Flammenpferd
das verlockende Material darin entdeckt hatte. Nach dem Streit mit Hella war das Verlangen unbeherrschbar geworden. Kokel-Kati hatte gewonnen. Sie drehte sich zur Seite und zupfte ein Handteller großes Stück halb verrotteter Plastikfolie unter einem Holzstapel hervor und legte es wie ein Tuch über das Feuer. Hell loderten die Flammen auf. Schwarzer stinkender Rauch kroch hervor und zog zum Ziegeldach hinauf, während die Folie zusammenschrumpfte und verglühte. Kati hatte fasziniert zugesehen und nicht bemerkt, dass sie Besuch bekam. Leichte Schritte auf leisen Sohlen, ein flüsterndes Schrappen, als jemand gegen irgendetwas am Boden anstieß. Kati hielt den Atem an und sah sich nach einem Tuch oder etwas anderen um, mit dem sie die Flammen ersticken könnte. Es war zu spät.
Swantje schob die Daumen in den Gürtel ihrer Lederreithose und sah mit einem hämischen Grinsen auf Kati herab. „Was für ein lauschiger Platz für ein Lagerfeuer. Sind die Grillwürstchen gar? Willst du mich nicht einladen?“
Katis Herz schlug bis zum Hals. Sie konnte es nicht ertragen, wenn sie beim Feuermachen beobachtet wurde.
Swantje hob den rechten Fuß an und kickte ihr mit der Spitze des Jodhpurstiefels nachlässig in die Seite.
„He, hat’s dir die Sprache verschlagen?“
Kati winkelte die Beine an und schob sich am Schrank entlang nach oben. Um einen Kopf größer, stand Swantje wie ein Fels im Durchgang. Erst neulich hatte sie damit geprahlt, mit ihrem Freund zusammen Taekwondo zu trainieren. Die Daumen steckten wie gehabt im Gürtel, und die Finger öffneten und schlossen sich wie bei einer Katze, die angriffslustig die Krallen wetzt.
Kati packte der Zorn. Sie konnte beißen und treten, gezielt und schmerzhaft, wenn es sein musste. „Hau ab! Das ist mein Platz und mein Feuer!“
Swantje lachte spöttisch. „Du kannst es nicht lassen, nicht wahr, Jana? Nein, ich sollte Katharina zu dir sagen! In einschlägigen Kreisen besser bekannt als Kokel-Kati.“
Katis Wut verrauchte. „Woher weißt du ...?“
Swantjes spöttische Miene schlug ins Boshafte um. Bedächtig, als wollte sie jede Silbe genießen, sagte sie: „In Portugal habe ich dich gesehen! Aus der Garage bist du gekommen und blitzschnell verschwunden. Allerdings nicht schnell genug. Ich habe dich gleich erkannt, als du hier aufgetaucht bist! Wie dumm von dir, Kokel-Kati!“
Katis Knie gaben nach. Nun würde alles von vorn losgehen. Die Verhöre. Die Vorwürfe. Die Strafen. Die Therapien. Jetzt kam sie in die Geschlossene. Womöglich in den Knast. Und sie würde Fadista verlieren. In ihrem Kopf fühlte sich alles ganz dumpf am. Wie in Watte gepackt. Sie setzte sich auf den Boden. Das Feuer war am Verhungern, aber sie fütterte es nicht.
Swantje ließ sich in der Hocke nieder und senkte die Stimme zu einem vertraulichen Raunen. „Ich hatte ein langes und aufschlussreiches Telefongespräch. Dein Freund Benni erzählt eine Menge, wenn man die richtigen Fragen stellt. Du hast es wegen dem Hengst getan, nicht wahr?“
Kati sackte in sich zusammen.
„Du wolltest ihn nicht verlieren“, flüsterte Swantje verschwörerisch. „Lieber gemeinsam mit ihm sterben.“
Kati starrte in die erlöschende Glut. „Ich musste es doch tun! Wie sind eins. Niemand darf uns trennen.“
„Das weiß ich“, sagte Swantje mit flackerndem Blick. „Keine Angst. Ich werde dich nicht verraten. Dafür musst du etwas für mich tun. Ist das klar?“
Kati wandte sich Swantje zu. „Soll ich dir und deinem Freund helfen? Ihr habt hier auf dem Hof etwas versteckt. Soll ich euch helfen, danach zu suchen?“
Swantje wurde um eine Spur blasser, und ihr hellroter Mund zuckte. „Woher weißt du davon?“
„Ich weiß gar nichts“, sagte Kati hastig und bereute ihren Übermut. „Gar nichts weiß ich. Ich habe euch nur zusammen in der Scheune gesehen.“
Swantje dachte einen Augenblick nach. „Davon kein Wort zu Hella, kapiert? Dafür halte ich den Mund über dein nettes Hobby und verrate nicht deinen Namen. Einverstanden?“
Kati nickte stumm.
„Es geht um Kartons“, erklärte Swantje. „Kartons mit Medikamenten. Sie müssen irgendwo im Haus oder auf dem Hof versteckt sein. Hilf uns, das Zeug zu finden!“
Kati wollte wissen, was für Medikamente das waren und woher sie kamen, aber Swantje ging nicht auf ihre Fragen ein. „Je weniger du weißt, desto besser für dich. Und kein Wort zu Hella. Sonst verpfeife ich dich an die Polizei, und du siehst Fadista nie wieder. Also streng
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