Flammenherz (German Edition)
den Markt zu besuchen und neue Vorräte zu kaufen. Dort wurde ich von einigen jungen Männern überfallen, die mir alles nahmen, was ich besaß, auch meinen Druidenring.«
Sie hob den Kopf und sah jeden von uns einige Sekunden lang an, so als überlegte sie, ob ihr nächster Schritt, der Mühe wert war.
Anschließend erhob sie sich und ging erneut zu dem Loch in der Wand, fasste hinein und zog ein weiteres Stück Stoff hervor. Meine Augen folgten ihr gebannt und ich wagte kaum zu blinzeln, aus Angst etwas zu verpassen.
Sie setzte sich auf ihr Bett und wickelte den Stoff vorsichtig ab. Ein zusammengefaltetes Stück Pergament kam zum Vorschein und wieder reichte sie es mir wortlos.
Ich sah sie einen Moment an, dann faltete ich es auf und sog scharf die Luft ein. Seamus und Sarin waren fast gleichzeitig aufgesprungen und zu mir geeilt. Sie standen jetzt hinter mir, sahen über meine Schulter und ich konnte hören, wie sie vor Erstaunen aufkeuchten. Ich starrte auf das Pergament, auf dem der Ring von allen Seiten abgebildet war. Jedes einzelne Zeichen war deutlich zu erkennen und so filigran gezeichnet, als läge der Ring vor uns. Plötzlich begriff ich, was für einen Schatz ich da in Händen hielt. Mit dieser Vorlage war es uns vielleicht möglich, einen neuen Ring herstellen zu lassen.
Seamus stöhnte so laut auf, dass ich aufsah. Er stand da und schüttelte fassungslos den Kopf, während er noch immer auf die Abbildungen des Rings starrte.
»Was ist denn los?«, fragte Sarin und legte eine Hand auf Seamus Oberarm, doch der regte sich nicht. Nun machte auch ich mir Sorgen, stand auf und drehte mich zu ihm.
»Seamus, was hast du denn?« Er sah auf und unsere Blicke trafen sich. Den Ausdruck in seinen Augen konnte ich nur schwer deuten. Seine Hand glitt langsam zu der kleinen Felltasche, die an seinem Gürtel befestigt war. Er öffnete die Schnalle mit zittrigen Fingern und fasste hinein. Einen Augenblick später zog er etwas Glänzendes heraus und hielt es in die Höhe. Es war ein Druidenring.
Ich wagte es nicht den Blick abzuwenden, aus Angst der Ring würde verschwinden, wenn ich ihn aus den Augen lassen würde. Ich hatte plötzlich so viele Fragen, die nach Antworten verlangten, doch ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Seamus Mundwinkel zuckten leicht und es hatte fast den Anschein, als würde er lächeln.
»Jetzt kannst du Caleb retten«, war das Einzige, was ihm über die Lippen kam. Ich ließ mich wieder auf meinen Stuhl fallen, denn ich wusste nicht, wie lange mich meine Beine noch tragen würden.
»Wo hast du ihn her?«, flüsterte ich leise. Seamus legte den Ring vor mir auf den Tisch und setzte sich wieder auf die Truhe.
»Von meinem Vater, doch ich wusste nicht, dass es ein Druidenring ist. Erst als ich eben das Bild gesehen habe, wurde mir klar, um was für einen Ring es sich handelt. Vater hat ihn mir gegeben, als er auf dem Schlachtfeld im Sterben lag. Er hat mir damals zugeflüstert, dass ich ihn nicht benutzen soll, um ihn zu retten, doch ich verstand nicht, was er damit meinte. Jetzt ergeben seine Worte für mich einen Sinn«, erklärte er mit gesenktem Kopf. Mit zittrigen Händen griff ich nach dem Ring und schob ihn mir ehrfürchtig über den Finger.
»Danke«, flüsterte ich und Tränen der Freude rannen über meine Wangen.
Sarin hatte uns eine Kammer bei einem der Bauern in Inverarish besorgt, nur einige Häuser von Jarla entfernt. Ihre Hütte war zu klein, um dort zu übernachten. Außerdem war es schmutzig und es roch unangenehm. Zuerst hatte der Bauer abweisend reagiert, als Sarin ihn um eine Schlafmöglichkeit bat, doch als er den Schilling sah, den ich Sarin mitgegeben hatte, waren seine Bedenken mit einem Mal verflogen.
Die Kammer war klein, aber sauber und in einem Kamin brannte ein wärmendes Feuer. Es stand uns zwar nur ein Bett zur Verfügung, doch für einen weiteren Obolus hatte uns der Bauer zwei Strohballen ins Zimmer gelegt.
Sarin und Seamus waren dabei das Stroh in der Ecke zu verteilen und Decken darüber auszubreiten, während ich auf dem Bett saß und den Ring zwischen meinen Fingern drehte.
Gleich am nächsten Morgen wollten wir wieder zu Jarla gehen, die mir erklären sollte, wie man die Zeit bestimmte, in die man reisen wollte.
Ich bezweifelte schlafen zu können, so unruhig und aufgeregt, wie ich mich fühlte, doch ich benötigte Ruhe. Eben war ich noch verzweifelt gewesen und hatte alle Hoffnung aufgegeben und nun schien sich doch
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