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Flieh, so schnell es geht!

Flieh, so schnell es geht!

Titel: Flieh, so schnell es geht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Bowler
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und den Regen, bis ich vor der Bresche in der Mauer stehe. Ich klettere drüber.
    Aber sie sind nicht da.
    Wie sollten sie auch? Ich wusste es und doch hatte ich gehofft, mich getäuscht zu haben, falsch verstanden zu haben, Paddy hätte alles nur erfunden, um sich vor den anderen zu brüsten.
    Aber er hat ihnen die Wahrheit gesagt. Und ich wusste es.
    Es hat keinen Sinn, nach Bex zu suchen. Sie ist tot, durch meine Schuld. Ich knie mich an die Stelle, wo Bex und Jaz vorhin noch waren.
    Â»Bex.«
    Ich spreche zu einem Schatten, aber ich kann nicht anders.
    Â»Bex, es tut mir leid …Bitte, es tut mir leid.«
    Ich schaue mich um und versuche mir vorzustellen, was hier passiert ist.
    Da liegt ein dicker Knüppel. Vielleicht hat er es damit getan. Ein Schlag damit hätte genügt.
    Ich mag nicht daran denken, was Jaz wohl gesehen hat.
    Â»Es tut mir leid, Bex.«
    Ich hätte sie nicht verlassen, ich hätte Jaz nicht allein lassen dürfen.
    Â»Es tut mir so schrecklich leid.«
    Ich hätte nicht weggehen dürfen. Ich hätte beide von hier weg und in Sicherheit bringen sollen. Ich stehe auf, schaue mich um und denke nach. Es regnet immer noch. Wind kommt auf.
    Der Himmel ist tiefschwarz. Ich stehe hier mitten in der Nacht und weiß, dass eine Entscheidung fällig ist.
    Ich bin wieder allein wie früher. Ich kann immer noch tun, was ich mit Bex und Jaz vorhatte. Ich kann abhauen und untertauchen. Oder ich kann mich anders entscheiden.
    Zum Jäger werden.
    Ich brauche gar nicht nachzudenken. Ich kenne die Antwort, seit Paddy sich mit seiner Tat gebrüstet hat. Ich hole das Messer hervor und lasse es aufschnappen. Der Regen netzt die Klinge, als ob Tränen daran hingen.
    Â»Hört zu …«
    Ich flüstere. Ich weiß nicht, zu wem ich spreche.
    Ich drücke es fest und da weiß ich es auf einmal.
    Ich spreche zu Becky – der Becky, die gerade umgebracht wurde, und zu der anderen Becky, die mich gekannt hat und die ebenfalls tot ist. Und ich weiß, dass beide zuhören.
    Ich schaue auf das Messer. Ich sehe beide Beckys in der Klinge gespiegelt. Ich klappe das Messer wieder zu und lasse die Tränen im Heft. Und dann verspreche ich beiden:
    Â»Das hier tue ich für euch.«
    Ich laufe wieder zurück zum Fahrweg. Nicht in die Richtung, aus der wir gekommen sind, sondern in die Richtung, die die Typen eingeschlagen haben. Ich sehe sie noch nicht, sie sind ein gutes Stück vor mir. Wenn sie nicht in der Zwischenzeit abgebogen sind, habe ich sie in wenigen Minuten eingeholt, außer sie sind ebenfalls gelaufen.
    Aber warum sollten sie? Wovor sollten sie Angst haben? Bestimmt nicht vor einem Jungen wie mir.
    Aber da irren sie sich. Das hier ist nicht ihr Revier, es ist meines. Meine Stadt. Die kenne ich wie sonst niemand. Und mich kennen sie auch nicht, jedenfalls nicht so, wie sie glauben.
    Weiter, weiter, Tempo, auch wenn es regnet. Mein Gesicht ist nur noch von den Regentropfen feucht, die Tränen bleiben jetzt in mir drin, da sollen sie weiterfließen. Ich wehre mich nicht dagegen. Sollen sie nur fließen.
    Ich laufe schnell, auch wenn ich eigentlich müde bin. Aber ich muss runter mit dem Tempo, sonst setzt womöglich der Verstand aus, wenn ich sie sehe. Wenn ich mich von der Wut packen lasse, kann ich nicht gewinnen. Nicht gegen sechs auf einmal. Ich muss nachdenken, planen, beobachten.
    Halt! Da vorn sind sie – ein großer Schatten, der sich ziemlich weit vor mir bewegt. Sie bleiben zusammen, gehen lautlos und ohne den Schein der Taschenlampen. Sie müssen vorhin gedacht haben, dass ich ganz in der Nähe bin, als sie mit den angeschalteten Lampen umherstreiften.
    Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie mit Riff und den Mädchen Kontakt aufgenommen haben. Welche Geschichte Paddy ihnen wohl aufgetischt hat, dass sie glauben, Becky oder ich hätten Trixi auf dem Gewissen.
    Unwichtig. Ich kenne meine Feinde, sechs gehen dort vor mir.
    Keiner dreht sich um. Halte dich seitlich des Wegs, bleib im Schatten und folge ihnen. Mach dich unsichtbar. Langsam werde ich ruhiger und kalt, so wie ich sein muss. Aber immer noch schreit es in mir nach Rache.
    Ich bin so gefährlich, dass ich mich vor mir selbst fürchte.
    Aber das ist nicht der Augenblick zum Handeln. Bleib im Hintergrund, beobachte und folge ihnen. Ich halte das Messer in der Hosentasche fest umschlossen. Am liebsten würde ich es herausholen und aufklappen.

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