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FKK im Streichelzoo - Roman

FKK im Streichelzoo - Roman

Titel: FKK im Streichelzoo - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjoern Berenz
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Nils auf die Schultern. »Sondern um ihn.«
    »Nils Lohmann.« Seine Stimme tropft förmlich vor Versagensangst. »Ich bin wegen der … Sache hier.«
    Der Mann lächelt schräg und wendet sich wieder mir zu. »Und du? Bist du auch wegen der ›Sache‹ hier?«
    »Oh, nein. Auf keinen Fall«, winke ich ab. »Ich bin sein … Coach.«
    » Coach ?« Ein skeptischer Blick durchbohrt mich.
    Nils und ich nicken eifrig, was nichts daran ändert, dass sich zwischen uns und den Kugelschreiberknipser ein fettes Fragezeichen schiebt.
    »Ich hab doch gleich gesagt, dass das eine scheiß Idee ist«, flüstere ich Nils hinter vorgehaltener Hand zu. Dem Mann mit dem Klemmbrett aber erkläre ich: »Mentaler Trainer, seelischer Beistand, was auch immer Sie glücklich macht.«
    Offensichtlich nichts von alledem. Er verzieht keine Miene.
    »Verstehen Sie, der junge Mann hier ist neu in dem Job undetwas nervös. Als guter Freund möchte ich ihm einfach zur Seite stehen.«
    Nein, er versteht nicht. Er sieht mich noch eine Weile ausdruckslos an, dann lässt er seinen Blick wieder auf das Klemmbrett sinken.
    »Das geht so aber nicht«, sagt er, ohne von seinen Unterlagen aufzusehen. »Nichtdarsteller dürfen nicht ans Set.« Entschieden schüttelt er seinen spärlich behaarten Kopf. »Nee, da könnten sie ja alle kommen. Demnächst bringt dann jeder Darsteller noch seinen Anwalt mit, damit keine Menschenrechte verletzt werden.« Er lacht emotionslos auf.
    »Aber er muss mit«, beharrt Nils. Er klingt weinerlich. In seinen geweiteten Augen lese ich blankes Entsetzen. »Ich kann das nicht alleine durchstehen!«
    Auf einmal tut er mir unendlich leid. Auch wenn es mir zuwider ist, ihn in dieses schmutzige Business reinzuziehen, kann ich ihn jetzt nicht hängen lassen. Wenn dies sein Traum ist, habe ich ihm als Freund gefälligst bei dessen Erfüllung zu helfen. Egal wie.
    »Und«, frage ich den Kugelschreibermann deswegen. »Was machen wir jetzt? Es muss doch eine Möglichkeit geben, mit der wir alle glücklich werden. Vielleicht haben Sie noch einen Job als Stagehand, Beleuchter oder so?«
    Wenn ich daran denke, wie viele Menschen bei einem Dreh herumwuseln, finde ich das gar nicht so abwegig. Und anscheinend habe ich recht. Denn irgendetwas verändert sich in der Mimik des Mannes. Er blättert sich durch das Klemmbrett und stoppt auf einer Seite. Sein Gesicht erhellt sich.
    »Wir hätten da tatsächlich noch einen Job übrig«, erklärt er, »quasi unmittelbar am Ort des Geschehens.«
    Das breite Grinsen unterdrückt die Blutzufuhr in seinen Lippen, was sie wie zwei schmale weiße Striche wirken lässt. Ohne auch nur meine Reaktion abzuwarten, setzt er auf seiner Liste an irgendeiner Stelle einen Haken.
    *
    »Ich schaff das niemals«, wimmert Nils neben mir.
    Genervt versuche ich ihn auszublenden, so wie alles andere um mich herum. Nils’ Vordermann kündigt sein Kommen mit einem Aufschrei an, während ich die Sprühvorrichtung meines Arbeitsgeräts überprüfe und meine nassen Hände an der Super-Saugweg-Wischkraftrolle trocken reibe. Auf meiner Stirn spüre ich die Hitze der Halogenleuchtstrahler. Der Mann mit dem Klemmbrett hat nicht zu viel versprochen. Ich bin wirklich ganz nah dran am Ort des Geschehens.
    »Uuund Cut«, hallt der Ruf des Regisseurs durch das beplüschte Wohnzimmer. Ein schmieriger Kerl mit Halbglatze und Zopf, hochgekrempeltem Jackett und giftgrüner Jeans. Ein Pornojuppie. Sein dünner behaarter Arm zeigt auf das mit Flecken gesprenkelte Wohnzimmerparkett. »Okay, der Cleaner soll da mal drüberwischen.«
    Mein großer Auftritt.
    Ich rücke mit angehaltenem Atem und Tunnelblick der Fleckenteufel-Armee zuleibe, die sich in einem großzügigen Radius auf dem Parkett verteilt hat und drauf und dran ist, das Holz zu verätzen. Ebenso großzügig sprühe ich die Umgebung mit Glasklar ein. Mit einer Mischung aus Faszination und Ekel sehe ich dabei zu, wie der größte Sekretklumpen zerfließt und die Form eines polynesischen Inselarchipels annimmt. Ich halte mir die Hand vor den Mund, um den Würgereflex zu unterdrücken, und wische Polynesien weg. Die Konsistenz hat etwas von billigem Haargel: durchsichtig und glitschig.
    Während ich den Boden poliere und an den Knüpfungen des ebenfalls in Mitleidenschaft gezogenen Tibetaner-Teppichs herumschrubbe, der in unmittelbarer Entfernung auf die ejakulatbedingte Zerstörung wartet, horche ich in mich hinein. Neben unaussprechlicher Abscheu ist da noch etwas anderes.

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