Fleisch ist mein Gemüse
sogenauirgendeinFrauenname
über die Dörfer ziehen. Ich hatte außer Helmut Kohl beim Evangelischen Kirchentag 1976 noch keinen einzigen Prominenten aus der Nähe gesehen und ging automatisch in Habachtstellung. Uli Martin kannte ich immerhin aus der ZD F-Hitparade ! Er kam gegen 15 Uhr ins
Da Capo,
und wir probten mit ihm seine Stücke ein. Seiner enorm schlechten Laune nach zu urteilen, übte er wahrscheinlich jedes Wochenende mit einer anderen Tanzband die immer gleichen Lieder ein. Und das seit zwanzig Jahren. Danach mussten wir armen Packesel zum Aufbauen ins Lüneburger Citycenter, während sich der feine Herr Schlagerstar zum Essen in einen noch feineren Landgasthof verzog. Er machte noch völlig unerwartet eine Bemerkung über mein Hemd. Ein ähnliches habe er auch im Schrank hängen. Sehr schick, das Hemd. Ich war stolz wie Bolle. Kanns mal sehen! Uli Martin hatte in seinem Leben sicher schon viel schicke Hemden getragen.
Zum Auftritt kamen neben circa zweihundert desinteressierten Lüneburgern auch drei oder vier Fans, liebe Muttchen, die begeistert den einzigen Hit
ManuelaErikaBarbaraichweißnichtmehr sogenauirgendeinFrauenname
einforderten. Ich schätze, diese Frauen hießen selber so. Herr Martin gab sich viel mehr Mühe, als ich erwartet hatte, und schien unendlich erleichtert, als sein Auftritt endlich vorbei war. Ich glaube, er hatte Angst davor, irgendwann wie ein Hund von der Bühne geprügelt zu werden. Er ahnte wohl, dass seine Karriere einmal so enden würde. Aber heute eben noch nicht, und darüber war er erleichtert. Unendlich erleichtert.
Ein paar Wochen später war, wieder im Citycenter Lüneburg, der bekannte Showmaster Wim Thoelke bei einer von Gurki organisierten wohltätigen Veranstaltung zu Gast. Ich hatte schon viele Folgen von
Der große Preis
gesehen und konnte es gar nicht fassen, jetzt mit diesem Monolithen der Fernsehunterhaltung gemeinsam auf einer Bühne zu stehen. Er war ausgesprochen freundlich und verhielt sich so, wie man es auch von ihm erwartet hätte: ein gutmütiger Brummbär, der nett zu Kindern, Tieren und alten Leuten ist. Nicht umsonst lautete sein Spitzname
Big Wim
. Da konnte doch kein schlechter Mensch dahinter stecken. Außerdem drehte er nicht wie fast alle anderen unseren schönen Bandnamen durch den Wolf. «Und jetzt wieder Musik mit
Tiffanys
.» Genau. Nicht
den Tiffanys
. Bravo, Big Wim! Am Ende seines Auftritts intonierte der große Mann eine kleine Melodie auf der Blockflöte. Begleitband:
Tiffanys
. Er gab jedem von uns die Hand, verließ die Bühne und winkte uns noch einmal zu. Ich winkte zurück und blickte ihm nach, bis er hinter dem Citycenter verschwunden war.
Die nächste Begegnung mit richtigen Stars war die mit
Klaus und Klaus
auf einer so genannten Gala. Als die beiden Haudegen gegen zehn Uhr eintrafen, hatten sie schon einen Auftritt hinter sich. Sie standen damals auf dem Zenit ihres Erfolges und nahmen alles mit, was ging. Um ein Uhr nachts mussten sie schon wieder woanders sein. Die Stimmungskanonen hatten neben ihrem größten Hit
An der Nordseeküste
auch noch
Da steht
ein Pferd auf dem Flur
und
Klingelingeling, Klingelingeling, jetzt kommt der Eiermann
auf der Habenseite. Sie wirkten schon bei ihrer Ankunft erschöpft. Als sie sich dann jedoch in ihre maritime Bühnengarderobe gezwängt hatten und loslegten, gab der kleine Klaus alles. Der große oder
dicke
Klaus, wie er intern genannt wurde, stand nur leicht schwankend herum (Alkohol). Der dünne Klaus hatte eine Gagbrille mit dicken Brillengläsern auf, tobte zwischen den Leuten hindurch und brachte nahezu alle zum Schunkeln und mitsingen.
«Klingelingeling, klingelingeling,
hier kommt der Eiermann,
Klingelingeling,
komm se alle, alle an die Eier ran,
bei Jung und Alt und in der Stadt und auf dem Land, eiieiieiia,
sind wir als Eiermann und Eiermann bekannt, eiieiieia.
Was für ein herrliches Leben
Klaus und Klaus
haben mussten. Am Ende des dreiviertelstündigen Sets tobte der Saal, und
die
beiden Kläuse sahen zu, dass sie, jeder bestimmt um 5000 Mark reicher, Land gewannen:
«Also tschüs dann Jungs, und toi, toi, toi.»
«Ja, tschüs und vielleicht bis irgendwann mal.»
Die volle Flasche Whiskey, die in der Garderobe gestanden hatte, war halb leer (
dicker Klaus
).
Anfang August eröffnete uns Gurki, dass es ihm gelungen wäre, Taco als Stargast für den großen Lüneburger Herbstball zu gewinnen. Unser Bandleader organisierte seit ein paar Jahren diese und noch
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