, um einen gangbaren Weg nach unten zu finden.«
»Vielleicht«, gab ich zu. »Doch bedenkt, dass wir gut ausgerüstet und zu mehreren sind. Nach allem, was wir wissen, musste er sich allein durchschlagen und hatte wahrscheinlich nur wenig Proviant bei sich.« Ich behielt dabei für mich, dass Veritas, so wie ich glaubte, aus jenem letzten Gefecht eine Verwundung davongetragen hatte. Weshalb Kettrickens Leid noch vergrößern? Dann fühlte ich, wie ein Teil von mir gegen meinen Willen zu Veritas hinausgriff. Ich schloss die Augen und zog mich hinter meine Mauern zurück. Hatte ich mir das nur eingebildet? Hatte ich gerade wirklich den allzu vertrauten Hauch einer böswilligen Macht verspürt? Ich verstärkte die Schutzwehren.
»... uns teilen?«
»Ich bitte um Vergebung, Majestät«, entschuldigte ich mich demütig für meine Unaufmerksamkeit.
Ich konnte nicht sagen, ob ihr Blick Unmut ausdrückte oder Furcht. Sie nahm meine Hand und hielt sie fest. »Hör mir zu«, befahl sie. »Ich sagte gerade, morgen werden wir einen Weg nach unten suchen. Wenn sich ein vielversprechender Weg auftut, dann versuchen wir den Abstieg. Doch ich denke, wir sollten für diese Suche nicht mehr als drei Tage veranschlagen. Finden wir nichts, setzen wir unseren Weg fort. Als Alternative bietet sich an, dass wir uns teilen und...«
»Das halte ich für keinen guten Einfall«, warf ich hastig
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