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Flammenpferd

Flammenpferd

Titel: Flammenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kronenberg
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anschwärzen, und man würde ihr das Laufen verbieten, obwohl sie innerhalb eines Hauses nichts mehr angesteckt hatte, seit sie in Portugal war. Zuletzt hatte sie die Vorhänge in der Villa der kinderlosen Freunde der Eltern in Brand gesetzt. Das Paar hatte sie für ein paar Wochen aufgenommen, als zu Hause gar nichts mehr ging, und sie mit kumpelhaftem Getue und dem anbiedernden Verständnis beinahe erdrückt, bis sie es nicht mehr aushielt. Es waren viele Vorhänge in vielen Zimmern gewesen, und sie dachte nicht ohne Stolz an die schönen Feuer zurück. Danach hieß es, sie wäre zurzeit nicht therapiefähig, und die Verbannung nach Portugal sollte sie endlich zur Einsicht bringen.
    Oft hockte sie eine halbe Stunde und länger in der Hecke, bis sie sich sicher genug für den kurzen Sprint über den Hof fühlte. Auch mit dem Tor musste alles fix gehen: den Schlüssel rein ins Schloss und umgedreht, dann den sperrigen Bügel aufgedrückt und die Tür einen Spalt aufgezogen, gerade so schmal, dass sie hindurch passte. Dann griff sie mit der Hand wieder nach draußen, zog den Schlüssel ab und drückte den Bügel hinter dem Schloss herunter, damit von weitem alles unberührt aussah. Sie konnte nur hoffen, dass Klinghöfer nicht auf den Gedanken kam, nach seinem verrostenden Schmuckstück zu sehen. In dem Schuppen ohne Fenster säße sie wie die Maus in der Falle. Bei aller Vorsicht wäre es einmal beinahe schief gegangen. Sie hatte Uschi Klinghöfer bei der Arbeit mit Fadista zugesehen, und war eine ganze Weile im Schuppen geblieben, nachdem die Frau den Hengst fortgeführt hatte und auch die beiden Reitgäste gegangen waren, die sich als Zuschauer am Zaun einfanden, sobald Fadista die Arena betrat. Das magere blonde Mädchen plapperte meistens laut vor sich hin, während die Dunkelhaarige, die auf Schritt und Tritt von Billi verfolgt würde, als hätte der keine eigene Familie, einsilbige Antworten gab und ein Gesicht zog, als hätte sie dem Training lieber allein zugesehen. Kati hatte das Garagentor nur eine Handbreit aufgedrückt und nach allen Seiten gespäht, um dann los zu spurten und mit einem Satz in einer Hecke einzutauchen. Sie hatte die Büsche noch nicht erreicht, als die Blonde zurückkehrte. Kati war sich nicht sicher, ob die Frau sie gesehen hatte, und wenn, hatte sie kaum mehr erkennen können als eine schlanke rothaarige Gestalt, die wie ein Spuk zwischen den Sträuchern verschwand.
    Offenbar hatte die Blonde den Mund gehalten. Andernfalls wäre Klinghöfer sofort zum Telefon gestürzt, um Kati anzuschwärzen, und die Betreuer hätten sie am frühen Morgen wegen ihrer Untreue mit beleidigten Dackelblicken empfangen. Aber am Morgen war die Stimmung beim gemeinsamen Frühstück, einer der Pflichtübungen, denen niemand entkommen konnte, so öde gewesen wie an allen Tagen, wenn man von dem Gezänk wegen einer Tüte bunter Pillen absah, die in einem der Mädchenzimmer gefunden worden war. Mit dem beruhigenden Gefühl, nicht verpetzt worden zu sein, füllte sie ihre Trinkflasche und meldete sich zum Laufen ab.
    Gewöhnlich nahm sie das Morgentraining ernst und hielt sich strikt an ihren Plan. Den Hof besuchte sie am späten Nachmittag, wenn die Klinghöfer mit Fadista auf dem Reitplatz arbeitete und sie ihn aus dem Versteck ungestört betrachten konnte. Doch als sie sich an diesem Morgen auf den Weg machte und der aufgehenden Sonne entgegen lief, fühlte sie sich ungewöhnlich matt. Die Beine liefen nicht so schwerelos wie sonst, sondern schmerzten bei jedem Schritt. Vermutlich hatte sie das Training in den letzten Tagen übertrieben, und sie beschloss, die Strecke abzukürzen und zum Reiterhof zu laufen. Die Luft war kühl, und der Boden fühlte sich unter den nackten Füßen eiskalt an, aber in wenigen Stunden hätte die Sonne das Land in eine sonnige Frühlingsstimmung versetzt, und es gäbe keinen Grund mehr, das warme Sweatshirt zu vermissen, das zu Hause auf ihrem Bett lag. Wie eine Diebin schlich sie sich an den Stall heran. Niemand war zu sehen außer dem Hund auf der Veranda, der vielleicht seiner neuen Freundin nachtrauerte, die am Vortag abgereist war wie die übrigen Gäste auch. Nur die magere Blonde würde noch bleiben, so hatte Benni erzählt. Billi hatte Kati bemerkt und zockelte mit hängendem Kopf heran. Sie wusste, er würde nicht bellen, er vermied jede Anstrengung. Vielleicht war es auch so, dass er sie ein wenig leiden mochte. Sie kniete sich nieder, schlang die Arme fest um seinen

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