Flammende Versuchung
sich gab, die angeblich Katzen anlocken sollten. Der Flur verlief über die gesamte Front des Hauses und war mit zahlreichen Fenstern bestückt, die den Blick auf die allerbesten Häuser Londons freigaben, die sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite aneinanderdrängten.
Deirdre blieb in einer der Fensternischen stehen und schaute auf die Stadt hinaus, die sie zu diesem Zeitpunkt als die ihre zu betrachten erwartet hatte. Da stand sie nun, die Marquise von Brookhaven, umklammerte die Gitter ihres Gefängnisses und starrte hinaus wie die verlassenste Insassin von Bedlam.
Etwas auf der Straße unten erregte ihre Aufmerksamkeit. Drei Männer näherten sich der Tür von Brook House. Sie bewegten sich mit dem geschmeidigen und unbeschwerten Gang der Jugend. Nach einem Moment erkannte sie eine ganz bestimmte grell gestreifte Weste.
Ah, ihre andächtigen Bewunderer waren angekommen. Der mit der Weste musste Cotter sein, der mit dem grauen Jackett Saunders und der in Dunkelblau … das war bestimmt Baskin.
Der Umstand, dass sie erst gestern geheiratet hatte, schien keinen der drei davon abzuhalten, ihr seine
Aufwartung zu machen – und warum sollte es das auch? Es war allen klar gewesen, dass ihre Vermählung eine Zweckehe war. Warum sollte das Leben also nicht weitergehen wie zuvor, mit zahlreichen Herren, die sie umwarben?
Sie waren ohnehin nur eine Bande gelangweilter kleiner Jungen, ohne Aussicht auf ein substanzielles Erbe oder ein Ziel, das ihrem Leben einen Sinn gab. Das Flirten war ihr bevorzugter Zeitvertreib und eigentlich auch ihre einzige Befähigung. Warum sollte eine kleine Trauungszeremonie sie also lange aufhalten?
Cotter und Saunders fühlten sich in ihrer Gesellschaft sehr wohl, aber sie würde jede Wette eingehen, dass es Baskin war, der ihr nicht fernbleiben konnte.
Baskin war der erfolglose Sohn eines berühmten Poeten. Deirdre dachte einen Moment lang voller Mitgefühl daran, wie es für ihn gewesen sein mochte, im Schatten großer Erwartungen aufzuwachsen – noch dazu in der künstlerischen Elite Hampsteads -, aber ihr Mitleid löste sich auf wie der Morgentau, als sie sich an die langen Stunden in der Vergangenheit erinnerte, in denen sie seinen ermüdenden Versen ausgesetzt gewesen war.
Der Himmel stehe ihr bei, fast wünschte sie, Fortescue würde die Herren einlassen. Selbst Baskins grässlich übertriebenes Streben nach leidenschaftlicher Hingabe wäre eine Erlösung von der Anspannung und der Langeweile, die – so fürchtete sie – den Rest ihres Lebens ausmachen würde.
Oder vielleicht auch nicht. Baskin würde darauf bestehen,
ihr seine Verse vorzulesen, bis ihre Augen trüb und ihr Hintern taub werden würden. Sie verspürte eine Mischung aus Bedauern und Erleichterung, als sie sah, wie die Herren niedergeschlagen davonschlichen.
Sie wandte sich vom Fenster ab. Richtig. Es war ja nicht so, als hätte sie einen von ihnen wirklich sehen wollen. Schließlich waren ihre Tage des Flirtens und der geistreichen Unterhaltung vorüber.
Die andere Wand der Galerie zierten eindrucksvolle lebensgroße Portraits aller Mitglieder der Familie Marbrook – und offensichtlich reichten sie bis in jene Zeit zurück, in der Männer glaubten, mit etwas Esprit das Tragen eines geschlitzten Wamses und von Strümpfen wiedergutmachen zu können.
Oh, die männlichen Familienangehörigen tendierten zu ausgesprochen muskulösen Oberschenkeln.
Waren die Schenkel seiner Lordschaft auch so stark ausgebildet? Er war groß und hatte lange Beine, und seine Hosen waren eng geschnitten – aber nicht so eng wie die von Cotter, dem eitlen Pfau. Also wusste sie, dass sein Hintern fest war und sein Bauch flach, und es sah so aus, als könnte er hinreichend Familienähnlichkeit besitzen, um auch wirklich schöne Schenkel zu haben …
Sie gelangte zu den beiden neuesten Gemälden, die zwei junge Männer zeigten. Lord Raphael und Lord Calder Marbrook, stand auf den Schildern zu lesen.
Calder hatte seither kein neues Portrait von sich anfertigen lassen, aber er hatte offenbar eines von Melinda in Auftrag gegeben. Sie saß in königlicher Haltung auf einem eleganten Stuhl und trug ein Spitzenkleid, das
vom Stil her so modern war, dass Deirdre es ohne Scham am nächsten Tag getragen hätte. Natürlich nicht, aber die junge, schöne Marquise von Brookhaven hatte die Mode bestimmt, statt ihr zu folgen.
Deirdre wusste, dass sie selbst auf eine geradeheraus goldene Art schön war, aber Melinda war auf andere Weise
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