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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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unglücklichen Hengst zu setzen. Fieberhaft überlegte sie, wie sie das Angebot ablehnen konnte, ohne Uschi vor den Kopf zu stoßen, als Swantje ihr zuvor kam.
    „Wenn Hella nicht will, lass mich reiten!“, polterte sie lauthals heraus.
    Jetzt hatte Uschi den Schwarzen Peter. Robert bedachte Hella mit einem verschwörerischen Blick und grinste belustigt.
    „Traust du dir das zu?“, fragte Uschi höflich. „Ich habe dich noch nicht reiten gesehen.“
    „Aber klar!“, rief Swantje und schob sich, ohne Uschis Antwort abzuwarten, zwischen den Stangen hindurch.
    Uschi glitt aus dem Sattel. Fadista war Schweiß überströmt. Er hatte nicht ein Mal geschnaubt und hielt sich zur Flucht bereit. Die Arbeit musste eine Qual für ihn sein, und dass er sich nicht gegen seinen Reiter widersetzte, erschien Hella als der beste Beweis für die viel gerühmte Gutmütigkeit der Lusitanopferde. Swantje hatte kein Empfinden für den Seelenzustand des Pferdes. Geschmeidig stieg sie in den Sattel und war noch dabei, die Kandarenzügel zu ordnen, als der Hengst wieder auf der Stelle zu traben begann. Erschrocken griff Swantje in die Zügel. Fadista lupfte die Vorderbeine und setzte sich wie ein Hase auf die Hinterhand.
    „Hand vor!“, rief Uschi. „Reite ihn vorwärts! Sonst steigt er!“
    Swantje gab mit dem Zügel nach, und sofort fiel er wieder in die Piaffe. Sie war deutlich besser als die erste Piaffe unter Uschi. Offenbar hatte er sich durch die Trabarbeit doch ein wenig gelöst und fühlte sich in dieser Lektion relativ wohl und sicher.
    Swantje gelang ein blasses Lächeln. „Fühlt sich klasse an! Kann man das abstellen?“
    Sie wollte runter und entschied sich schließlich für das Abspringen. Danach sonnte sie sich in der Bewunderung von Eva und Karin, die sie für ihren mutigen Ritt lobten.
    Es blieb Swantjes einziger Ritt auf Fadista. Während der folgenden Tage legte sie Hella den Hengst mit warmen Worten ans Herz. „Der ist wie geschaffen für dich, Hella. Du solltest ihn auf deinen Hof nach Hameln holen.“
    Hella lachte. „Du hast einen ausgesucht schwarzen Humor.“
    Swantje schüttelte den Kopf. „Das meine ich vollkommen ernst. Wenn du ihn nicht nimmst, kaufe ich ihn.“
    „Viel Spaß“, sagte Hella. „Welche Blumen soll ich dir ins Krankenhaus schicken? Holländische Tulpen?“
    Sie hatten sich wie so oft in den vergangenen Tagen am Paddock getroffen. Hella betrachtete mit einer Mischung aus Bewunderung und Bedauern den Hengst, der sich ebenso unzugänglich zeigte wie bei allen Besuchen zuvor und beide Frauen mit wachem Argwohn musterte. Fadista entsprach bei weitem nicht dem Typ Reitpferd, für das Hellas Herz im Allgemeinen schlug, Warmblüter mit hohem Vollblutanteil, schnell, elegant und mit weiten Bewegungen so wie die Stute Melody, die sie von Nelli geerbt hatte. Trotzdem war sie fasziniert von dem Hengst, der seine Schönheit aus seiner bulligen Kraft, gepaart mit Leichtigkeit und einer außergewöhnlichen Sensibilität, gewann. Er entsprach in hohem Maß dem Typ seiner Rasse, dem Lusitano, und dass die anderen Reitgäste in ihm eher den Verbrecher sahen als ein unglückliches Wesen und ihn aus sicherer Entfernung mit angenehmem Gruseln beäugten, hatte sie ebenso enttäuscht wie es sie wütend machte.
    Allein Swantje schien ihre Ansicht zu teilen und zeigte inzwischen Mitgefühl für den Hengst. Sie hatte endlich akzeptiert, dass Hella ihre Ruhe haben wollte, und benahm sich deutlich zurückhaltender. Trotzdem blieb unverkennbar, dass sie Hellas Nähe suchte und sich beinahe ebenso anhänglich zeigte wie der Labrador. Kaum schlenderte Hella zum Hengstpaddock, tauchte aus irgendeiner Ecke des Hofs Swantjes blonder Kopf auf. Hella fand keine Erklärung dafür, musste aber befürchten, dass ihr Swantjes Anhänglichkeit auch nach dem Urlaub erhalten blieb.
    „Hast du eine Idee, wo ich während meiner Diplom-arbeit wohnen könnte?“, wollte Swantje nun wissen, als könnte sie Gedanken lesen.
    Nein, Hella hatte nicht die geringste Idee, und in dem dreistöckigen Wohnhaus des Reinckehofs war garantiert kein Zimmer frei. Swantje nestelte einen kleinen zusammenklappbaren Taschenspiegel und einen Lippenstift aus der Tasche ihrer hellen ledernen Edelreithose. Für eine Studentin war sie beachtlich gut und teuer angezogen. Sie helfe ihrem Freund Jan bisweilen im Büro aus und der würde gut zahlen, hatte sie auf Hellas Frage geantwortet, wiederum ohne näher auf die Geschäfte ihres Freundes einzugehen.

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