Flashback
auf der untersten Ebene zu.
Nick hatte einen über zweihundert Seiten starken Untersuchungsbericht vor sich. Der damalige Bezirksstaatsanwalt Manuel Ortega hatte Ende Februar des Jahres, in dem Dara gestorben war – also weniger als einen Monat nach ihrem Tod –, eine geheime Jury zusammengerufen. Bei ihrer Untersuchung kamen die Geschworenen offenbar zu dem Ergebnis, dass der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt Harvey Cohen und seine Assistentin Dara Fox Bottom während ihrer Arbeit an einem noch als geheim eingestuften Projekt für Ortegas Büro eine Affäre begonnen hatten.
Und dass Detective Nick Bottom vom Denver Police Department von dieser Affäre erfahren und den Auftrag zur Ermordung seiner Frau und ihres Liebhabers gegeben hatte.
Mit offenem Mund lehnte sich Nick zurück. Am liebsten hätte er
geschrien oder gewimmert. Lieutenant K. T. Lincoln beobachtete ihn aufmerksam.
»K . T. … Seit über fünf Jahren war ich davon überzeugt, dass Dara und Harvey bei einem Autounfall gestorben sind. An den Fakten hat sich doch nichts geändert. Vor ihnen hat plötzlich dieses ältere Paar gebremst, der Fahrer des Sattelschleppers hinter ihnen konnte nicht mehr rechtzeitig abstoppen und ist in dem Feuer umgekommen. Und all die Leute kannten einander nicht, es gab keine Verbindung. So stand es in allen Berichten, das weißt du doch.«
Mit einem scharfen Knall tippte K. T. auf das Foto des Lastwagenfahrers. »Erkennst du ihn wieder, Nick?«
»Ja, natürlich. Phillip James Johnson. Hab damals selber Nachforschungen angestellt. War seit zwölf Jahren Trucker, keine ernsten Unfälle, keine Verstöße. Er kann einfach nicht … «
»Der Name und seine ganze Geschichte waren frei erfunden.« K. T. zog ein weiteres Bild aus dem Stapel. »Phillip Johnson war in Wirklichkeit dieser Typ. Erkennst du ihn wieder?«
Er brauchte fast eine Minute, bis er draufkam. Selbst dann konnte er nicht glauben, dass das dieselbe Person sein sollte wie der Lastwagenfahrer. Ratlos legte er die Fotos nebeneinander. Der zweite Mann war fünfundzwanzig bis dreißig Kilo leichter als Phillip James Johnson. Aber auch Gesichtsform, Nase, Kinn, Haarfarbe waren anders – nicht einmal die Augenfarbe stimmte überein.
»Die DNA-Analyse hat eindeutig bewiesen, dass Phillip James Johnson in Wirklichkeit dein alter Informant Ricardo ›Swak‹ Moretti war.«
Nick starrte die Bilder an. In seiner Zeit als Streifenpolizist und danach noch einige Male als Detective hatte er mit Moretti zusammengearbeitet. Der kleine Gauner war häufig an fingierten Auto-und Fußgängerunfällen beteiligt, bei denen es um Versicherungsbetrug ging. Allerdings kam Moretti nie auf einen grünen Zweig. Er blieb der Handlanger von echten Kriminellen und Killern, der
immer nur vom großen Erfolg träumte. Als Informant war Moretti meistens unzuverlässig, und unterm Strich lohnte es sich nicht, ihm gelegentlich einen kleinen Betrag zukommen zu lassen, um den Kontakt zu halten. Nick hatte Swak Moretti nun schon seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Länger sogar.
Wieder vertiefte er sich in die Fotos. Doch … es war möglich. Die Augenhöhlen und die Zähne waren ähnlich – die Zähne waren nicht gerichtet worden …
»Der Typ hat sich einer umfassenden Gesichtsoperation unterzogen. « Nick rieb sich über die Wangen und hörte das Scharren der Stoppeln. »Aber wieso? Seine kriminellen Auftraggeber hätten das nie bezahlt. Swak Moretti war ein Nobody. Und wenn man ein Vermögen in alten Dollar für plastische Chirurgie ausgibt, warum soll man sich dann dicker machen und sich eine hässlichere Nase und klobigere Ohren verpassen lassen? Das ist doch Schwachsinn. Außerdem habe ich die DNA-Analyse damals gelesen, K. T. Der Fahrer wurde eindeutig als Phillip James Johnson identifiziert.«
»Alles Tarnung«, sagte K. T. »Auch die Gesichtsoperation. Jemand wollte deinen alten Kumpel Swak als Killer hinhängen, oder?«
»Das ist doch kompletter … «
K. T. schob ihm einen weiteren Stapel Fotokopien zu. »Wir haben Aufzeichnungen darüber, dass du Moretti viermal angerufen hast. Zweimal im November des Jahres, in dem Keigo ermordet wurde, einmal Ende Dezember und ein letztes Mal drei Tage vor dem … tödlichen Unfall … von Dara und Harvey.«
Nicks Kopf fuhr zurück. »Das stimmt nicht. Ich hab ihn kein einziges Mal angerufen.«
K. T. berührte das Foto des alten Paares, das gestorben war, nachdem ihr Buick Gelding erst von Daras und Harveys Auto und dann von dem
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