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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Gefühl hatte, beobachtet zu werden. Ich kauerte in meiner Zelle, machte mich so klein wie möglich und wagte kaum zu atmen. Die Augen hatte ich fest zusammengekniffen, in dem Kinderglauben: Wenn ich nichts sehen kann, kann auch mich niemand sehen. Aber ich konnte den suchenden Blick fühlen, ich spürte Will, der nach mir Ausschau hielt. Als wäre ich unter einer Decke verborgen, über die seine Hände tasteten, so nahe war er mir. Die Angst war so übermächtig, dass sie mir die Brust zusammenschnürte. Ich konnte nicht atmen, ich konnte mich nicht bewegen. Von Panik erfüllt, schlüpfte ich aus mir hinaus und seitwärts hinein in die Furcht und in den Alptraum eines anderen.
    Ich kauerte hinter einem Fass mit Salzheringen in der Tandlerei von Meister Fragner. Draußen zerrissen lodernde Flammen und die Schreie der Gefangenen und Sterbenden die Nacht. Ich wusste, es war dumm, hier weiter auszuharren. Die Korsaren von den Roten Schiffen würden den Laden plündern und in Brand stecken. Doch ich wusste keinen besseren Ort, um mich zu verkriechen, und ich war erst elf Jahre alt, und meine Beine zitterten so sehr, dass ich bestimmt nicht aufstehen konnte und erst recht nicht weglaufen. Irgendwo dort draußen war Meister Fragner. Als die ersten Alarmrufe zu hören waren, hatte er sein altes Schwert von der Wand gerissen und war aus der Tür gestürmt. »Pass auf den Laden auf, Chad!«, hatte er über die Schulter gerufen, als ginge er nur eben auf einen Schwatz nach nebenan zum Bäcker. Anfangs war ich seinem Befehl gerne gefolgt. Der Tumult war weit entfernt, unten am Hafen, und in den festen Mauern fühlte ich mich sicher.
    Aber das war vor einer Stunde gewesen. Jetzt trug der Wind vom Hafen Brandgeruch heran, und statt dunkler Nacht herrschte ein bedrohliches, brandlichternes Zwielicht. Die Flammen und die Schreie kamen immer näher. Und Meister Fragner war nicht zurückgekehrt.
    Lauf weg, drängte ich den Jungen, in dessen Körper ich mich verbarg. Lauf weg, lauf so weit und so schnell du kannst. Rette dich. Er hörte mich nicht.
    Ich kroch zur Tür, die Meister Fragner sperrangelweit hinter sich offengelassen hatte. Ich spähte hinaus. Auf der Gasse lief ein Mann vorbei, und ich zuckte zurück, doch vermutlich war er einer aus unserem Dorf, kein Freibeuter, denn man konnte sehen, wie ihm die Angst im Nacken saß. Mein Mund war trocken, ich zog mich am Türpfosten in die Höhe und schaute auf den Ort und den Hafen hinunter. Das halbe Dorf stand in Flammen, Qualm und fliegende Asche verdüsterten die milde Sommernacht. Die Schiffe im Hafen brannten wie Fackeln. Im Feuerschein sah ich vorüberhuschende Gestalten, Flüchtende und ihre Verfolger.
    Jemand bog um die Ecke der Töpferwerkstatt am Ende der Gasse. Er trug eine Laterne und ging so gemächlich, dass ich erleichtert aufatmete. Seine Sorglosigkeit konnte doch nur bedeuten, dass es nicht allzu schlecht um uns stand. Zaghaft hob ich den Fuß, um einen Schritt nach draußen zu tun; aber als der Mann stehen blieb und wie selbstverständlich die Laterne gegen die hölzerne Hauswand schleuderte, erstarrte ich. Das Glas zerbrach; das umherspritzende Petroleum entzündete sich, und schon leckten Flammen an dem zundertrockenen Holz empor. Ich wich vor der verräterischen Helligkeit des lodernden Feuers zurück ins Halbdunkel der Tandlerei. Meine einzige Hoffnung war die Flucht. Es war sinnlos, sich vor den Korsaren verstecken zu wollen, und ich hatte schon viel zu lange gezögert. Vom Mut der Verzweiflung beflügelt, stürmte ich aus der Tür und in die schmale Gasse zwischen der Tandlerei und der Backstube.
    Für einen Augenblick war ich mir meiner als Fitz bewusst. Ich glaube nicht, dass der Junge meine Anwesenheit spüren konnte. Nicht ich hatte mich seiner bemächtigt, sondern er selbst griff nach mir, mit seiner eigenen, unbewussten, rudimentären Veranlagung für die Gabe. Ich war nicht in der Lage, seinen Körper zu beherrschen, aber ich lenkte sein Bewusstsein und teilte seine Erfahrungen. Doch mir blieb keine Zeit herauszufinden, wie ich dieses Kunststück vollbracht hatte oder aus welchem Grund ich so überraschend in das Leben eines völlig fremden Menschen hineingestoßen worden war, denn gerade als Chad in den Schutz der dunklen Seitengasse eintauchen wollte, wurde er von einer groben Hand am Kragen zurückgerissen. Gelähmt vor Entsetzen starrte er - starrten wir - in das bärtige, höhnische Gesicht eines Korsaren, der uns am Kragen hielt. Ein zweiter

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