Flirt mit dem Tod
akkurat geschnitten und gescheitelt.
Bergen schloss die Tür hinter ihnen und augenblicklich hatte Dominic das Gefühl, sich in einer Falle zu befinden. Nach einer frostigen Begrüßung wurden sie aufgefordert, vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Auf der Tischplatte, neben der Schirmmütze, lag der Boston Globe. Der Captain fixierte Dominic, doch er erwiderte den durchdringenden Blick beherrscht.
»Ich habe mir die Ermittlungsakte angesehen und ihren Lieutenant befragt. Ich bin also auf dem Laufenden, was die momentane Lage in diesem Fall betrifft. Nun stellt sich mir die Frage: Was von dem, was in dem Artikel steht, ist die Wahrheit?«
»Alles«, gab Dominic mit fester Stimme zu. »Alles, bis auf die Anspielungen, dass ich der Täter sein könnte.«
Der Captain nickte. »Und warum wussten weder die eingesetzten Beamten noch ihr Lieutenant von ihrer Verbindung zu den Opfern oder zu ihrem Vater?«
Dominic senkte kurz den Kopf, dann blickte er den Captain so entschlossen wie zuvor an. »Ich wusste nicht sicher, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Aber ich wollte den Lieutenant noch heute informieren.«
»Nun, dafür dürfte es wohl zu spät sein.« Der Captain lehnte sich in Bergens Schreibtischsessel zurück. »Wenn ich richtig informiert bin, haben Sie bezüglich Ihrer Beziehung zum ersten Opfer gelogen. Sie haben behauptet, kein sexuelles Verhältnis zu Natasha Edwards unterhalten zu haben.«
Dominic spürte, wie ihm heiß wurde. Mit seinem Captain über sein Sexleben reden zu müssen, war mehr als unangenehm. »Ich habe sie nicht wiedererkannt. Unser Treffen liegt mehrere Jahre zurück. Miss Edwards hat sich in der Zwischenzeit äußerlich sehr verändert.«
»Detective, es ist grundsätzlich nicht von Belang, was meine Beamten in ihrer Freizeit tun. Aber es ist wichtig, welches Bild sie auf das Boston Police Department werfen. Wenn Sie sich also durch die Betten der Stadt schlafen müssen, dann tun Sie das gefälligst so, dass es nicht auf der Titelseite des Boston Globe landet.«
»Ja, Sir«, erwiderte Dominic zwischen zusammengebissenen Zähnen und senkte den Blick auf seine Knie. Das hier war demütigend. Als ob die Situation nicht verfahren genug wäre. Eine Moralpredigt des Captains war wirklich das Sahnehäubchen.
»Haben Sie ein Alibi für die Tattage, Detective?«
Er schluckte. »Nein, Sir. Ich war zu beiden Zeitpunkten allein.«
Der Captain begann, mit den Fingern rhythmisch auf die Tischplatte zu klopfen. »Verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich fasse die Fakten zusammen. Sie sind die einzige Person, die in Verbindung zu all diesen Taten steht. Und Sie haben kein Alibi, Detective. Sie sind das Bindeglied. Was jetzt folgt, bedeutet nicht, dass ich Ihnen nicht glaube oder Sie tatsächlich für schuldig halte. Das tue ich natürlich nicht, denn sonst hätte ich Ihnen längst die internen Ermittler auf den Hals gehetzt. Aber die Umstände erfordern eine vorläufige Suspendierung. Wenn der Fall abgeschlossen ist, sehen wir weiter.« Er stand auf und streckte die Hand aus.
*
Elena dachte daran zurück, wie die Colemans vorhin reagiert hatten. Als sie vor dem Haus von Dominics Eltern vorgefahren waren, riss Maria die Tür auf und stürmte ihnen entgegen. Die kleine Frau stürzte sich in die Arme ihres Sohnes. Dominic hob sie hoch, bis ihre Beine über dem Boden baumelten, und hielt sie fest. Ed Coleman folgte Maria etwas langsamer und legte die Arme um seine Frau und seinen Sohn, um sie ins Haus zu führen. Elena war ihnen mit etwas Abstand gefolgt. Die Szene war rührend und voller Liebe und versetzte ihr, wenn sie ehrlich war, einen Stich.
Auf der Veranda warteten Geno und Dominics Schwestern Lara und Michelle. Sie umarmten ihren Bruder ebenfalls und kurz darauf saßen alle am Küchentisch und Dominic erzählte ihnen die komplette Geschichte. Noch vor wenigen Wochen hätte Elena dagegen protestiert, Zivilisten in dienstliche Interna einzuweihen, aber in diesem Fall war es anders. Dominic musste seine Familie einbeziehen. Er hatte ihnen erzählt, dass er wahrscheinlich suspendiert werden würde. Wie nicht anders zu erwarten bei den Colemans, hatten sie ihm ihre unmissverständliche Unterstützung versichert.
Aber jetzt zu erleben, wie Dominic tatsächlich suspendiert wurde, war schrecklich. Elena beobachtete, wie er ruhig seine Dienstmarke und seine Waffe zog und in die offene Hand des Captains legte.
»Sie halten sich aus den laufenden Ermittlungen heraus. Sie werden keine
Weitere Kostenlose Bücher