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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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daran gab es eigentlich nichts zu zweifeln, denn ich kannte ihn ja. »Nun, Entfremdete oder Farrowpatrouillen, ich werde mich jetzt trotzdem auf den Weg machen.« Ich trank meinen Krug leer und stellte ihn hin.
    »Warum willst du nicht wenigstens bis zum Morgen warten, Junge, und dann mit uns reisen?«, schlug Josh aus heiterem Himmel vor. »Auch tagsüber geht es sich angenehm, denn vom Fluss her weht immer eine kühle Brise. Und zu vieren ist man heutzutage sicherer als zu dreien.«
    Warum war es nur so viel schwerer, sich gegen Freundlichkeit zu behaupten als gegen Zwang? »Ich weiß dein Angebot zu schätzen...«, begann ich, aber Josh fiel mir ins Wort.
    »Danke mir nicht, denn es war kein Angebot, sondern eine Bitte. Ich bin blind oder nahezu blind, wie du sicher bemerkt hast. Ebenso wenig wird dir entgangen sein, dass meine Begleiterinnen ansehnliche junge Frauen sind, obwohl ich vermute, nach Immes Sticheleien zu urteilen, dass du Melisma häufiger angelächelt hast als sie.«
    »Vater!«, was ein empörter Ausruf von Imme war, den Josh allerdings nur mit einer Handbewegung abtat.
    »Ich biete dir nicht den Schutz unserer Gruppe an, sondern bitte dich, bei uns zu bleiben und uns zu helfen. Wir sind nicht reich, wir haben kein Geld, um uns Beschützer anzuheuern, und doch müssen wir trotz aller Gefahren reisen, um unser Brot zu verdienen.«
    Joshs getrübte Augen suchten die meinen. Imme schaute mit zusammengepressten Lippen zur Seite, während Melisma mich offen und mit flehentlichem Blick ansah. Ich starrte auf die Tischplatte. »Mir liegt das Kämpfen nicht«, bekannte ich unverhohlen.
    »Wenigstens kannst du deinen Gegner sehen«, beharrte Josh. »Und gewiss erkennst du eine Gefahr früher als ich. Du willst in dieselbe Richtung wie wir. Wäre es für dich eine solche Zumutung, eine Zeitlang bei Tag zu wandern statt bei Nacht?«
    »Vater, du sollst dich nicht vor ihm demütigen!«, schimpfte Imme.
    »Lieber demütige ich mich vor ihm, als dass ich vor Entfremdeten auf den Knien liegen muss, damit sie euch verschonen!«, wies er sie zurecht. An mich gewandt, fügte er hinzu: »Wir hatten vor ein paar Wochen einen Zusammenstoß mit Entfremdeten. Die Mädchen waren klug genug, auf mich zu hören und davonzulaufen, als ich nicht mehr weiterkonnte. Aber sie haben uns unseren Proviant weggenommen, sie haben meine Harfe beschädigt und...«
    »Und sie haben ihn geschlagen«, sagte Imme hart. »Deshalb haben wir uns geschworen, Melisma und ich, dass wir das nächste Mal nicht vor ihnen weglaufen werden, ganz gleich, wie viele es sind. Nicht, wenn wir Vater allein lassen müssen.« Da war keine Spur mehr von Koketterie oder Spott in ihrer Stimme; ich wusste, sie meinte es ernst.
    Ich werde aufgehalten, dachte ich schicksalsergeben zu Nachtauge. Warte auf mich, halte nach mir Ausschau, folge mir ungesehen.
    »Also gut, ich werde euch begleiten«, gab ich nach. (Was konnte ich anderes tun?) »Obwohl ich als Kämpfer nicht viel tauge.«
    »Als ob man ihm das nicht am Gesicht ablesen könnte«, bemerkte Imme halblaut zu Melisma. Ihre Stimme hatte nun wieder den spöttischen Ton von vorher angenommen, aber ich bezweifelte, dass sie wusste, wie tief ihre Worte mich trafen.
    »Mein Dank ist alles, womit ich dich entlohnen kann, Cob.« Josh streckte die Hände über den Tisch, ich griff danach, und wir besiegelten unsere Abmachung nach alter Sitte. Er lächelte, als wäre ihm ein Stein vom Herzen gefallen. »Also nimm meinen Dank und einen Anteil an allem, was uns fahrenden Musikanten zuteilwird. Eine Kammer können wir uns nicht leisten, aber der Wirt lässt uns in seiner Scheune übernachten. Es ist nicht wie früher, als ein fahrender Musikant überall eine Mahlzeit und ein Nachtlager bekam, doch wenigstens haben wir in der Scheune ein Tor zwischen uns und der Nacht. Und der Wirt hat ein gutes Herz, er wird sich nicht kleinlich zeigen, wenn ich ihm sage, dass du als Leibwächter mit uns reist.«
    »Es wird ein besseres Nachtlager sein, als ich seit langem hatte«, sagte ich höflich, um ihn nicht vor den Kopf zu stoßen. Mir war, als hätte ich mir eben selbst eine Schlinge um den Hals gelegt.
    In was bist du jetzt wieder hineingeraten?, wunderte sich Nachtauge. Ich fragte mich genau dasselbe.

KAPITEL 5
    KONFRONTATIONEN
    W as hat man sich unter der Alten Macht vorzustellen? Manche würden sagen, es ist eine Perversion, eine widernatürliche Geistesschwäche, die einem Menschen einen tiefen Einblick in das Leben und

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