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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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warum?«
    »Geschäfte«, antwortete Alf. »Landwirtschaft. Tee und Tropenholz. Reis. Kaffee und Baumwolle. Opium.«
    »Ach so.« Ich verstand kein Wort. »Und wer hat gesiegt?«
    »Wir natürlich.«
    »In der Schlacht bei Plassey?«, fragte ich auf gut Glück.
    »Unter anderem. Aber das war nur eine von vielen Schlachten. Wenn auch eine der erfolgreichsten. Bengalen, Trichinopoly, Pondicherry, Koromandel … solche Namen gibt es heutzutage gar nicht mehr.«
    Er stand auf, öffnete eine Schublade und holte zwei Hände voll Besteck heraus – Messer, Gabeln und Löffel, die er klirrend auf den Tisch fallen ließ.
    »Das Schwarze Loch von Kalkutta.« Er setzte sich wieder. » Davon musst du doch schon gehört haben.«
    »Leider nein.«
    »Hundertsechsundvierzig Engländer, zusammengepfercht in einer Zelle, nicht größer als die Anrichtekammer bei euch auf Buckshaw. Im Juni, im heißesten Monat des Jahres. Und am nächsten Morgen sind nur noch dreiundzwanzig am Leben.«
    Ich versuchte mir vorzustellen, wie ich die Tür zur Anrichtekammer öffnete und hundertdreiundzwanzig Leichen auf den Küchenboden purzelten – und weitere dreiundzwanzig arme Kerle zu Tode verängstigt in der hintersten Ecke kauerten. Aber es gelang mir nicht. So etwas war unvorstellbar.
    »Bei dieser Bullenhitze«, fuhr Alf fort. »Und ohne frische Luft. So was ist vorsätzlicher Mord. Was also tun?«
    »Rache?«, fragte ich zurück. Die folgerichtige Reaktion darauf, so schien es mir.
    »Rache, ganz genau!« Alf schlug krachend mit der Faust auf den Tisch, dass das Besteck in die Höhe sprang.
    »Das hier ist der Fluss Bhagirathi.« Er legte ein Messer vor sich hin. »Und hier …«, er stellte einen Salzstreuer daneben, »das hier ist Siraj-ud-Daula, der letzte Naab von Bengalen. Der Feind. Er ist neunzehn Jahre alt und so unberechenbar wie ’ne Kobra mit ’nem vereiterten Giftzahn. Er hat ein Heer von fünfzigtausend Fußsoldaten, achtzehntausend Reitern, dreiundfünfzig Kanonen und vierzig französischen Kanonieren.«
    Alf war in seinem Element. Es war unübersehbar, dass er die gleiche Leidenschaft für britische Militärgeschichte hegte wie ich für Gifte.
    »Hier drüben im Westen steht Clive mit dem neununddreißigsten Regiment. Robert Clive. Der Mann war nicht mal gelernter Soldat, wenn man’s genau nimmt. Er war Buchhalter ! Aber eben ein britischer Buchhalter.
    Trotzdem hat er seine Männer einfach mitten in ’nem Gewitter in die Schlacht geführt – durch Blitz und Donner, dass man schier blind und taub wurde. Die Eingeborenen haben ihn für ’nen Kriegsgott oder so was gehalten.«
    Alf seufzte tief. »Das waren noch Zeiten … Bei Plassey hat er jedenfalls dreitausendzweihundert Mann und neun Kanonen. Mitten in der Monsunzeit. Es schüttet wie aus Kübeln. Der Feind hat fünfzehnmal so viele Soldaten. Was glaubst du wohl, was Clive getan hat?«
    »Er ist zum Angriff übergegangen«, erwiderte ich aufs Geratewohl.
    »Und ob er zum Angriff übergegangen ist!« Alf schwenkte einen Zuckerlöffel und ließ ihn über die Tischplatte hüpfen. »Siraj-ud-Daula hat sich auf ’nem Kamel aus dem Staub gemacht.«
    Er fegte die Löffel und Gabeln der Armee des Nawabs schwungvoll auf den Boden.
    »Ich spül sie nachher ab. Fünfhundert Tote. Und die Verluste der Briten? Zweiundzwanzig Tote und fünfzehn Verwundete.«
    Ich stieß einen anerkennenden Pfiff aus. »Wie kam das?«
    »Der Nawab hat sein Pulver nicht trocken gehalten«, antwortete Alf. »Mit nassem Pulver kann man nicht kämpfen.«
    Ich nickte wissend. »Sehr interessant. Und was wurde aus ihm?«
    »Aus dem Nawab? Der wurde eine Woche später von seinem Nachfolger hingerichtet.«
    »Und Clive?«
    »Hat sich Jahre später in London die Kehle durchgeschnitten.«
    »Uääääh!«, machte ich, obwohl ich diese Auskunft ausgesprochen spannend fand.
    »Jetzt fragst du dich wahrscheinlich, warum ich dir das alles erzähle«, sagte Alf.
    »Schon.«
    »Weil …« – Alf beobachtete mich scharf – »… weil einer der Offiziere im 39. Infanterieregiment Seiner Majestät – damals saß George II. auf dem Thron – ein Vorfahr von Mrs. Ridley-Smith war.«
    Ich schnappte hörbar nach Luft. »Von Mrs. Ridley-Smith? Der Frau des Richters? Jocelyns Mutter?«
    »Von der und keiner anderen. Es gibt schon komische Zufälle, was?«
    »Aber woher wissen Sie das alles?«
    »Vom alten Beatty. Der war Gärtner auf Bogmore Hall, sein ganzes Leben lang, sechzig Jahre oder noch mehr. Ich hab ihm oft

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