FKK im Streichelzoo - Roman
angesprochen zu werden.
»Also, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe einen Bärenhunger. Sollen wir was essen gehen?«
Melanie nickt, und wenige Minuten später sitzen wir in einem Chinarestaurant, dessen Glasfassade mit asiatischen Ornamenten und Schriftzeichen zugeklebt ist. Kitschige Drachen mitbunten Schuppen und langen Schweifen beobachten uns bei der Bestellung. Sie wählt B13, ich K37.
»Ich kann es nicht glauben, mit dir hier zu sitzen«, merkt Melanie an, während wir auf unser Essen warten.
»Frag mich mal!«
»Nach unserem ersten Treffen hätte ich dir alles zugetraut, aber niemals das.« Sie hält kurz inne und lässt den Kellner Tee einschenken.
»Ich mag deinen Schreibstil«, lobt sie mich dann.
»Danke.«
»Im Ernst, so tiefgründig wirkst du gar nicht.«
»Noch mal: danke.« Auch wenn ich den Subtext des Kompliments nicht ganz ignorieren kann.
Ihr Essen wird als Erstes serviert. Ein zufriedenes Grinsen schummelt sich auf ihre Lippen, während sie einen Bissen von ihrer gedünsteten Gemüsebeilage zu sich nimmt. Dann endlich bringt der kleine Chinese auch mein Essen. Ein riesiger ovaler Porzellanteller mit einem Bett aus Duftreis, auf dem gleichmäßig geschnittene Scheiben Entenfleisch mit dicker Speckschwarte und knuspriger Panade drapiert sind. Allein bei dem Anblick läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Erst jetzt wird mir bewusst, wie hungrig ich bin.
Ich schütte die süßsaure Soße darüber, die mir der Kellner in einer Sauciere vor die Nase gestellt hat, und beschließe, direkt vom großen Teller zu essen. Gerade, als ich den ersten Happen zu mir nehmen will, spüre ich Melanies intensiven Blick auf mir ruhen.
»Was?«, frage ich impulsiv.
»Das willst du doch nicht wirklich essen?«, fragt sie zurück. Aus ihrem Mund aber klingt das nicht wirklich nach einer Frage. Dafür ist der Tonfall zu fordernd und auch ein wenig zu entsetzt.
»Na ja«, setze ich langsam an und schlucke den überproduzierten Speichel in meinem Mund mühsam herunter. Wenigstens etwas, das in meinem Magen landet, bevor ich in die Tischkante beiße.
»Deshalb hab ich es doch bestellt. Um es zu essen.«
»Das ist Ente!«
Ich bin gleichermaßen überrascht wie erschrocken über die Schärfe in ihrer Stimme.
»Ja-ha«, bestätige ich vorsichtig. »K37, Peking-Ente süßsauer. Die Spezialität des Lucky Ducky .«
»Des was ?«
Ich greife nach der Speisekarte und tippe energisch auf das Logo mit dem lächelnden Entenschnabel.
»Wir essen in einem Restaurant, das Lucky Ducky heißt?«, fragt Melanie entsetzt.
Ich nicke. »Ist doch ein lustiger Name. Was ist denn daran so schlimm?«
»SCHLIMM?«, fragt sie scharf. »Es ist respektlos dem Tier gegenüber. Lucky Ducky. « Sie stößt die Worte derart böse aus, dass man sie in Flaschen füllen und für den nächsten großen Krieg als Giftgas an der Front einsetzen könnte. »Da kannst du ja gleich eine Metzgerei Zum gut gelaunten ausblutenden Schwein nennen.«
»Jetzt übertreibst du aber.«
»Glaubst du, die Ente war glücklich, als man ihr kleines Köpfchen abgehackt hat? Vermutlich vor den Augen ihrer frisch geschlüpften Küken?«
»Woher willst du wissen, dass es ein Weibchen war?« Kleinlaut zeige ich auf die knusprigen Entenhappen.
»Enten sind meine Lieblingstiere«, klärt sie mich ungefragt auf und bleibt mir die eigentliche Antwort schuldig.
»Aber ich mag sie doch auch«, bestätige ich. »Und das Lucky Ducky bereitet sie wirklich am besten zu. Glaub mir, es gibt kein anderes Restaurant in Koblenz, in dem du Ente ohne Vorbestellung bekommst!« Theatralisch zeige ich auf mein Handgelenk. »Schon gar nicht um diese Uhrzeit.
Sie lässt ihre Gabel laut scheppernd auf den Teller knallen. Ein Röschen Brokkoli springt von selbigem und bildet einen interessanten Kontrast zur rot karierten Tischdecke, die eigentlich viel besser in ein französisches Restaurant passen würde.
»Wusstest du, dass Enten, wenn sie ihren Partner gefunden haben, ein Leben lang zusammen bleiben?«
Ich glaube, das ist eine Fangfrage.
»Ähm … nein?«
»Und dass sie damit zu den wenigen Tierarten auf dieser Welt gehören, die monogam leben?«
»Das ist ja beinahe …«
Süß? Süßsauer? Lecker?
»Romantisch. Absolut. Und findest du nicht auch, dass schon allein das Grund genug ist, den Tieren mit etwas mehr Respekt gegenüberzutreten und sie nicht zu essen?«
Ich bin sprachlos und traue mich nicht, etwas darauf zu erwidern. Darum herrscht Ruhe an
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