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Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Flavia de Luce 5 - Schlussakkord für einen Mord: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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weiter.
    Sehr gewissenhaft.
    War dieses Gekritzel das, was Adams Freund Pole »Marginalien« genannt hatte? Eher nicht. Marginalien waren Anmerkungen zum alltäglichen Leben, wogegen dieses Gekrakel Mr. Collicutts Überarbeitung seines eigenen Manuskripts darstellte.
    Dachte ich zumindest, bis mir das Wörtchen Adamas ins Auge stach.
    Erst glaubte ich, dort stünde »Adam«. Hatte Mr. Collicutt in seinem Manuskript eine Anmerkung zu Adam Sowerby gemacht? Stand Adamas für »Adam A. Sowerby«?
    Aber nein … das konnte nicht sein. Adams zweiter Vorname war Tradescant. Ich hatte es auf seiner Visitenkarte gelesen.
    Dann fiel der Groschen! Und zwar so heftig, dass er förmlich auf den Boden meiner Hirnschale schepperte!
    Adamas war das lateinische Wort für »Diamant«, hatte Adam gesagt!
    Das Wort war eingekringelt, und ein langer Pfeil wies auf eine Auflistung der verschiedenen Register, die einst zu der antiken Orgel in Braxhampstead gehört waren. Mr. Collicutt hatte das Wort zwischen »Gemshorn« und »Geige« einfügen wollen.
    »Hast du die Briefe gefunden?«
    Mrs. Battles Stimme kam, im Einklang mit ihren schweren Schritten, von der knarrenden Stiege her.
    Ich sprang zur Tür und streckte den Kopf in den Flur.
    »Ich komme gleich, Mrs. Battle«, rief ich und hörte die Schritte innehalten. Wahrscheinlich machte ihr das Treppensteigen Mühe, und sie würde nicht weiter hochkommen, wenn es nicht unbedingt sein musste.
    »Dürfte ich mal die Toilette hier oben benutzen?«, rief ich in plötzlich dringlichem Ton. »Ich glaube, ich …«
    Ich führte den Satz nicht zu Ende, und das war auch nicht nötig. Die menschliche Fantasie ist zu allem fähig, wenn man ihr genug Spielraum lässt.
    Ich hoffte inständig, dass es hier oben ein Klo gab. Schließlich war das Haus eine Pension.
    »Am Ende vom Flur«, erwiderte sie und stapfte wieder treppab.
    Ich wandte mich wieder Mr. Collicutts Habseligkeiten zu. Dafür, dass das Zimmer so voll war, gab es erstaunlich wenig Habseligkeiten, von dem Schrottplatz für ausgediente Orgelteile mal abgesehen.
    Stapelweise Notenhefte, ein Metronom, eine Stimmpfeife, eine Büste von Johann Sebastian Bach – der in den gleichen Jahren wie Cassandra Cottlestone geboren und gestorben war, wie mir mit wohligem Erschauern wieder einfiel.
    Auf einem Tischchen stand ein Wasserglas mit einer Zahnbürste, daneben eine Dose Zahnpulver. Eine Nagelfeile und eine Nagelschere lagen parallel ausgerichtet nebeneinander. Ein Organist muss vor allen Dingen auf seine Hände achten.
    Ich dachte an die verschrumpelten Finger des toten Mr. Collicutt und an die sauberen Nägel der Hand, die das zerbrochene Glasröhrchen gehalten hatte.
    Als ihn seine Mörder weggeschleift hatten, war er schon tot gewesen. Er hatte sich nicht in der Friedhofserde festgekrallt.
    Ich kniete mich hin und spähte unters Bett, aber es war zu dunkel. Darum legte ich mich auf die Seite, rutschte noch näher heran und streckte den Arm unter das Bettgestell. Meine Finger berührten etwas, betasteten es und beförderten es ans Licht.
    Es war eine flache Zigarettendose aus Blech. Players Navy Cut. Hundert Stück.
    Die hatten die Polizisten ganz bestimmt nicht entdeckt. Sonst hätten sie die Dose gewiss nicht wieder unter das Bett geschoben.
    Vielleicht hatten sie sich eher auf ihre Augen als auf ihre Finger verlassen? Ein großer, kräftiger Polizeisergeant war bestimmt nicht so wie ich daran gewöhnt, bäuchlings unter irgendwelche Betten zu kriechen. Und eine flache Dose war in einer dunklen Ecke leicht zu übersehen.
    Ich kam wieder auf die Knie und hockte mich auf die Fersen. Dem Gewicht nach zu urteilen war die Schachtel nicht ganz leer.
    Ich fingerte am Verschluss herum, bis der Deckel aufsprang.
    Etwas flatterte mir in den Schoß.
    Geldscheine! Ein halbes Dutzend – und alles Hundertpfundnoten.
    Sechshundert Pfund insgesamt. Mehr Geld, als ich in meinem ganzen Leben je gesehen hatte. Ich muss gestehen, dass mir sofort eine ganze Reihe Ideen kamen, so geschwind, wie mir die Scheine in den Schoss geflattert waren, aber da alle diese Ideen mit Diebstahl zu tun hatten, verwarf ich sie sofort wieder.
    Die Scheine hatten zweimal zusammengefaltet in einem Umschlag gelegen, der, als ich den Deckel der Dose öffnete, wie ein Schachtelmännchen herausgehüpft war.
    Sechshundert Pfund!
    So viel dazu, dass Mr. Collicutt angeblich arm wie eine Kirchenmaus gewesen war. Nein, hier handelte es sich mitnichten um einen Dorforganisten, der mit

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