Flammende Sehnsucht
Bruder?« Cassie musterte das Mädchen vorsich-tig. Es war sehr hübsch, mit dunklem Haar und einer Andeutung von großer Schönheit, die aber noch reifen musste, sowie einer jugendlichen, aber überaus üppigen, ja reifen Figur. Und den grauen Augen, die offenbar in der Familie lagen. »Welchen Bruder?«
»Also, das weiß ich nicht so genau.« Lucy legte die hübsche Stirn in Falten. »Der, der Reggie in ...«
»Den ich beim Rennen geschlagen habe«, wurde sie von Reggie unterbrochen. »Der jüngere Mr. Effington also.«
»Christian.« Cassie nickte.
»Christian«, sagte Lucy langsam, als ob sie den Klang des Namens auskoste und mit unverkennbar kalkulierendem Blick.
Cassie sah Reggie an und zog die Augenbrauen hoch. Wie alt war diese Schwester nun wieder?
Reggie funkelte das Mädchen an. »Ich wusste, dass es ein Fehler war, dich mitzunehmen.«
»Unsinn, Reginald.« Lady Berkley wischte seine Bemerkung beiseite. »Abgesehen davon, dass es nicht deine Entscheidung war, sie ist schon fast siebzehn und wird, noch ehe du dich versiehst, debütieren. Mir jedenfalls ist es lieber, wenn sie eine Kostprobe dessen, was da vor ihr liegt, in einer Situation erhält, in der sie sich nicht in wirkliche Schwierigkeiten bringen kann.« Lady Berkley warf ihrer Tochter ein zärtliches Lächeln zu. »Da mir fast alle Anwesenden versichert haben, dass sie sie keinen Moment aus den Augen lassen werden.«
Lucy riss entsetzt die Augen auf. »Mutter! Wie konntest du nur auf die Idee kommen, so etwas zu tun? Wie erniedrigend. Mein Leben ist ja schon ruiniert, noch ehe es angefangen hat!«
»Ja, ich weiß, Liebes. Meine Mutter hat mein Leben genauso ruiniert, und ich bin mir sicher, dass du einmal dasselbe tun wirst, wenn du eine Tochter hast. Dennoch habe ich es geschafft, mich sehr gut zu amüsieren, trotz aller Bemühungen meiner Mutter, und zwar« - Lady Berkley hielt inne, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen - »als ich alt genug dafür war.«
»Mutter«, stöhnte Lucy.
»Nun, Liebes ...« Sie wies mit dem Kopf zum anderen Ende des Raumes. »Nun geh und klimpere Mr. Effington etwas mit den Wimpern vor und probier all die koketten Blicke an ihm aus, die ich dich im Spiegel hab üben sehen, und vergiss nicht, dass du nur übst, weil absolut niemand hier, und da schließe ich auch Mr. Effington ein - denn ich kenne seine Mutter - dir gestattet, mehr zu tun.«
Lady Berkley warf Cassie ein wissendes Lächeln zu, und sofort begriff Cassie, dass diese Frau ernster zu nehmen war, als es auf den ersten Blick schien. Und begriff gleichfalls, warum es mehr als wahrscheinlich war, dass Lady Berkley und ihre Mutter tatsächlich alte Freundinnen waren. Sie hatten eine Menge gemeinsam.
»Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen würden, Lady Pennington, Helena, Lord Penningtons Mutter, winkt mich zu sich, und zwar überaus dringlich.« Lady Berkley sah Cassie direkt an. »Ich bin mir sicher, dass wir während unseres Aufenthalts hier noch Zeit finden werden, uns zu unterhalten. Ich freue mich schon darauf.«
»Ganz meinerseits«, murmelte Cassie. So sehr diese Frau sie auch an ihre Mutter erinnerte, sie mochte sie. Und nicht trotz, sondern wegen der Ähnlichkeiten.
Lucy verschränkte die Arme vor der Brust und zog einen Flunsch. »Also jetzt werde ich ihn nicht mal anlächeln. Sie hat mir den ganzen Spaß verdorben.«
»Wunderbar«, gab Reggie zurück.
»Ganz wie du willst. Allerdings« - Cassie sprach in beiläufigem Ton - »sind meine Brüder nicht die einzigen unverheirateten jungen Herren hier. Lord Bellingham ist auch nicht unattraktiv und steht dir im Alter näher.«
»Miss Effington.« Reggie kniff die Augen zusammen. »Was glauben Sie eigentlich, was Sie da tun?«
Sie achtete gar nicht auf ihn. »Und natürlich wäre da noch Mr. Drummond. Falls es je einen Gentleman gegeben hat, mit dem man das Flirten üben kann, dann ist das er.«
Lucys Blick wanderte zu dem fraglichen Herrn. »Attraktiv ist er ja.«
»Miss Effington«, knurrte Reggie.
»Oh, ich würde sagen, er ist mehr als nur attraktiv«, meinte Cassie leichthin. »Ich würde sagen, er ist ... ah, wie nannten wir das wieder, Mylord?«
Reggie starrte sie einen Augenblick lang an und lächelte dann auf die widerwillige Art eines Mannes, der weiß, dass er verloren ist. »Vollkommen? Perfekt?«
»Genau, das ist er.« Cassie verkniff sich ein Grinsen. »Perfekt, oder wenigstens macht er den Eindruck.«
»Ich weiß nicht, ob ich einen perfekten Mann will. Ich weiß
Weitere Kostenlose Bücher