Flammenbrut
Ihnen gegenüber anonym, dann ja. Aber der Klinik ist ihre Identität natürlich bekannt.»
«Aber ich hätte keine Möglichkeit herauszufinden, wer es war? Ich meine, wenn ich das wollte?», beharrte Kate. Sie hatte die
Antwort auf ihre Frage bereits dem Zeitschriftenartikel entnommen, aber sie wollte sicher sein.
«Absolut keine. Das Gesetz verbietet uns, die Identität der Spender preiszugeben.»
«Aber wenn ein Fehler gemacht würde oder irgendetwas schiefginge?»
Die Beraterin, die solche Bedenken offensichtlich schon oft vernommen hatte, lächelte freundlich. «Wenn wir bezüglich eines
Spenders irgendwelche Zweifel hätten, würden wir ihn nicht einsetzen. Das ist der Grund, warum wir bei ihren Ärzten Erkundigungen
einziehen und im Vorfeld eine Vielzahl von Untersuchungen durchführen. Aber wir müssen auch die Interessen der Spender wahren.
Es wäre ihnen gegenüber kaum fair, wenn sie befürchten müssten, |70| dass zehn Jahre später das Jugendamt an ihre Tür klopft und Unterhaltszahlungen verlangt. Wir können die Identität der Männer
genauso wenig preisgeben, wie wir jemals Ihre preisgeben würden. Und ich bin sicher, das Letzte, was Sie wünschen, wäre, dass
irgendwann ein Fremder bei Ihnen auftaucht, behauptet, er sei der Vater Ihres Kindes, und ein Besuchsrecht fordert.»
Kate zögerte, ehe sie die nächste Frage stellte. «Wie viel würde ich tatsächlich über den Vater erfahren?»
«Es ist besser, ihn ausschließlich als den Spender zu sehen, nicht als den Vater», stellte die Beraterin fest. «Es ist uns
gestattet, gewisse Informationen, anhand deren keine Identifizierung möglich ist, zu enthüllen, wie zum Beispiel Haar- und
Augenfarbe, Beruf und Interessen. Aber alles andere könnte möglicherweise die Anonymität des Spenders verletzen.»
«Wer entscheidet also darüber, welcher Spender benutzt wird? Es ist doch nicht nur eine willkürliche Auswahl, die da getroffen
wird, oder?»
«O nein! Wir benutzen nur Spender, die derselben ethnischen Gruppe angehören wie die Empfängerin, und wir versuchen, was Körper,
Typ und Hautfarbe betrifft, eine größtmögliche Übereinstimmung zu erzielen. Sogar bei der Blutgruppe, wenn möglich. Wir können
keine absolute Übereinstimmung garantieren, aber wir tun unser Bestes.»
Trotz dieser Versicherungen verspürte Kate ein wachsendes Unbehagen.
«Angenommen, ich wollte gar nicht, dass der Spender vom selben körperlichen Typ ist wie ich? Kann ich selbst bestimmen, welche
Art Spender ich mir vorstelle?»
«Nun, wir versuchen natürlich innerhalb vernünftiger Grenzen auf Ihre Vorlieben einzugehen, aber es ist nicht |71| alles machbar. Zum einen haben wir nur eine begrenzte Spendergruppe, aus der wir unsere Wahl treffen können, daher ist es,
wenn wir während der Behandlung den Spender wechseln müssen, vielleicht nicht mehr möglich, genau denselben körperlichen Typus
noch einmal zu finden.»
«Sie meinen, Sie würden unter Umständen mehr als einen Spender benutzen?» Diese Möglichkeit war in dem Zeitschriftenartikel,
der auf Kate so nachhaltig gewirkt hatte, nicht erwähnt worden.
«Wir versuchen es zu vermeiden, aber manchmal lässt es sich nicht anders machen. Wenn uns zum Beispiel im Laufe der Behandlung
der Samen des Spenders, den wir zuerst benutzt haben, ausgeht.» Die Beraterin machte ein besorgtes Gesicht. «Sie sehen so
aus, als hätten Sie Probleme damit.»
Kate konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen. «Es ist nur so, dass … Also, ich weiß, dass der Spender anonym bleiben muss, aber ich dachte doch, dass ich bei der Frage, um wen es sich handelt,
mehr Einfluss hätte. Oder dass man mir zumindest mehr über den Spender verraten würde. Was für ein Mensch er ist. Mir war
nicht klar, dass ich diese Entscheidung einem anderen überlassen müsste.»
«Leider können wir den Patienten nicht so viel Entscheidungsfreiheit gewähren», sagte die Beraterin. Es schien ihr aufrichtig
leidzutun. «Es ist nicht dasselbe wie bei einer Partnervermittlung. Wir haben strikte Richtlinien, an die wir uns halten müssen.»
Kate konnte sich nicht dazu überwinden, der jungen Klinikangestellten in die Augen zu sehen. «Mir kommt es trotzdem so vor,
als müsste ich da schrecklich viel dem Schicksal überlassen, das ist alles.»
«Wir sehen uns die Spender sehr genau an.»
|72| «Ich weiß; das ist es auch nicht. Ich kann mir nur nicht vorstellen, ein Kind von jemandem zu bekommen, über den
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