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Fleischessünde (German Edition)

Fleischessünde (German Edition)

Titel: Fleischessünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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dem Zementboden. Mit wutverzerrter Grimasse sprang er auf die Füße und wollte schon das Weite suchen, als Calliope bereits hinter ihm war.
    „Nicht so schnell“, sagte sie und riss ihn so heftig an den Haaren zurück, dass er in die Knie ging.
    Wieder war Kuznetsov schnell auf den Beinen. Er hob die Faust, in der er einen Stein hielt, den er aufgesammelt hatte.
    Es blieb ein ungleicher Kampf. Calliope war erneut schneller und landete einen Uppercut unter seinem Kinn. „Tut mir leid. Aber ich habe jetzt keine Zeit für solche Scherze“, bemerkte sie. Sie hatte den Schlag nicht mit voller Kraft durchgezogen. Sie war sich ihrer Extrakraft bewusst, über die sie noch immer durch das Blut des Reapers verfügte. Und dennoch schnellte der Kopf ihres Gegners zurück, sodass sie für einen Augenblick die Sorge hatte, ihm durch die Wucht ihres Treffers endgültig das Genick gebrochen zu haben. Er starrte sie eine Sekunde lang an, dann verdrehte er die Augen und sank in sich zusammen.
    Schwer atmend stellte sie sich über ihn und blickte beinahe mitleidig auf ihn herab.
    „Ruhig und gelassen“, flüsterte sie. „Ich bin ruhig und heiter. Ich bin ein stiller blauer See unter dem Azur des Himmels …“ Es war eine Selbstaffirmation wie ein Mantra. Aber dann brach sie ab. „Ich bin vor allem frustriert“, fügte sie unwillig hinzu.
    Der Grund dafür war einfach. Sie hätte ahnen müssen, dass erzum Angriff übergehen würde. Aber ihre Gabe, Künftiges vorherzusehen, auf die sie sich seit Jahrhunderten verlassen konnte, schien sie verlassen zu haben. Das Blut des Reapers hatte ihre Hellsichtigkeit verdunkelt, und statt einigermaßen klarer Bilder wie sonst empfing sie nur ein Rauschen, in dem unregelmäßig Alarmsignale aufzuckten. Und das raubte ihr den letzten Nerv. Sie konnte nur hoffen, dass dieser Effekt mit der Wirkung des Reaperbluts allmählich nachließ.
    Nachdem sie Kuznetsov zu ihrem SUV geschleppt hatte, wuchtete sie ihn hinein, ohne sich große Mühe zu geben, schonend mit ihm umzugehen.
    Nachdem er verstaut und vorschriftsmäßig angeschnallt war, ging Calliope um den Wagen herum und öffnete die Heckklappe. Auf den ersten Blick sah man nichts als eine leere Ladefläche. Nur einem sehr aufmerksamen Beobachter wäre aufgefallen, dass der Boden ungewöhnlich hoch lag. Calliope klappte den doppelten Boden hoch. Darunter kam, säuberlich in verschiedene Kästen sortiert, ihre Notfallausrüstung zum Vorschein. Sie bestand unter anderem aus warmer Winterkleidung, Wärmedecken, einem Vorrat an unverderblichen Lebensmitteln, Wasserflaschen, einer Grundausrüstung zum Klettern mit Kletterseil, Gurten und Karabinern sowie einer Brieftasche mit falschen Papieren und Bargeld. Alles lag für die Fahrt zu ihrem Bestimmungsort bereit.
    Calliope griff sich die Brieftasche, die Decke und zwei Wasserflaschen. Dann knallte sie die Tür zu und setzte sich hinters Steuer. Die Jogginghose hatte sie hinten liegen lassen, obwohl sie Kuznetsov knapp gepasst hätte. Aber dieses Angebot wollte sie ihm nicht machen, wenn er wieder zu sich kam. Seine Nacktheit war für sie von Vorteil, weil sie ihm seine hilflose Lage zusätzlich vor Augen führte. So warf sie ihm einfach die Decke über, damit er sich nicht verkühlte.
    Sie ließ die Tiefgarage mitsamt dem Porsche hinter sich und war wenige Minuten später schon auf der Zufahrt zur Stadtautobahn. Von da wollte sie erst in nördlicher und dann in westlicher Richtung die Schnellstraße nehmen. Je rascher und weiter sie sich von hier entfernte, desto schwieriger wurde es für die Feuerdämonen, ihre Fährte aufzunehmen.
    Für Malthus Krayl galt das nicht. So gern sie sich ihn vom Leibe gehalten hätte, er würde sie überall aufspüren. Reaper hatten zahlreiche besondere Fähigkeiten. Ortswechsel in Sekundenschnelle waren kein Problem für sie. Sie konnten sich für die Augen nicht nur von Sterblichen, sondern auch von Supernaturals unsichtbar machen. Ihre Wunden heilten im Handumdrehen. Und – sie verfehlten ihre Beute niemals. Seit Calliope Kuznetsov dem Reaper vor der Nase weggeschnappt hatte, war sie ganz sicher auf dem Radarschirm von Malthus Krayl. Nicht zuletzt musste es ihn in seinem Stolz verletzt haben, dass ihr dieser Coup mithilfe seines eigenen Bluts gelungen war.
    Er würde sie verfolgen, und er würde sie finden. Ihre einzige Hoffnung war, dass sie vorher den einzigen Ort erreichte, an den er ihr nicht folgen konnte: die uneinnehmbare Festung, die Heimat der

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