Flirt mit dem Tod
Luft nach zu urteilen, bereits seit ein paar Tagen. Elena warf von der Wohnungstür aus einen Blick in den kleinen, aber hübschen Flur der Wohnung. Am Spiegel neben der Tür hingen Fotos zweier lachender, junger Frauen.
»Bingo«, sagte sie und beugte sich über die Schnappschüsse. »Das ist sie. Unsere Jane Doe.«
»Bleibt aus der Wohnung weg, bis ich mir einen Überblick verschafft habe«, knurrte Wood, während er sich in seinen weißen Schutzanzug quälte. »Ich gebe euch Bescheid, wenn ich so weit bin.«
Dominic begann wieder, nervös herumzutigern. Elena ermahnte sich zu innerer Ruhe und lehnte sich gegen das Geländer. Die wenigen Minuten, die Wood mit seinem Team in der Wohnung verbrachte, kamen ihr wie eine Ewigkeit vor. Ihren Partner dabei zu beobachten, wie er durch die Gegend schlich, trug nicht gerade zu ihrem Seelenfrieden bei. Sein Gang erinnerte sie an ein Raubtier auf der Jagd. Und der Blick aus diesen laserblauen Augen … Erleichtert atmete sie auf, als Wood in der Tür erschien und ihnen Überzieher für die Schuhe hinhielt, damit sie keine Spuren vernichteten.
»Die Wohnung ist nicht besonders groß. Flur, Bad, Küche, Wohnzimmer und zwei Schlafzimmer.« Wood wies auf die einzelnen Räume. »Den Fotos nach zu urteilen, die überall hängen, können wir davon ausgehen, dass Natasha Edwards unsere unbekannte Tote ist. Ich werde natürlich trotzdem Fingerabdrücke und DNA nehmen.« Wood lief durch das Wohnzimmer und öffnete die Tür zu einem sehr weiblich eingerichteten Schlafzimmer. Das Bett, das den Raum dominierte, hatte ein verschnörkeltes, eisernes Kopfteil. »Das ist Edwards Zimmer. Es dürfte sich um den Tatort handeln. Das Bett ist zum Fesseln mehr als geeignet, auch wenn ich auf den ersten Blick noch keine Spuren entdecken konnte.« Er drehte sich wieder zu ihnen um. »Laut ein paar Unterlagen im Flur und in der Küche ist die Mitbewohnerin schon seit einer Woche in der Karibik und wird wohl auch noch eine Woche unterwegs sein. Ich lasse euch von meinen Leuten schon mal ein paar Kartons mit Papierkram zusammenpacken. Die könnt ihr mitnehmen. Dann verschwindet ihr von meinem Tatort, damit ich meine Arbeit machen kann.« Mit diesen Worten verschwand er in Natasha Edwards Zimmer und schlug ihnen die Tür vor der Nase zu.
»Unglaublich sympathischer Zeitgenosse«, sagte Elena.
»Ja. Aber absolut brillant.« Dominic schob die Hände in die Hosentaschen und schlenderte langsam durch die Wohnung.
Elena ging ihm nach, um sich ein Bild von dem Opfer zu machen.
Laut Natasha Edwards Filofax war sie am Sonntagabend mit zwei Freundinnen im Space verabredet gewesen.
Beide Freundinnen bestätigten den gemeinsamen Clubbesuch und gaben an, irgendwann gegangen zu sein, nachdem Tash nicht hatte aufhören können, an einem Typen herumzubaggern. Das hatte das Opfer laut ihren Freundinnen öfters getan und es ging ihnen zunehmend auf die Nerven.
Dominic und Elena entschieden, sich aufzuteilen. Elena sah sich an Miss Edwards Arbeitsplatz in einer Werbeagentur um, während sich Dominic im Space umhörte.
Die Firma, für die das Opfer gearbeitet hatte, lag im siebten Stock eines modernen Wolkenkratzers in der City. Elena hielt der Empfangsdame ihre Dienstmarke unter die Nase und bat darum, den Chef sprechen zu dürfen.
Dieser entpuppte sich als durchgestylte Frau von fast fünfzig. Weder an der Kleidung noch an der Frisur oder dem Make-up dieser Frau war auch nur ein Detail außer Acht gelassen worden. Vervollständigt wurde der Auftritt durch einen wirklich exotischen – und vermutlich wahnsinnig teuren – Duft, der hinter der Agenturchefin herwehte.
Das Einzige, was nicht zu ihrer Erscheinung passte, war ihr genervter Blick. Sie reichte Elena ihre manikürte Hand, aber die Spitze ihres High Heels klopfte ungeduldig auf den Marmorboden.
»Mein Name ist Doris Spencer. Womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Detective St. James vom Boston PD. Können wir in einer etwas weniger öffentlichen Umgebung miteinander sprechen?«
Die Frau seufzte. »Ich hoffe, Sie können sich kurzfassen. Mein Terminkalender ist übervoll.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und marschierte mit der Körperhaltung eines Generals in ein Konferenzzimmer. Nachdem Elena eingetreten war, schloss Spencer die Tür und verschränkte die Arme vor ihrer Designerbluse.
»Also Detective, was wollen Sie? Geht es um die Agentur?«
»Nein, Miss Spencer. Es geht um Natasha Edwards. Sie ist bei Ihnen angestellt.«
Elenas
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