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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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machen wir mit ihm?«
    Danglard breitete die Arme aus.
    »Das ist eine Frage, die sich weltweit stellt«, bemerkte er. »Bessern wir ihn?«
    »Das wird fünfzig Jahre dauern, mein Lieber.«
    »Was haben Sie mit diesen Vieren vor?«
    »Tja...«, erwiderte Adamsberg.
    Er öffnete sein Notizbuch auf der Seite mit Maryses Zeichnung.
    »So ähnlich sieht das aus.«
    Danglard warf einen Blick darauf und gab es ihm zurück.
    »Kam es zu einer strafbaren Handlung? Zu Gewaltanwendung?«
    »Nur diese Pinselstriche. Was kostet es, hinzugehen und es sich anzusehen? Solange es hier keine Gitter gibt, werden alle Fälle noch am Quai des Orfèvres erledigt.«
    »Das ist kein Grund, einfach irgendwas zu machen. Es gibt genug Arbeit, wenn das alles hier in Gang kommen soll.«
    »Es ist nicht einfach irgendwas, Danglard, das garantiere ich Ihnen.«
    »Graffiti.«
    »Seit wann bemalen Sprayer Wohnungstüren? An drei Stellen in Paris?«
    »Spaßvögel? Künstler?« Adamsberg schüttelte langsam den Kopf.
    »Nein, Danglard. Es hat nichts Künstlerisches. Es stinkt.«
    Danglard zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß, mein Lieber«, sagte Adamsberg, als er das Büro verließ. »Ich weiß.«
    Der Fotograf betrat die Eingangshalle und ging zwischen den Schutthaufen hindurch. Adamsberg schüttelte ihm die Hand. Der Name, den Danglard ihm eingeschärft hatte, war ihm gänzlich entfallen. Am besten, er würde die Einträge in sein Notizbuch übertragen, dann hatte er sie immer zur Hand. Gleich morgen würde er das machen, denn der heutige Abend gehörte Camille, und Camille hatte Vorrang vor Bretonneau oder wie immer sein Name lauten mochte. Danglard tauchte hinter ihm auf.
    »Guten Tag, Barteneau«, sagte er.
    »Guten Tag, Barteneau«, wiederholte Adamsberg und warf seinem Stellvertreter einen dankbaren Blick zu. »Wir fahren los. Avenue d'Italie. Eine saubere Sache, reine Kunstfotos.«
    Aus dem Augenwinkel beobachtete Adamsberg, wie Danglard seine Jacke anzog und sorgfältig glattstrich, damit sie über den Schultern auch ordentlich saß.
    »Ich begleite Sie«, murmelte er.
     

7
     
    Joss lief mit etwa dreieinhalb Knoten die Rue de la Gaíté hinunter. Seit dem Vortag fragte er sich, ob er wirklich gehört hatte, wie der alte Gelehrte sagte: »Das Zimmer gehört Ihnen, Le Guern.« Natürlich hatte er es gehört, aber sollte es wirklich das bedeuten, was Joss verstanden hatte? Sollte es wahrhaftig heißen, daß Decambrais ihm das Zimmer vermietete? Mitsamt dem Teppich, Lizbeth, dem Abendessen? Ihm, dem Rohling aus Le Guilvinec? Natürlich, das sollte es heißen. Was sonst? Aber selbst wenn Decambrais diesen Satz gestern gesagt hatte - war er heute morgen nicht fassungslos und zum Rückzieher entschlossen aufgewacht? Würde er nach dem Ausrufen nicht ankommen und ihm erklären, er sei untröstlich, aber das Zimmer sei vermietet, eine Frage des Vorrangs?
    Ja, genau das würde passieren, und zwar gleich nachher. Dieser alte Angeber, dieser alte Feigling war erleichtert gewesen, als er erfahren hatte, daß Joss die Sache mit der Klöppelei nicht an die Öffentlichkeit bringen würde. Und in einer unbeherrschten Anwandlung hatte er das Zimmer hergegeben. Und jetzt nahm er es zurück. So war Decambrais. Eine Nervensäge und ein Dreckskerl, das hatte Joss sich schon immer gedacht.
    Wütend machte er seine Urne los und leerte ihren Inhalt unsanft auf den Tisch im Roll-Rider. Sollte es eine neue Nachricht auf Kosten des Gelehrten geben, war es gut möglich, daß er sie heute morgen vorlesen würde. Auf einen Dreckskerl anderthalbe. Ungeduldig überflog er die Nachrichten, fand aber nichts Derartiges. Dafür war der dicke, elfenbeinfarbene Umschlag mit den dreißig Francs da.
    »Der wird mich noch eine Weile beschäftigen«, murmelte Joss und faltete das Blatt auseinander.
    Außerdem war es kein schlechtes Geschäft. Der Typ allein brachte ihm jetzt schon fast hundert Francs pro Tag. Joss konzentrierte sich auf die Lektüre.
    Videbis animalia generata ex corruptione multiplicari in terra ut vernies, ranas et muscas; et si sit a causa subterranea videbis reptilia habitantia in cabernis exire ad superficiem terrae et dimittere ova sua et aliquando mori. Et si est a causa celesti, similiter volatilia.
    »Scheiße«, sagte Joss. »Italienisch.«
     
    Als Joss um acht Uhr achtundzwanzig auf sein Podest stieg, vergewisserte er sich als erstes, daß Decambrais an seinem Türrahmen lehnte. Es war wahrlich das erste Mal in zwei Jahren, daß er geradezu

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