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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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kaum glauben.
    Lutz und er würden das Geld zählen und dann jedem seine Entschädigung geben, oder Schmerzensgeld, oder was auch immer.
    Verflixt! Elli beschlich ein ungutes Gefühl. Das Geld konnte in diesem bunten Haufen einigen Schaden anrichten. Wenn Geld im Spiel war, gab es immer Ärger. Und sie würde daran mit schuld sein.
    Eine gute Stunde später waren die zwei neuen dicken Freunde Heiko und Lutz weiterhin damit beschäftigt, sich ein genaues Bild über ihren möglichen Reichtum zu verschaffen.
    Carlo dagegen konnte die dumme Geldrechnerei keine Sekunde länger ertragen. Die beiden Erbsen zählenden Schlaumeier, sie hatten ihn, und das mit Annas Hilfe, plump überrumpelt und waren dabei, ihn in etwas hineinzuziehen, für das er nur Verachtung übrig hatte. Er musste sich jetzt erden, sonst konnte er bald für nichts mehr garantieren. Er hatte ein Donnerwetter in der Faust.
    Ein Schattenplatz unter einem der gut hundert Jahre alten Olivenbäume schien ihm die einzige Rettung, um endlich auf andere Gedanken zu kommen. Da saß er auf einem halbverrosteten Metallstuhl. Der war ehrlich, kein falscher Lack. Die weiße Farbe war fast schon komplett abgesplittert. Carlo gefiel es, wie die grelle Sonne selbst dem dunkelsten Rostfleck einen tiefen Glanz verlieh. Die hüfthohen, ausgetrockneten Grashalme bildeten einen willkommenen Schutzwall gegen all die idiotischen Heikos und sonstigen Berliner dieser Welt. Carlo öffnete seine großen Nasenflügel, um möglichst alle Düfte in sich aufzunehmen, und verschränkte trotzig die Arme.
    Wie in einer Bande von kleinen Räubern, so kam er sich vor. Dass er auch noch gegen seinen Willen Teil dieser Diebesrunde sein sollte, das fuchste ihn am meisten. Und dass es ausgerechnet seine Anna war, die mit ihrer Stimme den Ausschlag gegeben hatte. Zum ersten Mal seit langer Zeit war er so richtig sauer auf sie.
    Eine Fliege landete auf seiner Stirn und nervte ihn zusätzlich. Selbst der weite Blick in das malerische Tal und über die letzten Ausläufer der Alpen hinweg, die sich wie die genialen Pinselstriche eines Meisterwerks Richtung Süden schwangen, vermochte es nicht, ihn aus seiner miesen Stimmung zu reißen.
    Anna. Ihre stetig wachsende Distanz ihm gegenüber war leider nicht mehr zu leugnen. Dabei hatte sich Carlo von diesem Urlaub genau das Gegenteil erhofft. Hatte er nicht heute Morgen noch seiner Schwester mit stolzer Brust den Verlobungsring gezeigt? Und was machte Anna? Anstatt zu realisieren, dass Carlo für sie schier alles geben würde, anstatt mit ihm ein Team, ein Bollwerk zu bilden, half sie diesem Versicherungsfuzzi bei seinem idiotischen Händeheben. Das war es also, was man für seinen Soli bekam, einen geldgeilen Ossi-Aufsteiger, für den man die Hand heben sollte?
    Carlo zündete sich seine Zigarre an, die ungefähr den Durchmesser eines Spazierstocks hatte und nicht viel kürzer als ein Baseballschläger war. Einem normal Sterblichen hätten ein oder zwei Züge des schweren Tabaks sicher stante pede das Bewusstsein geraubt, nicht Carlo. Seine erste Zigarre hatte er als Vierzehnjähriger von seinem strengen Vater ungefragt in den Mund gesteckt bekommen, nachdem der seinen Junior bei dessen erster heimlicher Zigarette auf frischer Tat ertappt hatte. Um seinem neugierigen Sohnemann das Rauchen gleich mit den ersten Zügen ein für alle Mal wieder auszutreiben, hatte er Carlo sofort eine mächtige Havanna verpasst und so lange gewartet, bis der kleine Herr Mangold sie bis zum bitteren Ende ausgeraucht hatte.
    Zum blanken Erstaunen seines Vaters hatte Carlo sich weder übergeben noch hatte sein Magen ernsthaft protestiert. Nein, der kleine Stammhalter kam wohl ganz nach dem Vater und hatte sofort Gefallen an der väterlichen Passion gefunden. Nur mit größter Mühe hatte er sein stolzes väterliches Schmunzeln verbergen können. Und so war das damals der Anfang einer langen Freundschaft zwischen Vater, Sohn und einigen der feinsten Zigarren dieser Welt gewesen.
    Jetzt kam wieder einer dieser Momente, in denen Carlo seinen Vater so sehr vermisste. Manchmal kam es ihm so vor, als wäre sein Vater der Einzige, der ihn jemals verstehen würde.
    Carlo nahm einen besonders tiefen Zug und gedachte der letzten gemeinsamen Zigarre, die sie geraucht hatten, er und sein Vater, an dessen Sterbebett, mitten im kahlen Krankenzimmer der Schwabinger Privatklinik, wie zwei kleine Lausbuben.
    Langsam kam Carlo wieder zur Ruhe. Was war nur los mit Anna? Sosehr er sich

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