Flammendes Begehren
Blick legte sich auf ihre Wunde an der Schläfe. »Weshalb?«
Beklemmung durchflutete sie, doch sie nahm die Schultern zurück und fing seinen Blick auf. »Erstens bin ich es nicht gewöhnt, von Fremden umsorgt zu werden. Mildred ist seit jeher meine Zofe.«
»Elena ist sehr talentiert.«
»Mag sein, aber ich ziehe Mildreds Hilfe vor.«
Er zuckte mit den Achseln. »Kommt gar nicht in Frage!«
Zorn und Hilflosigkeit mischten sich in Elizabeth’ Stimme. »Woher soll ich dann wissen, dass es ihr gutgeht? Solltet Ihr es wagen, sie schlecht zu behandeln, werde ich …«
»Niemand hat ihr auch nur ein Haar gekrümmt. Sie ist lediglich in einem anderen Flügel der Burg untergebracht.«
Elizabeth verschränkte die Arme, um ein Zittern zu unterbinden. »Wenn ich mich selbst davon überzeugen könnte, müsste ich nicht vor Sorge vergehen.«
De Lanceau lehnte sich weiter nach hinten, wo er von Sonnenstrahlen umfangen wurde. »Ihr werdet sie noch früh genug wiedersehen.«
»Wann? An dem Tag, an dem mein Vater durch das Tor reitet und mich befreit?«
De Lanceaus Kiefer mahlte. »An dem Tag, an dem meine Bedingungen erfüllt sind und ich entscheide, Euch gehen zu lassen – und keinen Augenblick früher, schreibt Euch das hinter die Ohren!«
Es lag Elizabeth auf der Zunge, ihn an die Größe der Armee ihres Vaters zu erinnern, doch ehe sie etwas sagen konnte, riss de Lanceau das Wort an sich. »Ich werde mit Euch nicht über Eure Freiheit diskutieren. Mir wurde zugetragen, Ihr hätte Grund zur Klage. Ist Eure Sorge um Mildred der Gipfel dessen?«
Elizabeth schleuderte ihm einen hitzigen Blick zu. »Nein. Elena hat ihr Bestes gegeben, konnte aber nichts mit meinem Haar anfangen. Es war ihr nicht einmal möglich, es zu kämmen, so voller Schmutz ist es. Der Krug Wasser, den Ihr mir habt zukommen lassen, reichte gerade einmal für Gesicht und Hände, aber nicht für die Morgentoilette.« Sie sog den Atem ein. »Die Bettwäsche riecht säuerlich, und der Staub in diesem Gemach ist dicker als der Schlamm in einem Schweinestall.«
»Verstehe.« Seinen Worten wohnte eine Spur von Drohung inne. Nichtsdestoweniger hatte sie ihm unmissverständlich klargemacht, dass sie unbedingt ein Bad nötig hatte. Sie durfte jetzt nicht lockerlassen, musste weitermachen, bis sie seine Erlaubnis hatte.
»Ich bin davon überzeugt, dass ein heißes Bad in meinem Zustand Wunder bewirken würde. Ich gehe davon aus, dass Elena Euch bereits über meine Bitte in Kenntnis gesetzt hat«, Elizabeth verlieh ihrer Stimme etwas Samtenes, um Respekt zu heucheln.
»Mylord.«
Sein Blick wurde durchdringender. »Das hat sie.«
»Und?«
»Und, Mylady, Euch steht es nicht zu, meinen Bediensteten Befehle zu erteilen.«
Elizabeth wunderte sich über seine Antwort. Er hatte ihr das Bad nicht verweigert, aber erlaubt hatte er es ihr auch nicht.
Sie wartete darauf, dass er weitersprach, trommelte mit den Fingern auf den Arm, strich sich das Haar von der Schulter. Als er, statt ihr endlich eine Antwort zu geben, sie wie ein hungriger Habicht beäugte, stieß sie einen Seufzer aus und warf die Hände in die Luft. »Was ist denn jetzt? Wie lautet Eure Antwort?«
»Ich denke noch nach.« Er warf einen flüchtigen Blick auf seine Fingernägel, ehe er sie abermals ins Visier nahm. »Elena hat verlauten lassen, dass es noch etwas anderes gibt, das Euch beschäftigt. Die Rede war von Eurer Gewandung.«
Elizabeth presste die Lippen fest aufeinander. Wie clever von ihm, so mir nichts, dir nichts das Thema zu wechseln! Ehe er ging, würde sie ihn noch einmal auf das Bad ansprechen. »Ihr habt mich in bäuerliche Kleider gesteckt.«
Spielten die Sonnenstrahlen, die über sein aristokratisches Gesicht tanzten, ihr einen Streich, oder war gerade Freude in seinen Augen aufgeflackert?
»An meinen Knöcheln zieht es.« Sie wedelte mit dem Saum. »Die Ärmel bedecken nicht einmal meine Arme. Ihr wisst genauso gut wie ich, dass nur eine Dirne so viel von ihrem Körper zeigt. Es ist entsetzlich.«
»Ich finde das Bliaut sehr hübsch.«
Hitze brannte auf Elizabeth’ Wangen. Dieser Rüpel versuchte doch allen Ernstes, sie mit abgeschmackten Komplimenten gefügig zu machen! Und dennoch, sosehr sie sich auch dagegen wehrte, sie war machtlos gegen das Kribbeln, das seine Worte ihr bescherten und das sie bis in die Zehenspitzen fühlte.
Mit der Freude brach auch Schmach über sie herein. Sie durfte unter keinen Umständen dem Erzfeind ihres Vaters auf den Leim gehen, egal,
Weitere Kostenlose Bücher