Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
wähnen. Sie wuss te nicht, ob sie verfolgt wurde.
Deswegen änderte sie ständig ihre Route und hielt sich zudem an die kleinen Seitenstraßen. Sie dachte sogar darüber nach, ob es etwas bringen würde, wenn sie die Lichter ausmachte. Doch dann ermahnte sie sich dazu, vernü nftig zu bleiben: Sie war in New York City und ganz egal, ob sie nun die Lichter an hätte oder nicht – die Verfolger würden sie ohnehin sehen. Deswegen vielleicht noch einen Unfall zu provozieren , wäre unverantwortlich gewesen.
Als sie nach einer viertel Stunde endlich in die Straße abbog, in der ihr Appartementhaus lag, fiel die Anspannung allmählich von ihr ab.
Mit einem letzten Blick in den Rückspiegel versicherte sie sich, dass niemand sie verfolgte.
Dann parkte sie den Wagen, stieg aus und rannte zur Haustüre.
22.
Claire schlug die Türe ihrer Wohnung hinter sich zu, sperrte ab und legte sogar die Kette vor. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie das Vorhängeschloss zum letzten Mal benutzt hatte, aber in diesem Augenblick schien es ihr die richtige Entscheidung zu sein. Sie überlegte sogar, ob sie einen Stuhl unter die Türklinke klemmen sollte, entschied sich aber dagegen.
Mach dich nicht lächerlich! So etwas funktioniert doch nur in Filmen.
Ohne sich auszuziehen oder das Licht anzumachen durchquerte sie das Wohnzimmer und ging zum Fenster, von welchem aus, man hinunter auf die Straße schauen konnte. Sie schob die Vorhänge einen Spalt zur Seite und hielt für einen Augenblick Ausschau nach dem dunklen Geländewagen von der Tankstellte.
Ihr Blick huschte die Straße rauf und runter und dann wieder rauf. Doch es war nichts zu sehen. Trotzdem gelang es ihr nicht , sich zu beruhigen . Stattdessen ging sie schnellen Schrittes ins Schlafzimmer, welches direkt ans Wohnzimmer angrenzte.
Sie kniete sich neben die rechte Seite ihres Doppelbettes und tastete mit beiden Händen in der Dunkelheit unter dem Bett herum. Keine Sekunde später, fand sie, wonach sie gesucht hatte: Ein kleines, raues Plastikköfferchen . Sie zog es heraus und legte es aufs Bett. Dann öffnete sie den Verschluss und holte den Inhalt des Köfferchens heraus.
Der Stahl der Waffe fühlte sich kalt und unwirtlich an. Dennoch war es für Claire ein vertrautes Gefühl, die Waffe in der Hand zu halten. Mehr noch: Es war für sie beruhigend zu wissen, dass sie notfalls selbst für ihre eigene Sicherheit sorgen konnte .
Bei der Waffe handelte es sich um eine Ruger, Modell P90. Es war die gleiche Pistole, mit der sie als junges Mädchen in den Wäldern von Rockwell schießen gelernt hatte. Obwohl sie nicht besonders groß war, war sie sehr präzise und verfügte über eine hohe Durchschlagskraft.
Weil ihr Vater keine Söhne gehabt hatte, hatte er eben immer Claire und Amanda mit auf die Jagd genommen. Für New Yorker Verhältnisse schien das vielleicht etwas abstrus, die eigenen Kinder im Umgang mit Waffen zu schulen. Doch in der ländlichen Provinz von Rockwell war es nichts Ungewöhnliches, Kindern das Schießen beizubringen. Manche der Kinder lernten sogar schießen, noch lange bevor sie lernten Rad zu fahren oder zu lesen.
Claire knipste die Nachttischlampe neben dem Bett an und besah die Pistole , die den süßlichen Geru ch von Waffen öl verströmte. Dann zog sie den Schlitten zurück und lud eine Patrone in die Kammer. Die Pistole war damit entsichert. Das Magazin fasste insgesamt acht Patronen – genug , um einem Grizzly im Notfall der Arsch wegzupusten – wie Claires Vater immer gesagt hatte.
Claire legte die Waffe aufs Bett und griff noch einmal in das Köfferchen. Sie brachte zwei geladene Ersatzmagazine und eine Schachtel 9mm-Patronen zum Vorschein. Dann verstaute sie das Köfferchen wieder unter dem Bett.
Als sie sich wieder aufrichtete, zuckte sie vor Schreck zusammen . Ein Schrei entfuhr ihrer Kehle und sämtliche Kraft wich aus ihrem Körper.
Ein u nbekannter Mann stand im Türbogen und starrte sie an.
23.
„Das hat ja wunderbar geklappt, Häuptling“ , sagte Whitman, der gerade einen Schalldämpfer auf seine Pistole schraubte.
„Al lerdings“, sagte Bishop. Seit der Ankunft der junge n Frau angekommen, ließ er die Fenster ihrer Wohnung nicht mehr aus den Augen. Der Wagen stand in einer unbeleuchte ten Seitenstraße, die schräg zu dem Appartementhaus verlief. Bishop hatte daher einen perfekten Blick auf ihre Wohnung, ohne dabei Gefahr zu laufen, selbst von ihr gesehen zu werden.
Anfangs hatte er
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