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Flandry 2: Höllenzirkus

Flandry 2: Höllenzirkus

Titel: Flandry 2: Höllenzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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den Kochenden Quellen aufbrach. In gleichem Maße aus Neugier wie aus Pragmatismus stürzte sich Flandry auf die Gelegenheit. Als Quasisklave hätte er einen schlechteren Herrn finden können; daher musste er dafür sorgen, dass er ihn zufrieden stellte. Innerlich hatte er allerdings noch längst nicht die Hoffnung aufgegeben, seine Freiheit zurückzugewinnen, und dabei konnte ihm alles nützlich sein, was er erfuhr.
    Die Expedition bestand aus einem halben Dutzend Merseianer. »Eine Routineangelegenheit, die aber interessant werden könnte«, sagte Cnif hu Vanden, ein Xenophysiologe, mit dem sich Flandry am engsten angefreundet hatte. »Die Domrath beginnen nun mit ihrem Aufstieg zum Winterschlafgebiet, im Falle dieser speziellen Gruppe von den Kochenden Quellen zum Berg des Tiefen Grollens. Wir haben sie noch nie dabei beobachtet, und sie haben Sommerbräuche, die anderswo nicht auftreten; also zeigt auch ihre Wanderung vielleicht Besonderheiten.« Er seufzte. »Mit dieser Hand voll von uns … eine ganze Welt auszuloten!«
    »Das kenne ich«, entgegnete Flandry. »Ich habe Wissenschaftler aus meiner Bekanntschaft schon oft genug stöhnen gehört, wie schwer es ist, Mittel zu bekommen.« Er breitete die Hände aus. »Nun, was erwarten Sie? Es ist, wie Sie sagen: eine ganze Welt. Unsere Spezies haben praktisch bis gestern gebraucht, um unsere Heimatplaneten zu begreifen. Und jetzt, wo wir es geschafft haben, gibt es wer weiß wie viele, auf die wir gehen könnten, wenn wir nur den Weg wüssten …«
    Ihm kam der Gedanke, dass Cnif ein typisches Beispiel für diese Problematik sei. Der stämmige, gelbliche, leicht flachgesichtige Mann gehörte keinem Vach an; vor der Vereinigung hatten seine Ahnen auf der Südhalbkugel Merseias gelebt, in der Republik Lafdigu, und bis zum heutigen Tag bewahrten ihre Nachkommen Eigenarten der Kleidung und der Gebräuche, ihre alte Sprache und viele ihrer alten Gesetze. Cnif jedoch war auf einer Kolonie geboren worden und hatte die Mutterwelt zum ersten Mal gesehen, als man ihn zur fortgeschrittenen Ausbildung dorthin geschickt hatte, und vieles an ihr war ihm fremd geblieben.
    Der Bus glitt vorwärts. Das Innentor der Thermoschleuse des Hangars schloss sich hinter ihm, das äußere öffnete sich, und unter Motorschnurren und pfeifendem Wind stieg der Bus in die Höhe. Bei fünftausend Metern ging er in den Horizontalflug über und schwenkte auf Kurs Nordnordost. Im Großen und Ganzen folgte er dem Fluss. Die Passagiere saßen meist schweigend auf ihren Sitzen, bereiteten ihre Ausrüstung vor und waren in ihre Gedanken versunken. Merseianer schwatzten niemals miteinander, wie Menschen es taten. Cnif jedoch zeigte Flandry durch das Fenster die Orientierungspunkte.
    »Sehen Sie, dort hinter uns, an der Flussmündung liegt, was wir die Barrierebucht nennen. Ab Winteranfang wird sie komplett durch Eisberge und Treibeis blockiert, die vom zurückweichenden Wasser übrig bleiben. Wenn sie im Frühjahr wieder schmelzen, kommt es zu unglaublichen Fluten und Turbulenzen.«
    Der Fluss wand sich wie eine schläfrige Schlange durch die Myriaden Blautöne des Dschungels. »Wir nennen ihn den Goldenen Fluss, obwohl er eigentlich schlickbraun ist. Goldhaltiger Sand, verstehen Sie, der in den Bergen ausgewaschen wird. Es ist unvermeidlich, dass die meisten Namen von uns stammen. Einige sind grobe Übersetzungen domrathischer Begriffe. Die Ruadrath kennen keine geografischen Namen in unserem Sinne, weshalb wir in dieser Hinsicht nur selten Anleihen bei ihnen machen.«
    Cnifs Worte für die Eingeborenen waren künstlich, anders ging es nicht. ›Dom‹ stellte einen Versuch dar auszusprechen, wie eine der ersten Gemeinschaften, denen die Merseianer begegnet waren, sich selbst nannte, aber ›-rath‹ stammte aus dem Eriau und bedeutete in etwa ›Volk‹ oder ›Leute‹, und ›Ruadrath‹ war ursprünglich der Name für eine Klasse nächtlicher übernatürlicher Wesen aus einer merseianischen Mythologie – Alben sozusagen.
    Die bewaldete Ebene wich immer steileren Gebirgsausläufern. Das schattenlose graue Licht erschwerte das Einordnen von Konturen, doch Flandry konnte erkennen, wie der Goldene Fluss hier durch eine Reihe von tiefen Schluchten lief. »Wenn die Gletscher schmelzen, sind sie voll bis zum Rand«, erklärte Cnif. »Seither gab es jedoch so viel Verdunstung, dass der Wasserspiegel stark gesunken ist; bald haben wir schon keinen Regen mehr, sondern er geht zuerst als Nebel nieder und dann

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