Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
ihnen auf umzukehren. Ich prägte ihnen meinen eigenen Gabenbefehl ein, um sie vor jedem anderen zu schützen.« Dies war ungefähr die einzige Frage, die er wirklich beantwortete. Von den weiteren Fragen, die ich ihm stellte, zog er es vor, die meisten zu überhören, und die Antworten, die er sich noch entlocken ließ, waren entweder zusammenhanglos oder ausweichend. Also gab ich schließlich auf, und unversehens war ich es, der ihm Bericht erstattete - ganz wie früher. Ich begann mit dem Tag, an dem ich ihn hatte wegreiten sehen. Vieles von dem, was ich ihm erzählte, wusste er wahrscheinlich bereits, aber ich wiederholte es trotzdem. Falls sein Geist verwirrt war, wie ich befürchtete, half meine Erzählung vielleicht, seine Erinnerung aufzufrischen und ihm einen Halt in der Wirklichkeit zu geben. War sein Verstand aber so klar und scharf wie eh und je, dann konnte es nicht schaden, die Ereignisse in chronologischer Reihenfolge und ausführlich vor ihm auszubreiten. Ich wusste keinen anderen Weg, ihn zu erreichen.
    Mein zweiter Beweggrund war, ihm klarzumachen, was wir alles ausgestanden hatten, um zu ihm zu gelangen. Außerdem wollte ich ihm vor Augen führen, was in seinem Königreich vor sich ging, während er hier mit seinem Drachen die Zeit verplemperte. Möglicherweise hegte ich die Hoffnung, etwas von seinem früheren Verantwortungsbewusstsein zu wecken. Veritas hörte mir ohne sichtbare Regung zu. Nur manchmal nickte er bedächtig, als fände er eine geheime Befürchtung bestätigt. Und während der ganzen Zeit kratzte und scharrte die Schwertspitze über den schwarzen Stein, bis ich die Hände hinter dem Rücken verschränken musste, um nichts Unbedachtes zu tun.
    Es war fast dunkel, als ich hörte, wie sich uns Schritte näherten. Ich unterbrach den Bericht von meinen Abenteuern in der Ruinenstadt und drehte mich herum.
    »Ich bringe euch beiden heißen Tee«, sagte Krähe.
    »Vielen Dank.« Ich nahm ihr meinen Becher ab. Veritas jedoch hob nur den Blick, ohne seine Arbeit zu unterbrechen.
    Krähe hielt ihm den Becher hin, den er aber offenbar nicht entgegennehmen wollte. Nach einer Weile fragte sie mit sanfter Stimme: »Was tut Ihr da?«
    Das Kratzen verstummte. Er schaute sie an, dann mich, wie um sich zu vergewissern, ob ich diese unglaublich dumme Frage gehört hatte. Dass ich seinen Blick erwiderte, als wäre ich ebenfalls auf eine Antwort gespannt, schien ihn maßlos zu erstaunen. Er räusperte sich. »Ich erschaffe einen Drachen.«
    »Mit Eurem Schwert?« Krähes Stimme verriet Neugier, sonst nichts.
    »Nur die groben Umrisse«, erklärte er. »Für die feineren Arbeiten nehme ich mein Messer. Und für die Einzelheiten Finger und Nägel.« Er ließ den Blick liebevoll über die gewaltige Skulptur wandern. »Ich würde gerne sagen können, dass er fast vollendet ist«, meinte er unsicher. »Aber wie darf ich das behaupten, wenn noch so viel zu tun bleibt? So viel mehr zu tun... und ich fürchte, alles wird zu spät sein. Wenn es nicht schon jetzt zu spät ist.«
    »Zu spät wofür?«, fragte ich ihn im selben behutsamen Tonfall wie Krähe.
    »Nun, um das Volk der Sechs Provinzen zu retten.« Er betrachtete mich, als hätte er es mit einem Dummkopf zu tun. »Aus welchem Grund sollte ich sonst all diese Mühen auf mich nehmen? Weshalb sonst hätte ich mein Land und meine Königin verlassen sollen?«
    Ich bemühte mich zu begreifen, was er da sagte; aber ehe ich mich’s versah, war mir die Frage entschlüpft, die mich schon die ganze Zeit beschäftigte: »Ihr meint, dass Ihr diesen ganzen Drachen aus dem Stein gehauen habt?«
    Veritas überlegte. »Nein, selbstverständlich nicht.« Doch gerade als ich aufatmen wollte, weil er doch nicht vollkommen den Verstand verloren hatte, fügte er hinzu: »Er ist noch nicht fertig.« Wieder ließ er die Augen über den Drachen gleiten. Ein liebevoller Stolz lag in seinem Blick, so wie er ihn einst für seine schönsten Landkarten empfunden hatte. »Doch allein so weit zu kommen hat lange gedauert. Sehr, sehr lange.«
    »Wollt Ihr nicht Euren Tee trinken, solange er heiß ist, Majestät?«, fragte Krähe und hielt ihm noch einmal auffordernd den Becher hin.
    Veritas schaute darauf, als wäre es ein ganz und gar fremdartiges Ding in ihrer Hand; doch schließlich nahm er ihn behutsam entgegen. »Tee. Ich weiß schon gar nicht mehr, was das ist. Doch nicht Elfenrinde, oder? Gütige Eda, wie ich das bittere Zeug verabscheut habe!«
    Krähe war es sichtlich

Weitere Kostenlose Bücher