Flammen Der Nacht -4-
verdient.«
Konstantine beugte sich zu seiner kleinen Frau hinunter und strich ihr zärtlich übers Haar. »Jeder von uns hatte seine Bestimmung, sonst hätte die Prophezeiung sich nicht erfüllen können.« Er seufzte tief. »Du hattest den schwierigsten Part erwischt, Douglas.«
»Es ist alles meine Schuld. Ich hätte vor dreiundzwanzig Jahren nicht lockerlassen dürfen, zumal ich ziemlich sicher wusste, dass mein Baby ein Junge war.« Tränen fluteten Zoranas Augen, rollten über ihre Wangen. »Wenn wir dich nicht verloren hätten, wärst du nicht … verloren gewesen.«
»Am besten, wir ziehen schleunigst einen Schlussstrich unter die Vergangenheit«, erklärte einer der Wilder-Brüder. »Es bringt niemandem etwas, wenn wir uns mit Vorwürfen belasten. Erst einmal müssen wir dafür sorgen, dass alles wieder in die Gänge kommt.«
»Um Himmels willen, Jasha, wie redest du denn!«, ereiferte sich Adrik.
»Natürlich trauern wir alle um unsere Lieben.« Jasha räusperte sich umständlich, bevor er weitersprach. »Aber es ist Winter. Es ist kalt. Wir sind verletzt.« Er zeigte auf die Umstehenden. »Wir sind nackt. Tasya braucht einen Arzt. Wir anderen im Übrigen auch. Außerdem müssen wir uns nach einem Dach über dem Kopf umsehen.«
»Jasha hat Recht«, bekräftigte Rurik. »Davon, dass
wir uns hier draußen den Tod holen, werden Firebird und Aleksandr nicht wieder lebendig. Kommt, Leute.«
»Nein.« Zorana grub ihre Finger in Dougs Arm. »Nein.«
Konstantine schloss sie in seine Arme und half ihr behutsam auf. »Doch, Liebes. Unsere Söhne haben Recht. Erst mal müssen wir für uns sorgen, denn wir leben noch. Dann werden wir trauern.«
»Das Haus stürzt bestimmt ein … es ist zu gefährlich. « Tasya schwankte.
Rurik schob einen Arm unter ihren und stützte sie.
Die anderen Wilders standen auf.
Doug rührte sich nicht. Er starrte in das lodernde Flammenmeer, seine Augäpfel wie ausgetrocknet. Ob er den Schmerz über den Verlust jemals verarbeiten könnte? Nein, er würde bestimmt sein Leben lang trauern.
Manchmal saß der Kummer viel zu tief für Tränen.
Und manchmal wünschte man sich etwas so sehr, dass einem die Fantasie einen Streich spielte. Nein, es war unmöglich, wiegelte Doug in Gedanken ab, womöglich sah er schon Gespenster.
Mit kehliger Stimme ächzte er: »Da … da kommt jemand aus dem Haus gelaufen.«
40
S ämtliche Köpfe schwenkten in Dougs Richtung. Eine Frau. Eine Frau, die ein in eine Decke gehülltes Etwas in den Armen trug und durch das Feuer lief.
Nein, anders: Das Feuer umfing sie wie eine Aureole aus Licht.
Die Flammen teilten sich, sobald sie hindurchlief, und verschmolzen hinter ihr erneut. Die Wände stürzten hinter ihr ein, trotzdem schritt sie ganz selbstverständlich zu der Stelle, wo früher die Eingangstür gewesen war, verschwand erneut in dem flammenden Inferno und tauchte wieder auf.
»Ist das da Firebird?«, fragte Zorana mit zitternder Stimme.
»Völlig unmöglich«, erwiderte Rurik.
»Es ist keine Illusion. Wir sehen sie schließlich alle.« Doug lief zum Haus, zu ihr.
Adrik hielt ihn am Arm fest. »Vorsicht. Der Teufel arbeitet mit allen Tricks.«
Doug sah Adrik tief in die Augen. »Wenn du in sie verliebt wärest, würdest du bestimmt genauso handeln wie ich.«
Adrik ließ seinen Arm sinken.
Doug lief weiter, zu der Fata Morgana — falls es wirklich eine Illusion war. Die Frau trat eben aus dem brennenden Haus in die grellen Flammen, die die Veranda erhellten.
Zorana wollte ihm folgen, aber Konstantine hielt sie fest. »Lass ihn. Völlig okay, was er macht, und wenn es … wenn es tatsächlich Firebird ist, dann ist es auch okay, dass er als Erster bei ihr ist.«
Zorana grub ihre Finger in Konstantines Bademantel. »Ja. Ja, du hast Recht.« Sie fieberte darauf, Firebird und Aleksandr in ihre Arme zu schließen. Mit gefasster Stimme wiederholte sie den Schluss ihrer damaligen Vision. »›Oder die geliebte Familie wird durch Verrat zerstört … und in die Flammen springen.‹« Sie blickte zu Konstantine hoch. »Die Prophezeiung meint Douglas’ Verrat.«
»Dann muss er die Prophezeiung erfüllen«, gab Konstantine nachdenklich zurück.
Der winterlich struppige Rasen versengte unter der Gluthitze des Feuers, die dürren Halme knickten unter Dougs Füßen. Er vernahm das Knacken der Flammen, die hungrig an den Holzfundamenten leckten. Er lief weiter, zu der Gestalt in den Flammen, die so tat, als wäre das Feuer weder mörderisch heiß
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