Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
das, - es war jedoch eine alte Finte Veritas’. Dessen Klinge fuhr gleich darauf auf den Arm des Gegners nieder, um ihm die Hand abzutrennen, doch die stumpf gewordene Schneide drang nicht durch den Knochen. Der Mann ließ sein Schwert fallen, sank auf die Knie und umklammerte den heftig blutenden Arm. Darauf holte Veritas erneut mit seiner Klinge aus und schlitzte ihm die Kehle auf. Ich spürte ein zweites Erzittern durch die Gabe. Der letzte überlebende Soldat stürmte zwischen den Bäumen hindurch auf uns zu. Seine Augen hefteten sich auf Veritas’ Gesicht, und er schrie vor Entsetzen auf; dann blieb er stehen, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Veritas trat einen Schritt auf ihn zu.
»Mein König, es ist genug! Lasst uns gehen!«, rief ich. Ich wollte nicht, dass er ein weiteres Mal für mich sein Leben aufs Spiel setzte.
Doch Veritas senkte darauf nur den Blick auf sein Schwert. Er runzelte die Stirn. Plötzlich umfasste er die Klinge dicht unter dem Heft und zog sie durch seine silberne Hand. Mir blieb der Atem stehen. Das Schwert, das er nun prüfend durch die Luft schwang, ähnelte wieder der Waffe, die Meisterin Hod ihm seinerzeit feierlich überreicht hatte. Sogar im Fackelschein sah ich das vielfache stählerne Schimmern der makellosen Klinge. Der König schaute mich an. »Ich hätte wissen müssen, dass ich das tun kann.« Fast lächelte er; dann richtete er den Blick auf den wie erstarrt dastehenden jungen Soldaten. »Wenn du bereit bist«, sagte Veritas ruhig.
Was nun folgte, erschütterte mich.
Der Soldat fiel auf die Knie und warf seine Waffe vor sich ins Gras. »Mein König, ich kenne Euch, auch wenn Ihr mich nicht kennt.« Die Worte kamen ihm ohne weiteres über die Lippen, und der bock’sche Akzent war nicht zu überhören. »Majestät, man hat uns gesagt, Ihr wärt tot. Tot, weil Eure Gemahlin und der Bastard sich gegen Euch verschworen hätten. Sie, die Verräter, sollten wir hier finden. Euren Tod zu rächen, das war mit ein Grund, weshalb ich hergekommen bin. In Bock habe ich Euch gut gedient, Majestät, und wenn Ihr wirklich noch am Leben seid, dann bin ich Euch immer noch ergeben.«
Veritas musterte im flackernden Fackelschein das Gesicht des Mannes. »Du bist Finne, nicht wahr? Zänkers Sohn?«
Der junge Mann staunte, dass Veritas sich seiner erinnerte. »Pinne, Majestät. Im Dienst des Königs wie mein Vater vor mir.« Seine dunklen Augen hingen wie gebannt an der Spitze der Schwertklinge, die Veritas auf ihn gerichtet hielt.
Veritas senkte die Waffe. »Sprichst du die Wahrheit, Bursche? Oder versuchst du nur, deine Haut zu retten?«
Pinne blickte zu Veritas auf und wagte ein scheues Lächeln. »Ich habe keinen Grund, mich zu fürchten. Der Prinz, dem ich diente, hätte niemals einen vor ihm knienden, waffenlosen Mann gemordet, und ich denke, was der Prinz nicht tat, wird auch der König nicht tun.«
Vielleicht waren das genau die Worte, die Veritas überzeugten. Trotz seiner Erschöpfung lächelte er. »Dann geh deiner Wege, Pinne. Aber vor allem geh schnell und heimlich, denn sie, die dich benutzt haben, werden dich töten, wenn sie entdecken, dass du mir ergeben bist. Kehre nach Bock zurück, und auf dem Weg dorthin und auch zu Hause verkünde allen, dass ich wiederkommen werde. Verkünde, dass meine geliebte und treue Gemahlin bei mir sein wird, um zu meiner Rechten auf dem Thron zu sitzen, und dass meine Erben mir nachfolgen werden. Und wenn du in Bocksburg eintriffst, melde dich bei der Witwe meines Bruders. Sage Prinzessin Philia, dass ich dich in ihren Dienst empfehle.«
»Ich höre und gehorche, Majestät. - Majestät?«
»Was noch?«
»Verstärkung ist auf dem Weg. Wir sind nur die Vorhut...« Er hielt inne und schluckte. »Ich beschuldige niemanden des Hochverrats, am wenigsten Euren Bruder, aber...«
»Das soll nicht deine Sorge sein, Pinne. Nur mein Auftrag an dich ist mir wichtig. Nun beeile dich und hüte dich davor, unterwegs in irgendwelchen Streit zu geraten, auch nicht um deines Königs willen. Und verkünde vor allem die Botschaft, wie ich es dir gesagt habe.«
»Ja, Majestät.«
»Dann erhebe dich nun und geh.«
Pinne erhob sich, nahm sein Schwert, steckte es in die Scheide und verschwand in der Dunkelheit.
Dann drehte Veritas sich zu mir herum. Seine Augen leuchteten triumphierend. »Es wird gelingen«, sagte er mit gelassener Überzeugung und deutete auffordernd auf den Pfeiler. Ich schlug mit der flachen Hand auf das Symbol und stolperte
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