Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
dem Ellbogen ein.
Ich duschte, zog Jeans und ein langärmeliges Sporthemd an und ging mit einer Zeitschrift hinaus zum Pool, als Tony und Jess mit dem Lincoln durchs Fronttor fuhren, hinter sich die weiße Limousine.
Tony schlug die Wagentür zu und ging auf mich zu. Im Gehen begann er schon, Jacke und Krawatte auszuziehen.
»Kommen Sie mit mir rein. Ich muß was trinken«, sagte er. Er zog sich weiter aus, als wir durchs Haus liefen, kickte die Schuhe mit Schwung durch eine Schlafzimmertür, schleuderte Hemd und Hose in ein Badezimmer, bis er nur noch in der Unterhose an der Bar stand. Sein Körper war hart und muskulös, und überall auf der Haut waren kleine Schweißtröpfchen. Er goß vier Finger breit Bourbon in ein Glas, in das er zuvor Eis getan hatte, und nahm einen großen Schluck. Dann nahm er noch einen, und seine Augen weiteten sich über dem an dem Mund gesetzten Glas.
»Ich glaube, jetzt dreh ich durch«, sagte er. »Ich fühle mich, als ob mir jemand mit Zangen die Haut vom Leib reißt.«
»Was ist los?«
»Ich bin ein Scheiß-Junkie, das ist los.« Er goß sich aus der Karaffe Whiskey nach.
»Ich wäre lieber vorsichtig mit dem Zeug.«
»Das Zeug ist Limonade, verglichen mit dem, was mein Körper gewöhnt ist. Vor Ihnen steht eine Tasse mit mächtig vielen Sprüngen, Dave. Und diese Typen machen mich auch fertig. Wir waren in meiner Immobilienfirma draußen bei Chalmette, wo ich eine Sitzung mit meinen Angestellten hatte. Und die ganze Zeit über hängen meine Jungs im Vorraum rum. Der Großteil dieser Immobilienverkäufer sind gutbürgerliche Weiber, die so tun, als wüßten sie nicht, was für Geschäfte ich noch betreibe. Die Sitzung kommt also zum Ende, und alle verlassen den Raum, und die Stimmung ist prächtig, und alle lachen, bis sie da draußen die Jungs sehen, die gerade die ganzen verschiedenen Pariser vergleichen, die sie in irgendeinem Sexshop gekauft haben. Es ist, als wäre mein Leben Teil einer Marx-Brothers-Komödie. Nur daß es nicht witzig ist.«
Er legte den Kopf auf den Tresen der Bar. »Oh Mann, das steh ich nicht durch.«
»Doch, Sie werden’s packen.«
»Haben Sie jemals einen geschlossenen Trakt in einem der Armeekrankenhäuser gesehen? Die tragen Windeln, sabbern sich voll, essen Brei mit den Händen. Ich bin dagewesen, Mann, und das hier ist schlimmer.«
»Ich habe Ferngespräche mit Toten geführt. Glauben Sie, es gibt was Schlimmeres?« sagte ich.
»Das nennen Sie schlimm? Ich werde Ihnen von einem Geruch erzählen –« Er hielt inne und trank aus seinem Glas. Die Eiswürfel klimperten. Seine Pupillen waren geweitet. »Kommen Sie mit raus, ich will Ihnen was zeigen.«
Er nahm die Karaffe und ging zur Seitentür hinaus in den Garten. Jess, der gerade Blätter aus dem Swimmingpool fischte, sah auf.
»Hey, Tony, du hast deine Hosen vergessen«, sagte er. Dann sah er Tonys Gesichtsausdruck und fügte schnell hinzu: »Ist ja auch ein echt schöner Tag, um mal ein bißchen Sonne an den Körper zu lassen.«
Ich folgte Tony quer über den Rasen, durch die Bäume und vorbei an den Goldfischteichen und Vogelbädern und dem Tennisplatz, bis wir hinten wieder die Mauer erreichten. Kurz vor der Mauer ragte ein Belüftungsschacht mit einer Klappe aus dem Boden.
»Mal sehen, ob Sie’s finden«, sagte er.
»Was?«
»Die Falltür.«
»Ich seh keine.«
Er bückte sich und zog an einem eisernen Ring, der neben einem Wassersprinkler angebracht war. Aus dem Rasen erhob sich eine Tür, die mit Grassoden getarnt war. Darunter war eine kurze, unterirdische Treppe.
»Das ist ein Atombunker«, sagte er. »Aber ich hab gehört, daß der Typ, der ihn bauen ließ, vornehmlich da unten das Hausmädchen gepimpert hat.«
Wir kletterten nach unten, und er knipste ein Licht an und zog mit einem herabhängenden Seil die Tür zu. Wände und Fußboden waren aus Beton, das Dach aus Stahlplatten. In dem Raum standen zwei Pritschen, in einem Eck lag ein Haufen leicht angegammelter Lebensmittelrationen der Army. Auf einem Bridgetisch lag ein Stapel Taschenbücher und die Einzelteile eines AR-15-Gewehrs.
»Ich verziehe mich hierher, wenn mir die Welt zuviel wird«, sagte er. »Manchmal mache ich einen Picknickkorb zurecht, und Paul und ich verbringen dann die Nacht hier, wie beim Camping. Hier ist eine chemische Toilette, ich kann einen tragbaren Fernseher anschließen; niemand weiß, wo ich bin, wenn ich’s nicht will.«
Er setzte sich auf eine der Pritschen und lehnte sich nach
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