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Flowertown - Die Sperrzone

Flowertown - Die Sperrzone

Titel: Flowertown - Die Sperrzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Redling
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das gelöst werden musste.
    »Ich will deine Geheimnisse nicht wissen, Bing«, flüsterte sie vor sich hin. »Ich will nur dein Gras finden.« Wäre das ihr Arbeitsplatz, hätte sie absichtlich und aus Bockigkeit ein Tütchen in dem dicken Ordner versteckt, auf dem »Gesetze und Vorschriften« stand, aber sie wusste, dass Bing die Möglichkeit in Betracht ziehen würde, dass jemand den Ordner ausleihen würde. Nein, sein Gras und was er sonst noch an Geheimnissen verbarg, war an einem cleveren Ort versteckt, mit Sicherheit nicht in einer Glöckchen-Brotdose in der Schublade mit den Hängeordnern.
    Sie öffnete die mittlere Schublade. Sie wusste, dass keine der Schubladen verschlossen sein würde. Bing fand, dass Schlösser etwas für Amateure waren und nur Misstrauen erregten.
    In der offenen Schublade lag der übliche Büro-Krimskrams, ein paar Minzbonbons und ein Fläschchen Augentropfen. Bing bekam rote Augen, wenn er zu viel rauchte. Ellie wühlte ein bisschen herum, wusste aber, dass sie hier nicht fündig werden würde. Trotzdem machte ihr die Schnitzeljagd irgendwie Spaß. Sie wandte sich den Schubladen auf der linken Seite zu, und der Stuhl quietschte furchterregend. Ein paar Schrauben oder Federn beschwerten sich über ihre Bewegung und brachten Ellie zum Lachen. Wahrscheinlich war das vorsätzliche Sabotage, dass Bing seinen Stuhl so präpariert hatte, damit er hören konnte, wenn jemand in seiner Arbeitsnische herumschnüffelte. Sie lachte über ihre eigene Paranoia und malte sich aus, wie er die Schrauben so ansägte, dass er als Einziger hier unbemerkt sitzen konnte.
    Als beim Geräusch des quietschenden Stuhles niemand herbeigelaufen kam, setzte Ellie ihre Suche in der großen, unteren Schublade fort. Vorne befanden sich die üblichen Hängeordner, an denen die üblichen, nicht entzifferbaren Etiketten steckten, die für Regierungsarbeiten benutzt wurden. Sie fingerte schnell durch die Akten, wohl wissend, dass sie dort nichts finden würde. Nach dem letzten Ordner schob sie alle zusammen nach vorne, und eine offene Stelle am hinteren Ende der Schublade kam zum Vorschein, in der ein Stapel Bücher lag. Bing las viel, das wusste Ellie, und es erschien ihr angebracht, dass er seine Lektüre, der er sich während der von der Regierung bezahlten Arbeitszeit widmete, auch an seinem von der Regierung gesponserten Arbeitsplatz versteckte. Sie nahm das erste der drei Bücher vom Stapel: »Die Illusion des Denkens: Wie Stimulus Massenverhalten bestimmt«; »Paranoia für Klardenker«; und »Wenn bösen Menschen Böses passiert – Ausgleichende Gerechtigkeit in der Geschichte«. Den melodramatischen Schmöker finde ich hier wohl nicht, dachte sie. Das Gras hatte sie ebenfalls noch immer nicht gefunden.
    Sie legte die Bücher zurück und zog die schmale Schublade oberhalb der Aktenschublade auf. Darin lagen reihenweise Radiergummis und Stempel. Es gab Stempel für das Datum, für »geheim«, »akzeptiert«, »abgelehnt«, selbst einen Notarstempel. Wer hätte das gedacht. Bing, ein Notar. Ellie fuhr mit ihren Fingern über die Griffe der Handstempel und die Oberseiten der Automatikstempel und entzifferte deren Inhalt. Sie registrierte, dass es zwei Notarstempel gab. Der weiter vorne war aktuell, der hintere vor zwei Jahren abgelaufen.
    Bei beiden handelte es sich um große Automatikstempel aus Plastik, und beide steckten noch immer in ihren weißen Schachteln mit dem durchsichtigen Fensterchen oben. Ellie linste umher, um sicherzugehen, dass sie von niemandem beobachtet wurde, und nahm dann den abgelaufenen Stempel aus seiner Schachtel. Die Plastikkappe wies an einer Ecke einen winzigen Sprung auf. Bingo.
    Sie griff sich den Heftklammerentferner und hebelte das Oberteil des Stempels auf. Der einfache Mechanismus innen fiel auseinander, und sie musste schnell reagieren, damit der Stempel nicht unten hinausrutschte. Abgesehen von Plastik und einer Sprungfeder war der Stempel allerdings leer. Sie war so überzeugt gewesen, dass Bing das Gras dort versteckt hatte. Bevor sie die Plastikkappe wieder schloss, schnüffelte sie in dem kleinen Behälter herum, und lächelte. Oh ja, sie hatte recht gehabt. In der Tat, hier hatte Gras gelagert, aber wo war es jetzt? Vielleicht hatte er es nach Ellies kleinem Zusammenstoß mit Fenos Mr Carpenter entfernt. Sie packte den Stempel wieder in seine Schachtel und legte ihn zurück an seinen Platz in der Schublade. Gerade als sie ihre Suche fortsetzen wollte, packte sie eine Hand an

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