FKK im Streichelzoo - Roman
Neonlicht der Toilettenbeleuchtung springt mir eine feuerrote Kuppe entgegen. Meine Eichel sieht aus, als hätte man die erste Hautschicht von ihr abgezogen. Anstelle einer glatten, gut durchbluteten Oberfläche entdecke ich Dutzende roter Pickelchen, von denen manche kleine weiße Punkte haben. Einige sind bereits aufgeplatzt und sondern eine gelblich weiße, streng riechende Flüssigkeit ab. Das sieht nicht gesund aus.
Berufsrisiko, denke ich und fange an zu weinen.
7
Gelingt es dem Männchen nicht, sich während des Akts auf dem Rücken der Gottesanbeterinnen-Heuschrecke festzuhalten, beißt sie ihm mit ihren scharfen Mundwerkzeugen den Kopf ab. Da die so durchgetrennten Nervenbahnen keinen Kopulationsstopp auslösen, hat das Weibchen nun beides: eine leckere Zwischenmahlzeit und eine Befruchtung.
Über den Anmeldetresen hinweg entfaltet sich der mir so vertraute Geruch von Desinfektionsmitteln. Ein hübsches Gesicht mit stark geschminkten Lidern inklusive dickem Amy-Winehouse-Lidstrich und mit einem braunen Wuschelkopf sieht zu mir auf und strahlt mich an. Angela, die Arzthelferin meines Vertrauens. Sie ist ein interessanter Typ und ziemlich niedlich – abgesehen davon, dass sie immer so aussieht, als wäre sie gerade in einen Koffer mit Buntstiften gefallen. Ihr grelles Make-up und die hochtoupierten Haare verleihen ihr die Anmut eines Sechzigerjahre-Drogen-Starlets.
»Hallo, Quentin.« Sie grinst über die Theke hinweg. »Schön, dich mal wieder zu sehen.«
Unwillkürlich grinse ich zurück. Es tut gut zu spüren, dass es Orte gibt, an denen man willkommen ist. Würde ich mich doch überall so gut umsorgt fühlen wie bei meinem Urologen.
»Lass mich raten«, sagt sie. »Du warst ohnehin gerade in der Gegend und dachtest, du bringst deiner Lieblingsarzthelferin einfach mal einen Strauß Blumen vorbei, stimmt’s?«
»Haargenau … bis auf die Sache mit den Blumen und dem zufällig in der Gegend sein.«
Sie beglückt mich noch immer mit ihrem entwaffnenden Lächeln, in dem ich mich verlieren kann wie in Pans Labyrinth. Der kleine Brilli, der auf ihrem linken Eckzahn klebt, glitzert aufreizend.
Wie gesagt, Angela ist süß und ein echter Blickfang. Dennoch käme mir nie in den Sinn, sie ernsthaft anzuflirten. Es ist eher so ein James-Bond-Miss-Moneypenny-Verhältnis, bei dem die Rollenverteilung jedoch noch nicht so ganz ausdefiniert ist.
»Und, wo brennt’s denn diesmal?« Sie kaut leidenschaftlich auf einem knatschgrünen Kaugummi herum.
»Ja, ähm …«, druckse ich herum. Das diesmal nehme ich ihr krumm. Zum Glück weiß sie nicht, wie sehr sie mit ihrem ›brennt’s‹ ins Schwarze trifft. »Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich das lieber mit deinem Chef besprechen. Ist er da?«
»Natürlich ist er da. Sonst wäre ich ja nicht hier, du Dummerchen. Hast’n Termin?«
»Wärst du dann nicht die Erste, die das wüsste?«, kontere ich und entsende ein hoffentlich sehr charmantes Lächeln über den Tresen.
Sie macht eine ausladende Geste über ihren wüst aussehenden Schreibtisch, auf dem ein buntes Post-it das nächste überdeckt. »Sieht das hier so aus, als wüsste ich alle Termine auswendig?«
Nein, tut es nicht.
»Du hast aber recht. Dass du keinen Termin hast, das weiß ich. Und sorry, Quentin, ich muss dich enttäuschen: Das Wartezimmer ist proppenvoll. Gewöhn dir mal an, dich vorher anzumelden. Ich kann dich nicht jedes Mal vorbeimogeln. Vor allem nicht am Montagmorgen.«
»Angela, du bist meine letzte Rettung! Es ist wirklich ein Notfall«, sage ich mit treuherzigem Dackelblick und flehender Stimme.
Augenblicklich schieben sich ihre Mundwinkel wieder nach oben. »Moment, ich schau mal, ob ich noch was machen kann.«
»Ja, bitte, tu das«, sage ich und reibe mich so unauffällig wie möglich an der Kante der Rezeption.
Mittels eines kompliziert aussehenden Terminplaners, der gleichzeitig die Funktion einer Schreibtischunterlage innehat, checkt sie die Sprechstundentermine. Dann blickt sie mit einem gekonnten Aufschlag ihrer blauen Augen auf: »Der Kalender von Doktor Ziller ist bis oben hin dicht. Steckt gerade mit beiden Händen in ’ner Prostata. Danach hat er ’ne Blasenspiegelung, zwei Vasektomien, ’ne Beschneidung, jede Menge Ejakulatanalysen …« Sie zeigt auf eine Reihe kleiner Döschen mit weiß-flüssigem Inhalt neben der Schreibtischunterlage.
»Ich hab verstanden«, bremse ich ihren Redefluss. »Er ist bis oben hin dicht.«
»Aber du kannst ja zu unserer
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